Von grünen Meeren und weißen Ozeanen

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Gedankenverloren krallte ich mich in das azurblaue Gefieder und sah nach unten.
Ein Meer aus Grün. Die Baumkronen des Dschungels, deren Blätter leicht in der Sonne glitzerten. Dicht zugewachsen, sodass man nicht erahnen konnte, was sich darunter befand.
Dieser atemberaubende Anblick erfüllte mich mit einem ganz interessanten Gefühl. Diese sonderbare Mischung aus Angst, Mut und Stolz. Ein Lächeln machte sich in meinem Gesicht bemerkbar, ich konnte es spüren. Wie sich langsam meine Mundwinkel nach oben zogen, während ich den Kopf wieder nach vorne richtete und meine Finger durch das Gefieder glitten.
Es dauerte nicht mehr lange, nur noch wenige Sekunden. Ich konnte kaum erwarten, was danach kam. Ich wusste es ganz genau.
Dann war es so weit. Ich merkte deutlich, wie sich unter mir starke Muskeln anspannten und ich lehnte mich ein Stück nach vorne, um nicht herunterzufallen. Darauf zogen mich zwei kräftige Flügel nach oben. Schlag um Schlag nahmen sie an Höhe zu, bis sie schließlich das grüne Meer weit unter uns zurückließen und einem weißen, weichen Ozean Platz machten. Ich streckte die Hand danach aus und durchschnitt ihn, brach in schallendes Gelächter aus, welches jedoch niemand außer uns hören kann. Nur mein kleiner Azur und ich.
Er flötete fröhlich und tat es mir gleich, machte seinen Hals ganz lang und tauchte mit dem Kopf in das Weiß. Als er wieder heraufkam, machte ich mich allmählich bereit.
"Na Kleiner, es ist wieder so weit, nicht wahr?", lachte ich und bekam ein paar melodische Klänge als Antwort. Er war gut drauf, alles war perfekt.
Dann lockerte ich meinen Griff etwas und spürte schon, wie sich ein Kribbeln anbahnte. Von meinem Bauch aus in alle Regionen meines Körpers. Die Gefahr reizte mich. Die Freude an all dem überspielte meine Angst und ich stellte meine Füße auf Azurs Rücken, blieb zunächst in der Hocke. Der Reiz, das Kribbeln, wurde stärker. Ich sah langsam nach unten und mein Körper fing an, noch mehr Adrenalin zu produzieren. Wie ich es liebte. Dieses Gefühl. Wie eine Droge. Meine Droge.
Ich ließ das Gefieder los und richtete mich zu voller Größe auf, suchte mir einen vorerst sicheren Stand. Dann breitete ich meine Arme aus und schloss die Augen, ein breites Grinsen auf meinem Gesicht.
Ich ließ mich fallen.

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