Teil 4

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Am nächsten Morgen setzte sich Lena müde an den Frühstückstisch und gähnte verschlafen. „Morgen zusammen." Doris kam gerade mit einer Kanne Kaffee aus der Küche und nahm ebenfalls Platz. Der Rest der Familie hatte bereits angefangen zu frühstücken. Sie begrüßten Lena freundlich. „Guten Morgen, Lena." Yagmur reichte lächelnd den Brötchenkorb und Lena nahm sich eins mit Mohn heraus. Dann kam Yagmur auch schon mit der Kaffeekanne und wollte Lena eine Tasse einschenken. „Magst Du auch?" Lena zwang sich zu einem kurzen Lächeln und reichte ihr dankend die Tasse. „Sehr gerne. Danke." Doris beobachtete Lena aufmerksam und natürlich bemerkte sie mal wieder sofort, dass Lena ziemlich fertig aussah. „Wie fühlst Du Dich heute Morgen, Gurke? Geht's Dir besser?" Lena schaute sie mit großen Augen an. Hm? Wieso besser? Ist das so offensichtlich, dass die halbe Nacht wach lag und mir Gedanken über Cem gemacht habe? Dann dämmerte es ihr allmählich. Ach so, wegen gestern Abend. Meine kleine Magenverstimmung. Während sie einen großen Schluck aus ihrer Tasse nahm nickte sie eifrig. „Ja, ja, ist wieder alles okay." Sie warf einen kurzen Blick zu Cem rüber, wandte ihn dann aber hastig wieder ab und räusperte sich leise. Cem sieht heute irgendwie ziemlich fertig aus. Anscheinend hat er auch nicht viel Schlaf bekommen. So wie Lena aussieht, hat sie die ganze Nacht über kaum ein Auge zugetan. Ob sie auch an mich gedacht hat? Metin riss ihn unsanft aus seinen Gedanken. „Cem, wie läuft's denn in der Schule? Habt Ihr die Mathearbeit schon zurückbekommen? Ich hoffe doch, dass Du dieses Mal keine fünf geschrieben hast." Cem zog die Augenbrauen hoch und schien ziemlich genervt zu sein. Häh? Mathearbeit? Ich habe gerade ganz andere Probleme als die blöde Schule. „Ähm, nö, haben wir noch nicht zurück. Wird bestimmt keine fünf. Mach' mal keinen Stress. Läuft alles." Metin gab sich erst mal mit der Antwort zufrieden. „Dann ist ja gut. Ich will doch, dass Du ein gutes Abi bekommst damit Du einen vernünftigen Beruf erlernen kannst." Der mit seinem Abi immer. Gibt doch wichtigeres als Mathe. Zum Beispiel Lena. „Da mach' Dir mal keinen Kopf. Wird schon werden." 

Lena wandte sich Yagmur zu um das Thema zu wechseln. „Du, Yagmur, was sagt denn Costa dazu, dass Ihr gemeinsam Urlaub macht?" Yagmur begann über das ganze Gesicht zu strahlen. Sie sah wirklich richtig glücklich aus und schien sich schon wahnsinnig auf die Urlaubsreise zu freuen. „Costa ist total happy, dass er mit kommen darf. Das wird bestimmt richtig schön mit ihm. Wir freuen uns schon total auf die gemeinsame Zeit." Sie blickte von Lena zu Cem und fügte noch etwas hinzu. „Nur schade, dass Du und Cem nicht mitkommen wollt." Lena und Cem warfen sich einen verstohlenen Blick zu bevor sie gleichzeitig mit dem Kopf schüttelten. „Sorry, Schwester, mir ist echt nicht nach Urlaub." „Tut mir leid, Yagmur, vielleicht ein anderes Mal. Aber für Euch freut es mich. Ich hoffe, Ihr genießt die Zeit zusammen und wünsche Euch ganz viel Spaß." Yagmur schaute ein wenig traurig, aber da wohl nichts mehr zu machen an der Entscheidung der beiden. „Schon okay, wir schreiben Euch eine Karte aus Thailand. Dann habt Ihr wenigstens auch ein bisschen was davon." Dann fiel Lena ein, dass ihre Eltern ja noch gar nichts davon gesagt hatten wann es eigentlich losgehen sollte. Nicht, dass sie sonderlich scharf auf weitere Konservation war, aber das interessierte sie dann doch. „Wann soll der Trip denn eigentlich losgehen?" Doris und Metin strahlten sich überglücklich an. „Montag in einer Woche sitzen wir im Flieger in die Sonne." Oh, doch schon so bald? Das sind ja nur noch... eineinhalb Wochen. Und dann bin ich hier mit Cem ganz alleine im Haus. Lena, Du musst Dir da unbedingt noch was einfallen lassen. Das überlebst Du sonst nicht nach gestern.

Nach der Schule saßen Lena und Axel bei ihr im Zimmer. Nachdem Lena den ganzen Vormittag über kaum ein Wort über die Lippen gebracht hatte und sie ihn gestern so barsch behandelt hatte, bestand er darauf mit ihr zu reden. Widerwillig gab Lena klein bei und überlegte sich auf dem Nachhauseweg fieberhaft was sie ihm sagen sollte. Sie hatte nämlich absolut keine Lust auf lange Diskussionen und Erklärungen. Nach einigen Sekunden des Schweigens ergriff Axel schließlich das Wort. „Lena, magst Du mir nicht erzählen, was mit Dir los ist?" Nein, Axeli, das möchte ich nicht. Denn das weiß ich doch selbst nicht so genau. Aber ansonsten gibst Du ja sowieso keine Ruhe. Lena seufzte und überkreuzte die Beine. Axel musterte sie aufmerksam. „Hm..., gibst Du Dich damit zufrieden wenn ich Dir sage, dass gestern einfach ein beschissener Tag war und es mir jetzt schon wieder viel besser geht!?" Sie sah ihn fragend mit großen Augen an, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Axel blickte ihr in die Augen und rückte ein Stück näher zu ihr. „Nein, denn ich sehe doch, dass es Dir nicht gut geht, auch wenn Du etwas anderes behauptest." Lena blickte nach unten und spielte nervös mit ihren Fingern am Zipfel der Bettdecke. Wenn ich mich bei ihm jetzt wieder wegen Cem ausheule, wird er wieder sauer. Aber wenn er doch der Grund dafür ist, dass es mir mies geht. Irgendwelche Ausreden bringen jetzt auch nichts mehr und außerdem glaubt Dir Axel das sowieso nicht. „Naja, ich bin halt etwas durcheinander und weiß einfach nicht wie ich mich verhalten soll. Ich mache immer alles falsch." 

Die, in der das totale Gefühlschaos herrschtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt