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Er wollte hier und jetzt jemanden umbringen. Sein Gesicht spiegelte zwar immer noch keine Regung wider, aber in ihm brodelte es wie kurz vor einem Vulkanausbruch.
Am liebsten würde er hier und jetzt raus marschieren und alles kurz und klein schlagen was ihm im den Weg kam. Aber er musste sich an den Plan halten. Um seine Macht hungrige Seite zu besänftigen, um endlich aus seinem Käfig auszubrechen, benötigte es den Ring, den seine kleine Prinzessin am Finger trug.

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Ich hatte nicht geschlafen. Die ganze Nacht über bis in den Morgen hinein lag ich steif und Sprung bereit im Bett. Was wenn er zurück kommen würde? Was wenn er diesen Ungehorsam nicht dulden würde? Ich gab es zwar nur ungern zu, aber ein sehr bewusster Teil in mir fürchtete sich vor ihm. Und zwar gewaltig. Und meine Furcht hatte mich bis dato immer die richtigen Entscheidungen treffen lassen und mich am Leben erhalten. Meine Furcht hatte mir geraten mich zu verstecken, wenn mein kranker Vater mal wieder zu tief ins Glas geschaut hatte und mal wieder mit seinen Schießkünsten vor seinen Freunden hatten angeben wollen. Wer dabei in seine Schusslinie kam, war ihm egal. Meine Furcht hatte mich dazu gebracht wegzurennen und für Stunden nicht mehr nach Hause zu kommen, als ein ganz spezieller Freund meines Vater angefangen hatte, mich so komisch anzusehen. Und meine Furcht hatte mich dazu gebracht, den Ball flach zu halten, als die Leute in the Heaven's mich "schikaniert" hatten. Meine Furcht, meine Angst war mein engster Verbündeter. Aber diesmal hielt sie mich anscheinend nicht davon ab, diesen Mann trotz allem zu begeheren. Ihm eine gewisse Macht über mich zu geben. Diese Gefühle ließen mich so handeln, wie ich es eigentlich nicht wollte. Je mehr Aufmerksamkeit ich auf mich lenkte, desto verheerender wurde es für mich.

Ethan kam nicht. Nicht des Nachts und auch im Laufe des Tages nicht. Und je später es wurde, desto größer wurde der Klumpen in meinem Bauch. Enttäuschung. Erst lag ich die ganze Nacht wach, aus Angst er würde sich bei mir Revanchieren und jetzt war ich doch tatsächlich enttäuscht, dass er nicht auftauchte. Und diesmal hatte er tatsächlich Wachen aufstellen lassen, wie ich ärgerlich hatte feststellen müssen. 
Um mich abzulenken nahm ich ein langes Bad. Das Badezimmer war durch eine Unscheinbaren Tür, hinter einem Vorhang verborgen, mit diesem Raum verbunden. Ich hatte angekommen es handele sich um ein weiteres Fenster oder der Durchgang zu einem Ankleideraum. Wer versteckte schon eine Tür hinter einem Vorhang?

Doch ein Blick auf die große Badewanne, die doch tatsächlich auf diesen altmodischen, goldenen Löwenfüßchen trohnte, ließen meine Gedanken Richtung heißem Wasser und Schaum wandern.

Ich kam gerade wieder ins Zimmer, nur mit einem Handtuch bekleidet, als die Tür mit einem Ruck geöffnet wurde. Ich wollte es nicht. Wirklich nicht! Aber für einen kurzen Moment bekam ich Hoffnung, dass es er sein könnte.

Er war es nicht. Stattdessen funkelten mich zwei stechend blaue Augen aus einem schönen Gesicht an. Einem sehr, sehr schönen, wenn auch sehr finster schauenden Gesicht.
Ich hatte diese Frau noch nie gesehen, aber irgendetwas sagte mir, dass ich sie trotzdem kannte. Ihr Blondes Haar war zu einer Kunstvollen Frisur geschlungen, in denen einzelne, Blaue Steine gesteckt waren. Ihr schlanker, hoch gewachsener Körper steckte wiederum in einem phänomenalen  Kleid ein paar Nuancen heller als die Steine auf ihren Kopf. Es schmiegte sich wie eine zweite Haut an sie. Insgesamt war sie der Eishexe aus den Märchen verblüffend ähnlich. Selbst ihre Haut war weiß! 

Und auch diese bösartige, unterschwellige Bedrohung, die von ihr ausging, ließ sich mit der machtgierigen Hexe vergleichen.
"Dass ist also sein neues Spielzeug, Ja?" Hinter der Hexe trat eine zierliches Mädchen mit Asiatischen Zügen zum Vorschein. Sie konnte nicht älter als zwölf sein.
"Es scheint so." Der Klang dieser Stimme katapultierte mich zurück in Ethans Suite in Vegas. Kalt, schneidend und hochnäsig. Kein Zweifel. Ich konnte mir denken, wer hier vor mir stand. Hades hatte mich vor ihr gewarnt und der Blick, mit dem sie mich jetzt bedachte, schienen alle seine Warnungen nun viel echter und bedrohlicher erscheinen zu lassen. Davor war sie nur eine Gesichtslose gewesen. Etwas, was nur als Name, als Wort existierte. Der Griff um mein Handtuch wurde fester. "Was immer ihr wollt, ich bin jetzt gerade unpässlich." Ich versuchte meine Stimme so arktisch wie möglich klingen zu lassen, was mir aber angesichts der Bedrohung vor mir nur schwer gelang. Ein in die Ecke getriebenes Tier.
"Unpässlich?" Das kleine Mädchen kicherte Schadenfroh, während die Hexe ihren Blick nicht eine Sekunde von mir nahm. "Wie ich es auch drehe und wende...."sagte sie leise mit unbewegten Zügen, "Ich kann es nicht einsehen, dass eine Hure wie du die Seite meines Königs beschmutzt."

Meine Augen verengten sich und ich setzte schon zu einer Erwiederung an, als das kleine Mädchen plötzlich nach meiner Hand Griff und Engelsgleich zu mir hoch lächelte. Gleich darauf zauberte sie eine ziemlich scharfes, ziemlich großes Messer in ihre Hand und ließ dessen Klinge durch Haut und Musklen durch mein Handgelenk fahren.

Schachmatt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt