Yuna drehte die Umschläge in ihrer Hand, unschlüssig, ob sie sie jetzt öffnen sollte. Sie atmete einmal tief durch. Es war nur Post. Post konnte nicht so schrecklich sein. Sie musste keine Angst haben. Zögernd öffnete sie die Briefe und begann, zu lesen. Mit jeder Zeile verkrampfte sich ihr Magen mehr und mehr. Rechnungen über Rechnungen. Wie sollte sie die nur alle bezahlen? Frustriert fuhr sie sich durch die Haare und stieß ihren Kopf gegen den Tisch. Diesen Monat könnte es wahrlich wieder eng werden, aber diesmal würde es schwer werden, noch einen Kredit aufzunehmen. Vielleicht könnte sie ja ihr Gehalt vorziehen, oder einen neuen Job anfangen. Letztens hatte sie noch ein Stellenangebot als Werbezettel-Verteiler gesehen. Wenn sie Glück hatte, müsste sie dafür nur früher aufstehen, dann würde es in ihren Zeitplan hineinpassen und eventuell könnte sie noch zusätzliche Stellen an den Wochenenden bekommen. Seufzend raufte sie sich wieder das Haar. ‚Ich werde hier noch verrückt!', dachte sie, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte. „Was machst du da?", fragte Yujins Stimme hinter ihr. Schnell verdeckte sie die Beträge mit ihrem Arm. „Ach, ich lese nur meine neuen Arbeitszeiten für nächsten Monat durch, nichts besonderes.", meinte sie mit einem Kloß im Hals und lächelte ihn an. Um mögliche Nachfragen ihres Bruders zu vermeiden, stopfte sie die Zettel schnell in ihre Tasche und stand auf. „Was machst du eigentlich noch hier? Du musst zur Schule." Sie tippte ihm liebevoll mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Dass du letzte Woche geschwänzt hast, verzeihe ich dir ausnahmsweise, aber das kommt ja nie wieder vor, verstanden?" Ihr Bruder nickte und nahm seine Tasche. „Jaaaaaa, versprochen.", kam es unmotiviert von ihm. Yuna seufzte und legte beide Hände auf seine Schultern. „Wir machen beide unsere Arbeit gut und dann schaffen wir es gemeinsam aus diesem Loch, ok?" Yujins Augen hatten einen ruhigen, aber leicht traurigen Ausdruck, als er wortlos nickte. „Stark sein, kleiner Bruder! Das ist nur eine Phase, die verfliegt wieder." Sie umarmte ihn. „Ich bin stolz auf dich, ich habe den besten Bruder der Welt." Als sie sich von ihm löste und immer noch diesen trübsinnigen Ausdruck in seinem Blick sah, nahm sie seine Wangen behutsam in beide Hände und küsste ihn auf die Stirn. „Jetzt geh in die Schule, oder willst du hier nur vor dich hin vegetieren?" Als er sich zu einem Lächeln zwang, umarmte er sie noch ein mal. Yuna sog überrascht die Luft ein. „was ist denn jetzt auf einmal los?", fragte sie. „Pass du auch besser auf dich auf. Ich brauche dich.", murmelte Yujin in ihre Haare. Anschließend nahm er all seine Kraft zusammen und strahlte sie, so gut wie möglich an. „Gut, dann gehe ich mal zur Schule. Hoffentlich hat mich niemand an die Lehrer verraten." Lächelnd nahm er seine Tasche und ging zur Tür. Mit einem letzten Seitenblick sah er das erleichterte Gesicht seiner Schwester, woraufhin er sich fühlte, als würde eine riesige Last von seinen Schultern fallen und rief: „Ich liebe dich, Schwesterchen!" Er hörte noch ein „Ich dich mehr!" hinter ihm, bis die Tür klackend ins Schloss fiel. Sofort kehrte der bedrückte Ausdruck in seine Augen zurück und mit ihm auch die Schwere auf seinem Herzen. ‚Was tue ich nur?', murmelte er leise, nahm die Hände in seine Hosentaschen und ging die Treppen des Schlundes von Treppenhaus hinab.
Yuna sackte still in sich zusammen. Wie lange noch? Wie lange sollte sie das noch durchmachen? Kraftlos packte sie ihre Sachen zusammen und machte sich fertig, auch zur Arbeit zu gehen. Heute war Montag. Mal sehen, welche Jobs ihr Chef heute für sie bereit hielt. Seufzend ließ sie das Schloss hinter sich zu fallen. Das klackende Geräusch verhallte in den kahlen Gängen und wurde durch eine ohrenbetäubende Stille ersetzt. Nur ihre Schritte begleiteten sie auf ihrem Weg durch das kalte Gemäuer, während sie sich fühlte, als schüre ihr jeder einzelne Zentimeter die Kehle mehr und mehr zu.
Seufzend nahm er sich eine Flasche Wasser und setzte sich auf den Boden. Da hatte er sich mal wieder was tolles eingebrockt. Natürlich wollte und MUSSTE er Yuna und Yujin helfen, das stand nicht zu Debatte. Aber wie sollte er das machen? Seit seinem Gespräch mit Yujin hatte Yugyeom sich den Kopf zerbrochen, dennoch fiel ihm keine Lösung ein. „... nicht wahr, Yugyeom?", riss es ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken zuckte er zusammen und drehte seinen Kopf. „W-was?" Youngjae schüttelte seinen Kopf. „Was ist denn heute mit dir los?" Verwirrt legte Yugyeom seinen Kopf schief. „Was soll los sein? Entschuldigung, ich hab grad nicht zugehört." Da hockte sich Bambam neben ihn. In seinem Blick lag Besorgnis und er runzelte die Stirn. „Nicht nur heute. Du bist schon seit Freitag komisch. Du erzählst uns nicht, wo du hingehst und verschwindest ohne weiteres mehrere Tage und wenn wir dich danach fragen, weichst du aus. Außerdem bist du komplett neben der Spur. Es ist nicht nur so, dass du die ganze Zeit so geistesabwesend bist, du bekommst auch schon beim Training den ganzen Tag nichts auf die Reihe." Er seufzte und stellte sich mahnend vor Yugyeom. „Sag mir nicht, dass du was ausgefressen hast." Dieser kratzte sich am Kopf. „Nein, nein! Keine Sorge, ich bin nur... in Gedanken." Youngjae schlug ihm gegen die Schulter. „Wenn was ist, kannst du es uns immer sagen, das weißt du." Yugyeom lächelte und nahm Bambams Hand an, welche ihm beim Aufstehen hoch zog. Da klingelte sein Handy. Als er es raus kramte, sah er Yujins Namen. Verwundert entschuldigte er sich kurz bei seinen Freunden und ging aus dem Trainingsraum. „Yugyeom? Ich brauche deine Hilfe! Yuna, sie ist-"
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One in a Million
Romance"(...) Sie stützte sich an der Türklinke ab. Die ganze Welt fühlte sich an, als würde sie schwanken. Der Boden drehte sich und Schmerzwellen schienen sie ertränken zu wollen. Mit ihrer verbliebenen Kraft drehte sie den Schlüssel, öffnete die Tür und...