Tag 1

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[...] ,,und deshalb möchte ich, dass ihr Kapitel 18-25 miteinander vergleicht und mir nächste Woche den Aufsatz abgebt" [...]

Ich sitze hier. Ich weiß, ich gehöre nicht hierher. Schon seit längerem habe ich mich in der Schule verschlechtert. Ich finde es nicht wichtig was auf einem Blatt Papier steht und die Zahlen, die darauf stehen, die anscheinend meine Intelligenz beschreiben sollen. Ich werde es eh nicht schaffen. Was tue ich noch hier? Wenn ich an meine Zukunft denke, fühlt es sich so falsch an. Als wäre alles blass, dunkel und kalt. Dann ist da noch diese Leere. Es ekelt mich an. Es gibt keine Zukunft für mich. Das habe ich früh genug gelernt. Schon früher, als mein Vater uns verlassen hat.

Die Klingel ertönt und reißt mich aus meinen Gedanken.

,,Also Leute, nicht vergessen: Kapitel 18-25 bis nächste Woche!"
Gerade als ich meine Sachen zusammengepackt habe und nach draußen gehen wollte, hielt mich mein Lehrer davon ab.
,,Sie bleiben bitte noch einen Augenblick hier"
Nicht schon wieder. Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und schwieg.
,,Miss Paals, Ihre letzte Arbeit war die reinste Katastrophe! Sagen Sie mir bescheid, wenn Sie aufhören zu faulenzen und aufhören nicht an Ihre Zukunft zu denken und anfangen das echte Leben zu leben? Sie wären doch so eine gute Schülerin, wenn Sie sich nicht von anderen herunterziehen lassen würden! Sie könnten doch so vieles erreichen. Ist Ihnen das nicht klar?"
Es gab einen Moment lang totale Stille. Ich wollte eigentlich nicht antworten doch ich entschloss doch etwas zu sagen.
,,Nichts zu können, ist das einzige was ich gut kann"
Ohne ein weiteres Wort, verließ ich den Raum und machte mich auf den Weg nach Hause. Heute war wieder so ein Tag, wo ich nichts fühlte. Man wird sich nie daran gewöhnen, dass jemand geht, den man liebt.

Vor unserer Eingangstür stand ein kleiner Junge, der an jeder Klingel klingelte und dabei lächelte. Es nervte mich nicht, es löste einfach nichts in mir aus. Trotzdem musste ich etwas unternehmen, da sich die Nachbarn ansonsten einzig und allein bei mir beschweren werden.
,,Hey du!", er schaute mich erschrocken an und suchte einen Fluchtweg, den er aber nicht finden würde, weil der einzige Ausweg der Haupteingang ist - wo ich gerade stand.
,,Los, hau' schon ab. Ich will nicht dass du die Nachbarn aufweckst. Außerdem, solltest du nicht in der Schule sein oder so?"
Der Junge sagte immernoch nichts. Er stand einfach da und starrte mich an und rannte plötlich bloß an mir vorbei.

,,Komischer kleiner Racker, stimmt's?", hörte ich eine Stimme hinter meinem Rücken.
Ich drehte mich um und sah einen nicht schlecht aussehenden Jungen, den ich zuvor niemals gesehen hatte.
,,Naja, er ist halt ein kleiner Junge, was ist schon dabei, war'n wir nicht auch alle mal so?"
Der Junge schien über meine Antwort verwundert zu sein, also drehte ich mich um und zog den Schlüssel aus meiner Tasche als er sagte: ,, Hast du Lust etwas zu unternehmen?
,,Vielleicht ein anderes Mal, ich hab noch für die Schule zutun"
Gelogen hatte ich. Also ob ich jemals etwas für die Schule tun würde. sich wollte einfach hoch und meinen Joint rauchen, auf den ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte.
,,Ah, klar, versteh' ich. Na dann. Man sieht sich", sagte er zuletzt und verschwand.

Endlich war ich Zuhause. Ich ließ sofort all meine Sachen zu Boden fallen und ging zum Versteck, wo ich das ganze Gras versteckt hatte und holte den Joint raus. Ich ging auf die Terasse und schaute mich um. Ich sah eine Familie ins gegenüberliegende Haus einziehen. Das Haus war genau wie die Familie, es passte zu ihnen. So schön perfekt. Ich sah einen kleinen Jungen, der niemals älter als 3 sein sollte, einen älteren Jungen den ich grob auf 18 schätzen würde. Eine Frau mit blonden Haaren die auf High Heels ging und einen Mann im Anzug mit braunen Haaren.

Ich ging wieder zurück in die Wohnung. Es war zu auffällig um den Spliff zu rauchen. Also nahm ich meine Flasche Vodka aus dem Schrank und trank nicht gerade wenig daraus. Plötzlich hörte ich Schritte im Korridor.
,,Du schon wieder?", fragte ich verwundert.
Es war der kleine Junge von vorhin. Er sagte wieder nichts. Er zeigte nur mit dem Zeigefinger in unsere Wohnung.
Ich starrte ihn an, wusste nicht was ich tun sollte.
Er angeblich schon. Denn als ich nur kurz wegschaute, war der Kleine schon in der Wohnung. Ich schließ die Tür hinter mir zu und trank weiter aus meiner Flasche.
,,Wo sind eigentlich deine Eltern? Ich möchte keine Anzeige von denen bekommen dass ich dich entführt hätte oder so"
Er brachte immernoch kein Wort raus.
,,Kleiner, hast du hunger?"
Er nickte bloß.
Gerade als ich ihn fragen wollte, was er denn gerne essen würde, humpelte er zum Kühlschrank und nahm sich eine Lasagne raus.
,,Na gut, aber danach bring ich dich nach Hause, hast du verstanden?", fragte ich ihn.
Wieder nickte er und somit wärmte ich ihm die Lasagne auf und verschwand mit dem Spliff auf der Terasse. Langsam fing ich ihn an und rauchte ihn, als gäbe es nichts besseres in meinem Leben. Doch ich wurde gestört, als ich plötzlich eine unangenehme Wärme neben mir spürte. Es war dieser Junge. Er schaute mir beim rauchen zu. Ich ignorierte ihn. Mir doch egal ob ich ein schlechtes Vorbild für ihn war. Er war ja nicht mein Sohn.

Als ich gerade den Joint im Aschenbecher ausdrückte, klingelte es an der Tür.
Der kleine Junge aß gerade die Lasagne, als ich die Tür öffnete.
Es war wieder dieser komische Typ von vorhin.
,,Also, dich so schnell wiederzusehen hätte ich jetzt nicht erwartet", lachte ich.
,,Jaja, ich suche meinen Bruder und hab' zufällig gesehen, wie er hier reinspaziert ist", antwortete er trocken.
,,Der Kleine gehört also zu dir? Habt ihr ihm denn vergessen das Sprechen beizubringen?", sagte ich sarkastisch.
Der Typ starrte mich bloß ausdruckslos an. Ich wusste ich hatte was falsches gesagt. Scheiße.
Plötzlich trat er einfach so in die Wohnung ein und ging zu seinem Bruder. Ich grabschte mir meine Vodka und setzte mich auf's Sofa. Ich schaltete den Fernseher an, hörte aber noch wie er seinem Bruder zuflüsterte: ,, Los Elias, wir müssen los. Mom und Dad suchen nach dir. Du kannst doch nicht einfachso bei Fremden, gutaussehenden Mädchen in die Wohnung reinplatzen".
Ich grinste leicht, wich den Blick aber nicht vom Fernseher ab.

Nach einer Weile begaben sich die beiden zur Tür. Der ältere Junge entschuldigte sich für das Verhalten seines Bruders.
Ich nickte bloß und sagte: ,,Ich habe gerne Besuch".

Abends

Als ich kleiner war, wollte ich immer ein Geheimnis haben. Eines, das keiner wissen darf. Eines, das ich mit meinem Leben beschützen muss.
Ich zog die letzte Line und schnitt eine letzte, dünne Linie meinen Arm entlang, bevor meine Mutter Heim kam.
Jetzt habe ich eins und ich bereue es so sehr, dass es dieses Geheimnis gibt.

Ich legte mich ins Bett und schrieb mit einigen Freunden und wartete bis meine Mutter von der Arbeit Heim kam.
Es war bereits fünf nach zwölf. Sie sollte jeden Moment nach Hause kommen.
Und da hörte ich auch schon die aufgehende Tür.
,,Och, Schätzchen, schon wieder? Wieso schläfst du denn noch nicht?"
Wozu schlafen, wenn der Kopf lieber über Fragen und Probleme nachdenken möchte, auf die er nach unzähligen schlaflosen Nächten immernoch keine Antwort gefunden hat?
,,Musste noch was für die Schule tun, Mom".

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 17, 2017 ⏰

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