1587

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Hexenverbrennung, 1587

Der Saal war überfüllt, überall saßen Schaulustige. Geistliche neben Bauern, reich neben arm. Von seinem Podest aus konnte er alles überblicken als die Hexe in den Saal geführt wurde. Die Menschen johlten und beschimpften das in Lumpen gehüllte Mädchen, einer warf sogar verfaulte Eier nach ihr. Er würde heute ihr Urteil sprechen und somit für ihren Tod verantwortlich sein.

Erst sprach es sich in den Waschküchen, später in den Straßen herum, dass die Tochter des Bäckers eine Hexe sei. Mit ihrem feuerroten Haar und durch ihre Sonderheiten war es für die Dorfbewohner schon entschieden, und als sie später angeklagt wurde war ihr Schicksal endgültig besiegelt. Das Mädchen, welches nur noch ein Schatten ihrer selbst war stand nun direkt vor dem Richterpult um ihr Urteil zu empfangen. Doch er war sich nicht mehr sicher.

Machte dieser Hexenwahn überhaupt einen Sinn? Warum mussten die Leute unschuldige Frauen foltern und ihren Tod verlangen? Er wollte sich nicht für den Tod eines unschuldigen Mädchens verantworten, doch er musste. Anders hatte er es nie gelernt. Sie war eine Hexe, sie musste sterben.

,,Verurteilung der Hexe zur Hexenverbrennung."

Matt und leise verließen die Worte seinen Mund und während er in seiner Überzeugung schwankte johlten die Menschen im Gerichtssaal.

Tage später wurden eifrig die letzten Vorbereitungen für den Tod des Mädchens auf dem Scheiterhaufen abgeschlossen. Im Dorf wurde die Hexenverbrennung kundgegeben, sodass sich in der nächsten Nacht alle Dorfbewohner am Scheiterhaufen versammelten um sich das Spektakel anzusehen. Das Mädchen wurde in einem alten Holzverschlag auf einer Heukutsche herangebracht und an den Pfahl gebunden. Währenddessen schrie sie unentwegt: ,,Ich bin keine Hexe, bitte! Ich habe nichts getan! Vater, bitte!" Doch sogar ihr Vater, der Bäcker, konnte seine Tochter nicht anschauen, sie war schuldig, wie jede andere Hexe.

Und er selbst hatte vor Tagen als Richter ihr diesen grausamen Tod erzwungen durch ein paar einfache Worte. Erst wollte er nicht mal herkommen, doch als Richter würde dies einen falschen Eindruck vermitteln. Es würde heißen, dass er Mitleid hätte. Auch jetzt war er sich nicht sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die Dorfbewohner sagten ja, aber tief im inneren sagte er selbst nein. Nun wurde das Stroh angezündet und das arme Mädchen versuchte den Flammen irgendwie zu entkommen. Immer noch schrie sie wie am Spieß, doch niemand scherte sich darum. Er wollte sich abwenden, er wollte weg. Jedoch hielt ihn etwas ab. Das Mädchen schaute ihn nun direkt an, sie sah die Sorge und Unentschlossenheit in seinem Gesicht. Sie erkannte sein Leid.

Er wusste nun, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte, er hätte sie ins Exil schicken und dadurch retten können. Doch er war verantwortlich dafür. Er ganz alleine trug die Schuld an ihrem qualvollen, unbegründeten Tod.


Fin.


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