1 Der Pariah

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Stiles blickte grimmig auf das Bündel Geldscheine hinab, welches auf seinem Schreibtisch lag und breitete sie dann zu einem Fächer vor sich aus.

Da waren die fünfzig Mäuse, die Großmutter Stilinski ihm gestern zu seinem achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte und auch die hundertfünfzig von seinem Vater, der sie ihm mit der Behauptung ausgehändigt hatte, dass es unmöglich sei, Stiles etwas zu schenken.

Hinzu kamen die hundertzwanzig Dollar, die Stiles von seinem Taschengeld gespart hatte.

Das müsste für sein Vorhaben reichen, hoffte er.

Stiles kannte sich mit den Preisen nicht wirklich aus, aber er wollte ja auch nichts Ausgefallenes. Einmal flachgelegt werden, mehr nicht.

Seine Volljährigwerdung hatte bei Stiles dieses nagende, ungute Gefühl hinterlassen, dass er verdammt spät dran war.

Wer zum Teufel war denn in seinem Alter bitteschön immer noch Jungfrau?

Bloß irgendwelche Freaks, Nerds und sexuelle Pariah; sonst niemand!

Es musste einfach etwas unternommen werden!

Und weil am Horizont einfach niemand auftauchen wollte, der es freiwillig mit ihm trieb, musste Stiles dem Schicksal wohl ein wenig Nachhilfe geben.

Mit zitternden Finger nahm er sein sein Handy zur Hand und wählte die Nummer, die er aus der Zeitung hatte.

Während seine eigene Stimme nervös bebte und er nur mit Mühe verhindern konnte, dass er quiekte, wie ein Ferkel, war die von Tiffany am anderen Ende der Leitung zuckrig, schnurrend und verheißungsvoll.

Das Gespräch dauerte keine zwei Minuten lang und schon hatte Stiles eine Verabredung für den kommenden Freitag Abend getroffen.

Das Glen Capri Motel erschien ihm für diesen Anlass die passende Kulisse zu sein: Schäbig, ungemütlich und höchst wahrscheinlich verflucht; denn Stiles machte sich keine Illusionen darüber, was ihn da am Freitag erwarten würde. Mit Liebe hatte es jedenfalls nichts zu tun, eher mit einem kleinen physischen Funktionstest.

Und der gewählte Ort würde das seinige tun, der ganzen Angelegenheit den Feenstaub abwischen, denn mal ganz im Ernst: Was war diese ganze Sex-Sache denn schon großartig?

Eine körperliche Funktion, wie essen und trinken und mehr nicht!

Aber Stiles hatte eben schon so lange darauf gewartet, dass seine Erwartungen mittlerweile total überhöht und unrealistisch geworden waren.

Und in diesem Licht erschien ihm die Entjungferung durch irgendeine Prostituierte sehr angemessen und wie eine sehr vernünftige Entscheidung!

Der Freitag kam und Stiles war plötzlich sehr aufgeregt. Ihm war selbst klar, dass das lächerlich war, denn selbst wenn er eine armselige Performance abliefern würde, und die Wahrscheinlichkeit hierfür war unter den gegebenen Umständen ziemlich hoch, wem sollte diese Tiffany es denn schon verraten?

Für sie war das Ganze ein Geschäft mit einem Fremden, mehr nicht!

Dennoch zappelte Stiles in der Schule den lieben langen Tag auf seinem Stuhl herum und dies noch schlimmer, als für gewöhnlich.

Aber andererseits passte das wiederum ganz gut zu dem nervösen Zucken in seiner Hose.

Nach dem Unterricht fuhr Stiles erst einmal nachhause, um sich auf das vorzubereiten, was ihn in wenigen Stunden erwarten würde.

Er begann mit einer ausgiebigen Mahlzeit, bestehend aus Tiefkühlpizza. Cola und einem Puddingbecher und anschließend verschwand er im Bad.

Er duschte gründlich, denn er wollte wenigstens nicht riechen, wenn er schon eine Fremde dafür bezahlen musste etwas zu tun, wozu offensichtlich niemand freiwillig bereit war.

Der PariahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt