Geldnot

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Port Royal, 11. März 1714

"Wer mit mir spielt, spielt mit dem Teufel." (Der Namenlose)

Eine Woche Port Royal, eine Woche ein neues Leben, aber vieles, was man sich erhofft hatte, war einfach nicht eingetreten. Die Schillinge verliessen nach und nach den Beutel und es fanden eindeutig zu wenig den Weg zurück. Arbeit gab es nur sporadisch und gut bezahlt war sie dann nicht oder aber er selbst hatte seinen Stolz und hatte nicht vor diesen zu überwinden. Solange die Palmen am Strand Kokosnüsse boten, war es noch nicht so schlimm und es könnte schlimmer sein. Dennoch kosteten Übernachtung und vor allem die Gesellschaft von Carla Münzen, Münzen die aktuell nur im begrenzen Maße vorhanden waren. Der Blonde schritt dieser Tage ein wenig in Gedanken über die Straßen Port Royals. Er beobachtete die Seeleute, die Händler und fragte sich, wie er deren Taler mehr oder weniger ehrlich abnehmen konnte. Das dröhnen schwerer Hufe auf dem blanken Stein liess ihn aufschrecken und gerade eben noch tat er den notwendigen SChritt zu Seite, um nicht von der Kutsche überfahren zu werden, die rumpelnd und schaukelnd sich ihren Weg durch die Menge bahnte. Ein wenig mehr Vorsicht würde dem Kutscher gut tun, dachte er still bei sich und im nächsten Moment war er schon nicht mehr betrübt, sondern sah den Umstand als glückliche Fügung an. 

Sein Ausweichmanöver hatte ihn an den Eingang einer Gasse geführt. In der Enge standen einige Kisten und Fässer herrenlos herum, aber das war nicht der Grund für seine Aufmerksamkeit. Ein wenig im Schatten, hinter den Kisten hörte er einige Männer, dazu das wohlbekannte Klackern von Würfeln und, und das war der eigentliche Grund zur Freude, das Geklimper von Münzen. Schmal breitete sich das Lächeln auf seinem Mund aus, als er vorbei an undefinierbaren Pfützen sich den Weg weiter in die Gasse bahnte. Es roch nach Urin und Erbrochenem und über allem lag der schwere Gestank von Rum gemischt mit dem von Schweiss. Neugierig lugten die kalten blauen Augen um die letzten Kisten und beobachete still. Überall auf der Welt war es wohl gleich, Seeleute betranken sich und verspielten ihre Schillinge beim Würfeln. Prüfend fühlte er in seinem Beutel nach den Münzen, für das ein oder andere Spiel sollten seine Mittel noch reichen. Die andere Hand glitt in die Tasche seiner abgetragenen Jacke und beruhigend lächelte er, als er auch dort fand, was er begehrte. Ganz nebenbei, als ob es das Normalste auf der Welt wäre stellte er sich zu den spielenden und beobachtete das Geschehen. Sieh an, dachte er sich, sie spielen Hazard.

"Hey du!", lallte einer der Matrosen ihm zu, die Beine wackelig und die Augen merkwürdig verdreht. Der Rum hatte seine Wirkung bei dem Mann voll entfalten dürfen und der Blonde deutete auf sich, ganz überrascht tuend. "Meint ihr mich?" Überzogene Höflichkeit war oft ein guter Weg, Harmlosigkeit auszustrahlen. Das Gegenüber wähnte sich in einer überlegenen Position und sah in einem selbst ein Opfer, das man ausnehmen konnte. "Mitspielen... oder gehn!", formte der Betrunkene die Worte und schenkte dem blonden Jüngling damit Eintritt ins Spiel. "Aber...", gab er sich unwissend, "... wie funktioniert das?" Die Männer lachten und der betrunkene klopfte ihm auf die Schulter und schob ihn zum Spieltisch, was sich lediglich als umgedrehtes Fass erwies. "Ganz einfach.", begann er zu erklären und trotz der hohen Alkoholmenge, konnte er das Spiel tatsächlich gut erklären. "Du bist der Shooter und wir, wir sind die Fader. Du machst deinen Einsatz und wir halten dagegen, soweit verstanden?" Der Blonde übte sich ein angestrengt wirkendes Gesicht zu machen. "Also, wenn ich drei Schillinge setze, setzt jeder von euch auch drei Schillinge?", fragte er mit einem dümmlichen Grinsen dabei. "Nein....", gab der Betrunkene genervt von sich. "Wir alle zusammen setzen dann drei Schillinge, jeder also einen halben." Auf das Nicken des Blonden fuhr er fort. "Also du würfelst solange, bis du einen Wurf zwischen fünf und neun als Ergebnis hast." Innerlich musste der Blonde grinsen, aber die Frage lag ihm einfach auf den Lippen. "Aber ein Würfel hat nur sechs Seiten, wie soll ich..." "Indem du zwei Würfel nimmst zum Teufel nochmal." Und der Betrunkene, obwohl er genervt klang, witterte das leicht verdiente Geld.

Chroniken des Namenlosen ~ Winde des BlutesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt