2. "Gott, lass mich noch schlafen"

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Schluchzen.
Stille.
Erneutes Schluchzen.
Stille.
Schluchzen.
Schluchzend wälzte sich Taehyung auf seinem Bett.
Die Bettdecke mit seinen Beinen verhakt und das Gesicht, sein rot geweintes Gesicht, in dem weißen Kissen vergraben.
Jungkook und Jimin.
Das war im Moment das Einzige woran er denken konnte.
Jungkook's Arm, wie er so selbstverständlich um den Schultern des Älteren gelegen hatte.
Jungkook's Blick, so voller Liebe.
Jungkook's Augen, wie sie nur auf Jimin gerichtet gewesen sind, als gebe es nichts Wichtigeres auf der Welt als ihn.
Erneutes Schluchzen.
Dämlicher, dämlicher Jungkook.
Dämlicher, dämlicher Jimin.
Und nicht zu vergessen: Dämlicher, dämlicher Taehyung.
Wieso musste alles so kompliziert sein?
Statt eines Schluchzens diesmal ein genervtes Stöhnen.
Er wollte ihn doch vergessen.
Er hatte sich doch fest vorgenommen ihn endlich aus seinen Gedanken zu verbannen.
Damit war seine Entscheidung, seine Gedanken endlich zu kontrollieren, wohl überfällig.
Doch das Bild des Paares hatte sich zu tief in seine Netzhaut eingebrannt, als das er es aus seinen Gedanken hätte verbannen können.
Jedes Mal, jedes verdammte Mal, wenn er die Augen schloss sah er sie. Jungkook und Jimin.
Und jedes Mal zerbrach sein Herz daran ein kleines Stückchen mehr.
Zusammenreißen, er musste sich zusammenreißen!
Doch wie sollte er sich zusammenreißen?
Wie?
Wie konnte er, wenn der Mann den er liebte, seine Liebe nicht erwiderte.
Erneutes, verzweifeltes Stöhnen.
Gefolgt von Schluchzen.
Wieso musste er sein Herz aber auch ausgerechnet an diesen Idioten verlieren? Diesen verdammt niedlichen Idioten.
Unruhig wälzte Taehyung sich auf den Rücken, starrte an seine Zimmerdecke.
Seine Bettdecke noch immer mit seinen Beinen verknotet und die Arme über die gesamte Breite des Bettes ausgestreckt.
Taehyung seufzte.
Er musste schrecklich aussehen, wie ein emotionales Wrack.
Die Augen blutunterlaufen und die geröteten Wangen brannten von den vielen Tränen.
Das vollkommen ungeordnete, beinahe schon verknotete, hellbraune Haar zeigte, dass er es mehr als nur einmal verzweifelt gepackt hatte.
Müde rieb er sich die brennenden Augen.
Schlaf.
Das war was er jetzt brauchte und zwar dringendst.
Seine Probleme würden am nächsten Morgen noch immer da sein, regelrecht auf ihn warten.
Und damit schloss er erschöpft die müden Augen und gab sich einem unruhigen Schlaf hin.

" Tae?"
" TaeTae?"
"Kim Taehyung!"
Ein wütendes, beinahe schon animalisches, Knurren entwich der Kehle des Angesprochenen.
Er wollte einfach nur schlafen.
Seine Sorgen und Probleme vergessen, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
"Taehyung, ich weiß das du wach bist!".
" Gott, lass mich noch schlafen!"
Diese Stimme.
Woher kannte er diese Stimme?
Diese Stimme, die sein Herz dazu brachte unkontrolliert gegen seine Brust zu hämmern.
Verräterische Herz!
Und da traf es ihn wie ein Blitz.
Jungkook.
Taehyung riss ruckartig seine Augen auf und bereute es sofort.
Jungkook hatte sich dicht über ihn gebeugt.
Zu dicht!
Jungkook's heißer Atem traf auf seine kühle, nackte Haut und hinterließ ein Kribbeln.
Sein Herz setzte aus.
Er brauchte Abstand. Auf der Stelle!
Sonst würde er sich nicht mehr beherrschen können.
Nicht wenn ihre Lippen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
Jungkook's Lippen.
Wie gebannt starrte er auf seine vollen, roten Lippen.
Wie gerne würde er sie jetzt mit den Seinen verschmelzen lassen, ihn endlich küssen.
Nein!
Er musste damit endlich aufhören, damit aufhören sich seinen Tagträumen hinzugeben und zwar sofort.
Das war sein bester Freund, welcher sich direkt über ihn gebeugt hatte. Sein bester Freund, welcher sich in einer Beziehung befand.
"Taehyung!"
Der Ältere riss sich vom Anblick der Lippen seines Freundes los, starrte nun in seine fast tiefschwarzen Augen.
" Du bist seltsam in letzter Zeit, seltsamer als sonst.", meinte Jungkook und lehnte sich zurück, zur Erleichterung Taehyung's.
Nein! Es war überhaupt nichts okay! Überhaupt nichts war okay! Wie auch? Wie konnte alles okay sein, wenn ihm jeden Tag aufs Neue das Herz gebrochen wurde, weil es nach jemandem verlangte, der nur Augen für einen Anderen hatte?!
" Ja, alles in Ordnung.", murmelte Taehyung, während er versuchte seinen wilden Herzschlag unter Kontrolle zu bringen und Jungkook nicht plötzlich all seine Gedanken ins Gesicht zu schreien. " Ich bin nur müde.".
Um seine Aussage zu unterstreichen rieb er sich die Augen.
Nicht ganz überzeugt wirkend, nickte Jungkook. " Frühstück ist fertig. Wir warten eigentlich nur noch auf dich."
Damit sprang er förmlich aus dem Bett, schenkte Taehyung ein Lächeln und verließ ohne ein weiteres Wort Taehyung's Zimmer.
Dieser stöhnte auf, zog sich die Bettdecke mit einem energischen Ruck über den Kopf und vergrub sein Gesicht in dem weichen Stoff.
Wieso Jungkook?
Wieso nicht der süße Kassierer aus seinem Lieblingscafé?
"Taehyung?"
Völlig überrumpelt zuckte er zusammen.
Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass erneut jemand in sein Zimmer eingetreten war.
Langsam, fast schon zögerlich, schälte er sich aus seiner Bettdecke und blickte geradewegs in das Gesicht seines Leaders.
Mitleid.
Das war es, was er in Namjoon's Gesicht erkennen konnte.
Er wusste es, Namjoon wusste es.
Namjoon hatte schon immer davon gewusst, von seiner Schwäche für den Maknae.
"Willst du drüber reden, Tae?"
Augenblicklich schüttelte Taehyung den Kopf.
Er wollte nicht reden, noch nicht.
Namjoon nickte daraufhin nur und wechselte das Thema: " Na komm, gehen wir frühstücken."
Diesmal nickte Taehyung.
Gemeinsam erhoben sich die Beiden.
Auf dem Weg zur Küche legte Namjoon dem Jüngeren einen Arm um die Schultern, drückte ihn sachte.
" Das wird schon, TaeTae. Das wird schon.", flüsterte Namjoon.
Taehyung lächelte daraufhin müde.
Wenn es nur so einfach wäre.

Moonchild|| j.jk x k.thWhere stories live. Discover now