(Namjoon)Kapitel 1

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Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen. Rechts neben mir saß meine kleine Schwester und umklammerte ihren Stoffhasen. Links von mir hörte mein Bruder laut Musik, sodass sich die alte Lady hinter uns empört bei mir für sein Verhalten beschwerte. Ich entschuldigte mich höflich und riss meinem Bruder gleichzeitig sein Handy aus der Hand. Sofort erklang Protest und er stürzte sich auf mich. Nun lagen wir raufend auf dem Flughafen Boden, während der ganze Warteberreich uns anglotzte. „ETHAN! NAMJOON!", sofort standen wir auf und starrten unsere Wutüberströmende Mutter an die hektisch auf uns zu lief. Sie war zwar zwei Köpfe kleiner als ich doch trotzdem war sie furchterregend.
Ihre Ozean-blauen Augen waren zu Schlitzen verengt, ihre langen, welligen, Haselnuss-braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ihr schwarzes, knielanges Blümchenkleid flatterte um ihren schlanken Beine herum. Als sie nur noch fünf Meter von uns entfernt war blieb sie stehen. Sie atmete schwer. Sie wurde alt. Das sah man ihr an. Sie bekam graue Haare und ihre Falten wurden tiefer. „Was in Gottes Namen...TUT IHR!!!!!! Seid ihr von allen guten Geistern verlassen!!?". Als sie merkte , wie sie alle anstarrten sank sie den Blick und kam zu uns. Sie setzte sich hin , gab meiner Schwester ein belegtes Brötchen, Ethan ein Crossaint und mir eine Brezel. Still aßen wir unser Frühstück, während unsere Mutter hektisch etwas in ihren Laptop schrieb. Muss schon komisch aussehen, wir vier nebeneinander, wartend auf unseren verspäteten Flug, Ethan's grünen Irokesen, mein Schlangen Tattoo, das quer über meinen Hals ging , die Haare meiner Schwester...meine Schwester ...ja. Melanie. Sie trug nur Perücken. Alle Farben. Alle Formen.

Sie hatte Krebs. Mit 4 Jahren bekam sie die Diagnose. Diese Nacht wird mir nie aus dem Gedächtnis gehen. Sie lag schreiend in ihrem Bett. Sie schrie, dass die Schmerzen sie umbringen würden. Sie schrie , bis sie 4 Stunden später unter Narkose gesetzt wurde und operiert wurde. Ein Tumor hat sich in ihren Herzkammern abgesetzt. Sie hat immer Schmerzen. Sie leidet. Sie hat keine Freunde oder andere soziale Kontakte. Alle nennen sie die "behinderte Barbie" und lachen sie immer aus. Sie bleibt aber stark. Deshalb bewundere ich sie so. Obwohl sie weiß ,dass wir wegen ihr hier am Flughafen sitzen und auf den Flieger nach Seoul warten um dort Therapien
für sie auszuprobieren, bleibt sie stark.
„Namjoon?", hörte ich sie leise fragen. „Ja, Melanie?" „Woran denkst du gerade?" „An nichts. Ich bin nur müde" „Okay".
Endlich saßen wir im Flugzeug. Ich fühlte keinen Kummer oder Verlust, weil wir Boston verließen. Ich hatte nicht viele Freunde. Einen Job hatte ich auch nicht. Seitdem unser Vater uns verlassen hatte, habe ich keine Träume oder Ziele mehr in meinem Leben.
Die Wolken zogen an uns vorbei, wie kleine Schafe, die auf der Suche nach ihrer Mutter sind.
Der Flug ging schnell vorbei, da ich eingeschlafen bin. Wir buchten in Seoul ein Hotel und verbrachten die ersten Tage zusammen.
Am dritten Tag in Seoul war es soweit. Wir fuhren zum Krankenhaus. Meine Mutter war noch aufgeregter als Melanie selbst. Wir warteten im Wartezimmer darauf, dass Melanies Therapie zuende ging.
Als es soweit war, kam sie fröhlich aus dem Behandlungszimmer herausgehopst, strahlte uns an und sagte: „ Los kommt, ich habe Hunger auf Nudeln!".
Ich sah mich noch ein letztes Mal im Zimmer um. Außer eine Mutter mit Kind, eine Krankenschwester und eine Schülerin , so um die 14 Jahre alt war keiner im Raum. Ich ging als letzter raus und prallte mit einem breitschultrigen, großen und braunhaarigen Jungen zusammen. Er war ungefähr in meinem Alter, trug eine schwarze Hose, eine Kreuz Kette, hatte braune Augen und... trug einen pinken, flauschigen Pullover. Er sah komisch aus. „Miahnae!" sagte er mit weit aufgerissenen Augen. „K-kein Problem, das war meine Schuld!" Erwiderte ich genauso erschrocken. Wir guckten uns in die Augen und nach ein paar Minuten starren mussten wir beide laut loslachen. „Jin!" kicherte er und hielt mir seine Hand hin. „ Namjoon! Hör mal war nett dich kennenzulernen, aber ich muss jetzt los , meine Familie wartet. Vielleicht können wir uns ein andern mal unterhalten. Wir sind morgen nochmal hier also... Bis dann!" „ Bis dann!" flüsterte er etwas bedröppelt und lächelte mir solange hinterher bis ich den Gang verlassen hatte.

The noise of silence(namjin)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt