Ein Kuss für die Ewigkeit

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Es war etwas völlig Anderes, einen erwachsenen Mann zu küssen.
Nicht so, wie die Jungs in der Schule! Mike wusste, was er tat!
Ich spürte seinen Atem an meiner Wange, roch sein Aftershave, den Geruch seiner Lederjacke. Sein Bart kratzte hart über mein Gesicht und dann endlich fanden sich unsere Lippen. Er wusste ganz genau, wie er dieses kleine, erotische Spiel hinauszögern konnte. Es raubte mir den Verstand! Als er mich berührte, glaubte ich zu explodieren. Endlich erfuhr ich, warum ein Kuss das Vorspiel zum Sex war! Er saugte an meinen Lippen, nahm sie sanft in den Mund, benetzte sie mit seiner Zunge und drang dann sanft in meinen Mund ein. Ich wusste, was es bedeutete, als er mit seiner Zunge sanft meine Lippen teilte und meinen Mund eroberte. Ich gewährte ihm Einlass. Nicht nur in meinen Mund. Ein Versprechen, das nicht ausgesprochen werden musste. Das hier war so viel mehr. So viel mehr, als alles Andere, was ich bisher erfahren durfte. Er führte mich in eine neue Welt und ich war bereit, jeden Schritt mit ihm zu gehen. Dieser Augenblick war magisch, ich wünschte mir, dass er nie endet. Aber er tat es. Alles war endlich. Auch ein Kuss.

"Die Anderen werden uns schon suchen!", raunte Mike heiser an meinem Ohr. "Wir gehen besser zurück!"
"Nein, ich will hierbleiben!", sagte ich und hielt ihn an der Hand fest.
Mike war bereits aufgestanden. Er zog mich mühelos hoch, blickte mir tief in die Augen.
"Du weißt, dass ich dir nichts versprechen kann, Marie! Ich bin nicht frei! Es ist kompliziert!"
"Weiß ich! Stell dir vor, wir haben gerade zwei Stunden darüber geredet und ich bin nicht blöd! Ich weiß schon was ich tue.", sagte ich und versuchte abgeklärt zu wirken.
Er zog mich mit sich fort, zurück zum Kuhstall, wo wir uns auf die Bank vor dem Haus setzten, die anderen waren drinnen, nahmen keine Notiz von uns.

"Ich hol mir ne Coke! Magst du auch was?", fragte Mike um Normalität bemüht.
"Ein Wasser bitte!"

Er ging rein, holte unsere Getränke. Ich blieb nachdenklich zurück. Glücklich! Ja, glücklich. Dann war es eben kompliziert? Mein Leben war nie einfach! Noch nie! Ich hatte keine Angst vor komplizierten Dingen, wenn er keine hatte.
Mike kam zurück, mein Herz zersprang mir fast vor Glück. Er war groß. Locker einen Meter fünfundachtzig. Breite Schultern, gut definierte Oberarme, knackiger Hintern. Die Jungs aus dem Kuhstall gingen alle zum Fitness. Michel schluckte sogar irgendein Zeug zum Muskelaufbau. Der hatte Oberarme wie Baumstämme. Nicht mein Geschmack, auch wenn es echt beeindruckend aussah, wenn er sein T-Shirt auszog. Mike gefiel mir trotzdem besser. Man sah, dass er trainierte ohne es zu übertreiben.

Er setzte sich neben mich auf die Bank, stellte die Flaschen ab. Ich kletterte auf seinen Schoss, um ihn wieder zu küssen.
"Nicht hier! Der Michel killt mich!"
"Der soll sich um seinen eigenen Scheiß kümmern!", sagte ich gereizt.
"Hast ihn doch gehört, du bist seine Schutzbefohlene!", Mike grinste hämisch.
"Weil er gern der Erste wäre, wenn mich aus dem Stall einer flachlegt!", sagte ich bösartig. "Nur weil ich nichts von ihm will, muss er nicht allen anderen den Spaß verderben. Ich kann schon selber entscheiden, mit wem ich was anfange und mit wem nicht."
Fast befürchtete ich, dass Mike mich nach meinem Alter fragte. "Bitte nicht!", betete ich, "bitte nicht". Ich wollte nicht, dass die Bombe jetzt schon platzte und ich wollte Mike nicht anlügen, dazu liebte ich ihn viel zu sehr.
Manchmal hat das Schicksal einen guten Tag. So auch heute: Die Tür flog auf und Störte kam herausgestolpert. Er schüttete eine Wanne mit altem Spülwasser in die schwarze Nacht. Bevor er uns entdecken konnte, fuhren wir auseinander.
"Da draußen hockt ihr? Hab Euch fast nicht gesehn! Alles klar?", nuschelte er und beschattete seine Augen, um uns gegen das grelle Flutlicht besser auszumachen. So ganz taufrisch war er um die Zeit auch nicht mehr. Störte war fast jeden Tag hacke! Viel fehlte nicht mehr, dann hatte er mal wieder den Kanal voll.
"Ja, alles super!", bestätigte ich und Störte zog wieder ab, hinter seine Bar.

"Ich muss dann mal langsam los!" Mike schien verlegen und blickte über den Tisch.
"Is ok, ich geh dann auch."
"Kann ich dich mitnehmen, oder bist du mit wem da?"
"Wenn ich mit jemanden hier, wäre, dann hätte ich wohl kaum mit dir geknutscht oder?", ich blickte ihn skeptisch an.
"Kann ja ne Freundin sein?"
"Nee, is aber nicht und es wäre cool, wenn du mich mit in die Stadt nimmst!"
"Dann auf?", er grinste zufrieden.
Gemeinsam betraten wir den Kuhstall, um uns zu verabschieden. Michel hockte wie immer auf dem großen Sofa neben dem Eingang und wollte nach mir greifen, so bald er mich sah.
"Ich packs dann. Mike nimmt mich mit!", schrie ich gegen die laute Musik an und wehrte seine Hand ab.
"Du fängst nicht wirklich was mit dem an? Der hat ne Alte daheim, die keinen Spaß versteht!", warnte er mich.
"Ja und sie sind getrennt. Lass mich meine eigenen Fehler machen, kümmer du dich um die deinen!", sagte ich pampig.
Michel packte mich grob am Arm. "Der Typ ist fast dreißig, Mary! Hast du dir mal seine Hände angesehen? Wenn der dich will, dann nimmt er dich einfach! Verstehst du das? Der Mike is ein feiner Kerl, aber er ist auch nur ein Mann. Spiel nicht mit dem Feuer! Ich hab vielleicht mehr Muskeln, aber der Kerl hat Kraft wie ein Bulle! Der haut sogar mich um!"
"Ich weiß schon, was ich tu! Spiel dich nicht so auf Michel! Der Mike würde mich nicht anfassen. Nicht gegen meine Willen, aber vielleicht will ich es ja!" gab ich kess zurück.
"Mary, du bist erst vierzehn! Denk nicht, dass ich das vergessen habe! Du stehst hier unter meinem persönlichen Schutz. Weißt du, was hier los ist, wenn irgendwer rum erzählt, dass ich hier Alkohol an Minderjährige ausschenke und sie erwachsenen Männern zuführe! Die nehmen mir hier den Laden auseinander! Verstehst du das?"
"Keine Angst, wir halten dich da schon raus!", maulte ich ihn an.
"Wenn du rumvögeln willst Mary, dann mach das. Aber nicht in meinem Laden!"
"Krieg dich wieder ein Mann! Es ist alles cool! Ok?"
Mike kam zurück, stellte sich neben mich, sanft spürte ich seine warme Hand in meinem Rücken.
"Ich bring Marie heim, wir sehen uns nächste Woche im Felsenkeller?", fragte er an Michel gerichtet, dessen Miene sich schlagartig besserte.
"Cool, dass du dabei bist! Wird ein geiles Fest! Und bring mir Marie sicher nach Hause..."
Ich trat ihm gegen das Schienbein, bevor er irgendwas über mein Alter sagen konnte.
"Danke Mama! Ich ruf dich an, wenn ich da bin!", sagte ich sarkastisch und bleckte ihm die Zunge.
"Nimm die bloß mit, ich kann das freche Luder nicht mehr sehen", grinste er an Mike gerichtet, der in sein Lachen einstimmte.

Mikes Auto war sportlich und elegant. Ich rutschte tief in die Sitze aus weichem Leder. Es war echt ne geile Karre.
"Schönes Auto!", lobte ich anerkennend.
"Allerdings! Kennst dich aus was? Stehst auf Autos, oder?"
"Hm!", machte ich und nickte begeistert, obwohl ich noch immer keine Ahnung hatte, um was für ein Fabrikat es sich handelte. Es war mir egal, solange Mike bei mir war.
"Bist du auch mit dabei? Auf dem Fest im Felsenkeller?"

"Ich habe keine Ahnung! Um was geht's ?", sagte ich ehrlich und blickte mich neugierig im Wagen um.
"Na ja! Es ist ein Fest im Felsenkeller!"
"Ich glaube, ich brauche mehr Kontext", erwiderte ich abwartend.

"Gut, es ist ein Bierfest in Veldesheim, die Brauerei veranstaltet es jedes Jahr in einem Felsenkeller auf dem Berg!", erklärte Mike jetzt etwas ausführlicher, während wir über die alte Bundesstraße fuhren.
"Klingt gut! Ich hab noch nichts davon gehört!", gestand ich ehrlich.

"Ich hol dich ab, wenn du magst? Die Jungs zelten alle aber ich schlaf im Auto. Wenn ich die Rückbank umlege, haben wir da hinten ne richtige Liegefläche, ich leg uns ne Matratze rein und zwei große Schlafsäcke, die können wir zusammen hängen! Was hältst du davon?"

"Das klingt großartig!"
Mein Herz tat einen großen Sprung. Ich und Mike, eine ganze Nacht für uns! Ich freute mich wie verrückt. Wie es wohl war, in seinen Armen einzuschlafen und neben ihm aufzuwachen? Sein verwuscheltes Haar zu streicheln, seinen kratzigen Bart? Ich konnte mein Glück kaum fassen.

"Dann hol ich dich Freitag ab? Wir müssten um 15 Uhr los, da wir im Convoy fahren und das Zeug für die Motorradfahrer mitnehmen. Schaffst du das?"
"Klar! Kein Thema!"

"Nehm' was Warmes mit. Es wird kalt in der Nacht. Jogginganzug oder sowas, ich will nicht, dass du frierst! Und vernünftige Schuhe, es liegt am Hang und auf der Wiese ist es rutschig", sagte er fürsorglich. Ich musste grinsen.

Wir waren vor meiner Haustür angekommen. Mike parkte hinter der großen Hecke, sodass uns niemand sehen konnte, und lehnte sich zu mir herüber, um mich zu küssen. Es war wirklich etwas völlig anderes einen erwachsenen Mann zu küssen. Seine Zunge spielte mit der meinen, wie ich es noch nie erlebt hatte.
Nicht wie die Jungs, die ich sonst kannte, die auf deiner Zunge kauten wir auf einem alten Autoreifen und vom "Rumkauen" oder "Rumhauen" sprachen, was den stümperhaften Einsatz ihre Kauwerkzeuge treffend beschrieb. Sie bissen dir eher mit weit aufgerissenem Mund ins Gesicht, als dass sie verstanden, was ein Kuss wirklich bedeutet.

Lolita in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt