Liza
Erinnerungen. Bilder. In meinem Kopf. Das einzige was ich noch habe. Ich sitze (oder stehe?) hier im Dunkeln und habe dasGefühl, ich wäre tot. Aber den Tod stelle ich mir schöner vor. Ich weiß nicht, was passiert ist. Nur die Erinnerungen halten mich davor zurück zu... Ja was eigentlich? Ich kanngar nichts tun. Außer verrückt werden vielleicht. Aber das bin ich wahrscheinlich schon.
Jakob
Seine Eltern waren schon eine Weile draußen und sprachen mit dem Arzt. Natürlich hatte dieser ihm auch etwas erzählt, aber nur medizinische Fakten. Und jetzt, wo die wichtigste Frage beantwortet wurde, durfte er nicht dabei sein. Gab es noch Hoffnung? Er wusste es nicht. Und seine Eltern würden es ihm auch nicht sagen. "Du bist zu klein, zu jung, du verstehst das nicht!", werden sie mal wieder sagen oder zumindest denken. Dabei hat seine Lehrerin mal gesagt, dass man aufgrund tragischer Erlebnisse vorzeitig reifer werden kann. Und viel Tragischeres als das was ihm gerade passiert, gibt es nicht, findet er. Jakob geht auf das Krankenhausbett zu. Da liegt sie, seine große Schwester: Die glatten, braunen, dünnen Haare weit um den Kopf herum ausgebreitet. Liza war früher nicht so dünn. Aber jetzt, wo sie keine feste Nahrung zu sich nehmen kann und der Körper alle Energie braucht, um ihre Verletzungen zu heilen, sieht sie richtig mager aus. Die Hände über dem Bauch gefaltet, wie bei einer Leiche. Schläuche, die zu den kompliziertesten Geräten führen und das friedlich aussehende Gesicht, als würde sie schlafen. Aber sie schläft nicht. Sie liegt im Koma. Wie das wohl ist?
Liza
Aus der Ferne höre ich ein Piepsen. Leise, monoton und ganz weit weg. Vielleicht kommt es auch aus meinem Kopf, schließlich bin ich ja verrückt. Oder von woanders. Es erinnert mich an was... Jetzt ist es wieder weg. Ich kann es nicht greifen, nicht halten. Überhaupt bin ich sooo müde. Aber schlafen kann ich nicht. Dazu müsste ich die Augen zu machen. Habe ich überhaupt Augen? Und einen Körper? Vielleicht bin ich ja eine tote Seele auf dem Weg in den Himmel oder die Hölle? Vielleicht ist das ja die Hölle. Was Schlimmeres kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Das Piepsen wird lauter, kommt näher. Aber ich bewege mich doch gar nicht, oder? Nicht einmal das weiß ich. Jezt ist es ganz nah bei meinem Ohr. Mein Ohr? Ich kannmein Ohr spüren! Und meinen Kopf und auch andere Teile meines Körpers, aber nicht alles. Bin ich verletzt? Aber dann müsste ich doch Schmerzen haben. Wo bin ich überhaupt? Ich höre Schritte. Und da! Jakobs Stimme! Er fragt was und ein Mann antwortet. Papa? Nein, jemand anders. Haben wir etwa Besuch? Ich weiß es nicht, ich kann sie nicht verstehen. Ich will die Augen öffnen, aber meine Lider wiegen Tonnen. Meine Augen sind zu, das heißt ich endlich schlafen.
Dr. Bennet
Dr. Bennnet hört ein Piepsen, das anders klingt als die übrigen. Es kommt von der Maschine, die ür Lizas Hirn zuständig ist. Sie ist aufgewacht! Okay nicht richtig. Ihre Hirnströme haben sich verändert, was darauf hinweist, dass sie nicht mehr im Koma liegt. Er geht zum Bett hin und schaut auf den angezeigten Puls. Immer noch etwas langsamer als normal, aber schneller als vorher. Sie schläft also. Er muss erst noch ein CT durchführen, um sicher zu sein, dass alles in Ordnung ist, aber dann kann er die Familie endlich beruhigen. Das Schlimmste ist überstanden!
Jakob
Jakob durfte heute die Schule ausfallen lassen. Etwas Cooles hat das mit seiner Schwester doch. Jetzt sitzen sie alle an ihrem Bett und warten darauf, dass sie aufwacht. Im Koma liegt sie nicht mehr, sie schläft nur. Mama redet auf sie ein. Ob sie es hört? Sie schläft ganz schön tief, wenn sie davon nicht aufwacht. Der Arzt Dr. Bennet hat Mama gesagt, dass sie das machen soll. Damit Liza sich geborgen fühlt, wenn sie aufwacht und dann schneller die Augen öffnet. Hoffentlich bald. Er ist ämlich schrecklich hungrig, aber verpassen will er es auch nicht.
Liza
Ich höre ihre Stimme. Mama! Eine Erinnerung von ihr blitzt in meinen Gedanken auf. Sie trägt ein gelbes Sommerkleid und steht am Strand. Das war im Sommer. Ich will wieder dahin zurück! Die Meeresluft und Sand und Urlaub. Das klingt schön. Hier riecht es komisch. Mama sagt, ich soll austehen, es gibt Kuchen. Wie unlogisch, sie macht sonst nie Kuchen zum Frühstück. Ist es überhaupt Morgen? Es könnte auch... Ich glaube, Mama ist traurig. Sie klingt müde und ihre Stimme ist tränenerstickt. Ich will sie trösten. Hat Jakob wieder etwas ausgefressen? Er ist zwar erst sieben Jahre alt, aber Blödsinn macht er wie ein Teenager. Meine Augenlider sind schon wieder so schwer. Ich will sie öffnen, aber sie flackern nur leicht. Ich brauche mehrere Anläufe. Oder bin ich vielleicht nur unendlich schwach? Ist möglich.
Dr. Bennet
Da! Ihre Augenlider flackern, heben sich leicht und fallen wieder zu. Gleich wacht sie auf. Dr. Bennet freut sich für sie wie für jede/n Patientin/en, aber bei ihr grenzt es an ein Wunder, dass sie noch lebt, geschweige denn gesund werden kann. Natürlich ist noch nicht klar, wie viel Schaden ihr Gehirn abbekommen hat. Kann sein, dass sie sich an nichts mehr erinnert oder nicht mal mehr reden kann. Aber er ist zuversichtlich. Dass sie so schnell aus dem Koma erwacht ist und jetzt fast die Augen öffnet, deutet darauf hin, dass sie eine Kämpferin ist. Überhaupt war er überrascht, wie viel Kraft aus ihrem kleinen, mageren Körper kam, als dieser erstaunlich gut mit den Verletztungen zurecht kam. Ein Rätsel ist nur weiterhin, wie es dazu kommen konnte. Was war passiert?
Liza
Endlich, die Augen sind offen! Grelles Licht aus geschmackosen Neonröhren blendet mich. Ich sehe Mama, Papa und Jakob an meinem Bett. Und einen komischen Mann mit Brille und einer echt großen Nase. Onkel Herbert? Nein. Der Mann hat so einen weißen Kittel, wahrscheinlich ist er Arzt. Bin ich etwa im Krankenhaus? Kann sein. Die weißen Wände, das komische Bett, die blöden Röhren, mein assiges Nachthemd, der hässliche Arzt... ja definitiv Krankenhaus. Außerdem sind da lauter Maschinen... an mir dran? Sagt man das so? Egal. Furchteinflößend irgendwie. Mama redet, Jakob fragt etwas. Was ist los? Ah, jetzt werden ihre Stimmen deutlicher, als würde mir jemand die Watte aus den Ohren nemen, endlich kann ich sie verstehen. Jakob fragt nach was zum Essen, Mama macht sich Sorgen, dass... (irgendetwas Medizinisch-Kompliziertes) und Papa sagt in Dauerschleife, dass alles wieder gut wird. Jetzt bittet der Arzt um Ruhe und erzählt und erzählt... Was? Oh Gott! Ist das echt passiert?
Meine Gedanken rasen. Das, was der Arzt erzählt hat, klingt einfach zu unglaublich. Ich hatte einen Unfall. Aber nicht irgendeinen. Ich bin eine Klippe runterefallen, fast 10m tief! Es ist nicht klar, wie ich da runterfallen konnte. Es gibt schließlich ein Geländer, welches ziemlich sicher ist. Meine Absturzstelle ist nicht genau zu erkennen, ich muss also irgendwie au das Geländer eklettert sein. Und das Dümmste ist, ich weiß es nicht. Das Letzte, woran ic mich erinnern kann, ist eine höchst unerfreuliche 6 in Phisik und die ist über 2 Monate her! An alles danach kann ich mich nicht erinnern. Krass, oder? Aber erzählen will's mir auch keiner. Sie sagen, ist doch egal. Aber für mich ist es das nicht. Ich will wissen, wie es dazu kam, dass ich vor 1 1/2 Wochen im Koma liegend ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Außerdem will ich die letzten 2 Monate meines Lebens wiederhaben! Vielleicht ist da ja was Wichies passiert und auch wenn nicht, ich muss doch wissen, was da war! Bin ich noch mit Jason zusammen? Wie geht's meinen Freundinnen? Was war in der Schule? Gab's irendwelche Naurkatastrophen oder politische Refomen? Neuigkeiten? Nachrichten? Clique? Lehrer? Familie? Stars? Noten?... Ich sag's euch, nicht zu wissen was war, ist ziemlich beängstigend.
Clarissa
Clarissa warf ihre Haare nach hinten und schaute noch ein letztes Mal in den Spiegel. Sie sah wie immer perekt aus. Ihre
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2 Months - Another Life
SonstigesAls Liza aus dem Koma erwacht, fehlt ihr die Erinnerung an die letzten 2 Monate. Stück für Stück findet sie heraus,was ihr keiner sagen will: Sie wollte sich umbringen und ist deshalb ins Koma gefallen. Das Vergessen der 2 Monate, bis zu denen ihr L...