Kapitel 1

17 0 0
                                    

Ich lag halbschlafend in meinem Bett, kuschelte mich noch mehr hinein und genoss einfach diese kuschelige Wärme. Wie sehr ich mir doch wünschte, nie wieder aufstehen zu müssen. Aber da gab's ja noch diese Hölle auf Erden, die sich Schule nannte. Verdammt, kein Teenager mochte dieses Höllenloch und trotzdem mussten wir hin. Verschlafen schaute ich auf meinen Wecker, der seinen Platz auf meinem Nachttisch hatte. Es war höchste Zeit aufzustehen, aber ich hatte diesmal überhaupt keine Lust auf Schule. Obwohl, ich hatte nie Lust darauf. Wieso hätte ich denn auch hingehen solle? Meine Noten waren sowieso miserabel und ich war mir sicher, dass ich das Schuljahr nicht schaffen würde. Da machte es doch gar keinen Sinn mein so gemütliches Bett zu verlassen, um den ganzen Tag in der Hölle zu schmorgeln. Damit stand mein Entschluss, nicht zur Schule zu gehen, auch schon fest.

Gerade wollte ich wieder einschlafen, als ich plötzlich ein störendes Klirren hörte. Ich konnte schon ahnen, was oder besser wer das war.

<Verdammt>, fluchte ich, zog mir genervt die Bettdecke übern Kopf und versuchte dieses Geräusch der kleinen Steinchen, die gegen mein Fenster geworfen wurden, auszublenden, doch ließ es mir einfach keine Ruhe. Entnervt verließ ich mein um alles geliebtes Bett und tapste barfuß zum Fenster. Schnell zog ich die Jalousien hoch, riss dann das Fenster auf und rief wütend:<Hau ab!>

Aber er tat nichts anderes, als dumm zu grinsen. Dieser Kerl strapazierte meine Nerven immer wieder. Daniel Schmidt- er war intelligent, charmant, beliebt, groß, gut trainiert, alle Mädchen wollten ihn, alle Jungs wollten so wie er sein, alle Lehrer mochten ihn. Er war für jeden perfekt, außer für mich. Übrigens war er auch mein Sandkastenfreund, was aber gar nichts an der Tatsache änderte, dass er mich ständig auf die Palme brachte.

<Ich wollte dich abholen, Juliet>, rief er mir grinsend zu, worauf ich die Stirn in Falten legte. Jeden Tag kam er morgens vorbei, brachte mich nach der Schule nach Hause und blieb dann noch mindestens eine Stunde. Zwar sagte er jedes mal, dass er das nur tue, weil wir ja so gute Freunde seien, aber ich wusste genau, dass er nur darauf aufpassen wollte, dass ich immer schön brav zur Schule ging und auch schön meine Hausaufgaben machte. War ja ganz nett von ihm, aber bei mir hatte es echt kein Sinn.

<Du bist umsonst gekommen. Ich mach heute blau>, teilte ich ihm mit, worauf ich sofort einen skeptischen Blick erntete.

<Das glaubst du doch selbst nicht, oder?>, fragte er mich ungläubig, weshalb ich schon wieder wütend wurde. Dan, wie ich ihn so gut wie immer nannte, dachte mal wieder, dass ich meine Drohung nicht wahr machen würde. Okay, ich hatte zwar schon oft gesagt, dass ich schwänzen würde, wo ich dann doch immer einen Rückzieher gemacht hatte, aber diesmal meinte ich's ernst.

<Doch, ich schwänze heute!>, meinte ich verbittert, doch der Kerl nahm mich einfach nicht ernst. Er lachte einfach amüsiert, zog sein Smartphone aus der Hosentasche und sagte noch knapp zu mir, ich solle mich beeilen. Dieser Kerl machte mich noch wahnsinnig.

Ich knallte das Fenster zu, dann setzte ich mich auf mein Bett und verschränkte meine Arme vor der Brust. Diesmal sollte der dumme Dan nicht gewinnen, ich wollte standhaft bleiben, das hatte ich mir fest vorgenommen. Aber ich konnte ihn da auch nicht so einfach warten lassen. Verdammt ey, der Kerl hatte es mal wieder geschafft, dass ich mich doch in das Höllenloch schleppte.

Schnell machte ich mich fertig und verließ auch wenig später meine Wohnung.

Als Dan mich bemerkte, grinste er mich siegesgewiss an, was meine Laune nicht wirklich besserte. Jetzt hatte er doch schon wieder gewonnen.

<Hör auf so dumm zu grinsen>, brummte ich und ging ohne weiteres an ihm vorbei.

<Wann war denn das letzte Mal, dass du so 'dumm' gegrinst hast?>, wollte er wissen, worauf ich nur ein Schnauben von mir gab. Dan verschränkte seine Arme hintern Kopf und meinte:<Früher hast du immer gelacht, warst immer so happy und so.>

Ich stöhnte genervt auf:<Früher hatte ich ja auch Gründe zu lachen und glücklich zu sein, jetzt nicht mehr.>

<Hast du doch!>, warf er ein, worauf ich ihn gegen den Arm boxte. So 'ne ähnliche Konversation gab's so gut wie jeden Tag, aber diesmal brachte Daniel das Fass zum überlaufen.

<Du hast doch echt keine Ahnung>, fauchte ich ihn an, <Du hast Geld, ein großes Haus, alle lieben dich, deine Eltern sind wahnsinnig stolz auf dich und dein großer Bruder kommt dich immer wieder besuchen. So, und was hab ich? Ich bekomme kaum Geld, wohne in einer mickrigen Zweizimmer-Wohnung mit einer Halbtags-Prostituierten, die mir das Jugendamt zugewiesen hatte, weil meine Eltern vor 3Jahren gestorben sind um mein Scheiß-Bruder sich verpisst hat, und noch dazu sind meine Noten miserabel!>

Ich musste eine Pause machen, da ich ohne Punkt und Komma geredet hatte. Nachdem dies getan war, fuhr ich immer noch aufgebracht fort:<Mein Leben ist die reinste Katastrophe. Es gibt nichts, was mir irgendeinen Halt gibt!>

<Mich- es gibt mich>, sagte Dan lautstark

Es gab ihn, aber was das mit meiner Situation zu tun hatte, verstand ich nicht. Ich sah ihn mit großen Augen an. Warum war er denn jetzt so verärgert? Ich war ja wohl die Einzige, die ein Recht darauf hatte.

<Du denkst immer, dass alles und jeder auf der Welt gegen dich sei. Und du merkst einfach nicht, dass du die einzige Person bist, die dir im Weg steht!>, meckerte er drauf los, worauf ich sofort kontern wollte, doch ließ mir der Idiot keine Zeit, denn er machte gleich weiter mit seinem Vortrag:<Du sagst, dass dein Leben eine Katastrophe sei und du keinen Halt hättest, und vielleicht hast du ja sogar Recht. Aber das alles wäre nicht so, wenn du dir von mir helfen lassen würdest! Ich wäre dein Halt, wir würden zusammen deine Probleme bewältigen, wenn du es denn nur zulassen würdest, Juliet. > Ich konnte nicht fassen, was er da sagte, und musste das erstmal verdauen. Aber sofort begann die Wut in mir wieder zu brodeln. Was wollte Daniel denn? Ich ließ ihn doch immer zu mir kommen und stieß ihn nicht weg.

Wir sahen uns an, ohne unseren Blick auch nur einmal abzuwenden. Er war genau so dickköpfig wie ich- keiner wollte dem anderem unterliegen. Doch nach einiger Zeit murmelte Dan, dass es jetzt egal sei und ich das, was er gesagt hatte vergessen sollte. Aber dieses Gespräch einfach unter den Tisch fallen lassen, wollte ich nicht. Dan wurde von mir an seinem Arm festgehalten. Noch wusste ich nicht, was ich sagen sollte, aber mein Gehirn arbeitete schon daran.

Ich wollte doch keine Hilfe, oder? Aber, obwohl es für mich keinen Sinn gab morgens aufzustehen, da mein Leben katastrophal war, stand ich jeden Tag auf und das nur, weil er mich dazu brachte. Vielleicht war das mein Hilferuf, von dem ich selbst nichts gewusst hatte. Doch, ich wollte Hilfe, ich wollte Dans Hilfe. Er war das Einzige, was mich in meinem Leben durchhalten ließ.

Du bist das Einzige, was mich durchhalten lässtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt