1 - Free

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[Eine kleine Anmerkung vorab - diese Geschichte ist unter dem selben Nutzernamen auf einer anderen Fanfiktionseite erschienen. Sie gehört dennoch mir]


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„Mister Graham?"


Die Stimme klingt vernebelt. Alles istvernebelt. Jede Sicht, jeder Ton, jeder Gedanke ins Wills Kopf istvollkommen und gänzlich vernebelt.


„Mister Graham, Sie müssen etwasessen."


Es wird nicht besser. Er dreht den Kopfund nimmt die schemenhafte Gestalt einer Person wahr. Groß,eventuell dunkle Haare, aber in weißer Bekleidung. Ein Engel? IstWill beim Aufprall gestorben?


Er hat die Zeit vergessen, nein er hatdie Zeit verloren. Nichts macht mehr Sinn, es lohnt sich nicht mehrzu atmen oder zu essen oder zu schlafen.


„Mister Graham, bitte.", mahnt dieStimme nun. Die Worte dringen langsam zu ihm durch und sein Blickklärt unvermeidlich auf. Das Schattengesicht bekommt Konturen und ererkennt seinen Besucher.


Er zwingt sich ein klägliches Lächelnab und beäugt das Tablett vor ihm. Müsli, etwas Brot, Marmelade.


„Ich möchte nichts. Danke.", ringter sich ab. Seine Stimme ist trocken und kratzig, als hätte ertagelang nichts getrunken. Doch hier muss er trinken und wenn ernicht will, hilft ihm ein freundlicher Arzt dabei. Helfen.


„Sie wissen, dassich das so nicht akzeptieren kann. Sie müssen essen. Das wird zuIhrer Genesung beitragen."

„Und was, wennich nicht genesen will?", fragt Will.

„Mister Graham,sie sind nun schon vier Monate in unserer Einrichtung. Ich weiß,dass ein solcher Verlust schmerzhaft ist, doch auch in kleinenSchritten kann man den Berg besteigen."

„Sie können sichIhre Metapher sparen.", antwortet er trotzig.


Der Doktor seufztund setzt sich zu ihm.


„Seit Monatenführen wir tägliche Gespräche. Ihre Fortschritte sind kaumwahrnehmbar, nahezu nicht existent. Ich weiß wie Sie sich fü-"

„Wagen Sie esnicht auszusprechen, Sie wüssten wie ich mich fühle. Sie wissen garnichts.", unterbricht er den Doktor und starrt wieder gegen dieWand.


„Dann anders. Siehaben eine schweren Verlust erlitten. Sie haben eine wichtigeBezugsperson verloren und durchleben einen Tod, den Sie nichtverarbeiten können, weil Sie sich nicht verabschieden konnten."

„Ich habe michverabschiedet.", widerspricht Will.

„Wann und wie?"

„Ich sah ihm indie Augen, ich sah die Wärme und Liebe und in dem Moment war allesklar für mich."

„Was genau wurdeklar für Sie?"

„Dass ich ihnliebe und..", Will stockt. „Und das es keinen vollkommenerenMoment geben wird als diesen."

FreedomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt