Kapitel 1

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Ich spürte die letzten warmen Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne auf meiner braun gebrannten Haut auf der sich viele Sommersprossen abzeichneten. Ich schaute in die Ferne und realisierte gerade erst, dass es das letzte Mal war, einen Sonnenuntergang am Strand bei dieser Wärme zu genießen. Noch zwei Tage und der Albtraum würde wieder beginnen.

Ich würde die letzten 5 ein halb Wochen als die besten meines bisherigen Lebens beschreiben.

Ich hatte meine diesjährigen Sommerferien mit einer Rundreise durch Australien verbracht. Und ich würde das ungezwungene Reisen, die schönen Ausflüge, all diese Erinnerungen nie vergessen. Ihr könnt mir glauben, dass das Beste war, was ich bisher erlebt hatte.

Nur leider war dieser Traum jetzt vorbei, denn natürlich musste die Schule wieder alles kaputt machen. Dieses Schuljahr war das erste der Oberstufe, die aus zwei Jahren bestand. Wenn alles glatt lief, würde ich am Ende der zwölften Klasse mein Abitur in der Tasche haben und endlich Journalismus studieren. Es war schon immer ein großer Traumvon mir gewesen. Vielleicht wird er in zwei Jahren endlich wahrwerden. (Und wenn nicht, dann habe ich ein großes Problem.)

»Ann!«,rief Mike, mein bester Freund. Wir kannten uns schon seit dem Kindergarten und waren seitdem unzertrennlich. Es hatte eigentlich noch nie etwas gegeben, was uns auseinander hätte bringen können.»Du musst ins Wasser kommen! Es ist einfach nur herrlich!«

»Du bist ja auch eine Wasserratte!«, gab ich grinsend zurück. Trotzig hielt ich mein Gesicht in die Sonne und schloss genussvoll die Augen. Kurze Zeit später legte sich ein Schatten über mich und ein Wassertropfen tropfe auf meinen Bauch, sodass ich zusammenzuckte.

»Du bist viel zu schreckhaft, Ann.« Er machte sich über mich lustig.Als ich aufsah, hatte er Grübchen in seinen Wangen, was einfach unglaublich süß aussah. Mike streckte mir seine nasse Hand hin und ich nahm sie zögernd. »So schlimm ist das Wasser nicht.« Ja, ich hatte Angst im Meer zu schwimmen. Ich wusste nicht, warum, aber irgendetwas musste in meiner Kindheit passiert sein, dass ich so panische Angst im Wasser bekam und nur noch raus wollte.

Er zog mich hoch, sodass ich direkt vor seiner Brust stand. Ich war um einiges kleiner als Mike.
Allerdings musste man bedenken, dass er fast die 1,90m erreichte. Und ich wargerade mal knapp 1,70m. Ich musterte seine breiten Schultern, seine muskulösen Arme.. Hach.

Oh man Ann, reiß dich zusammen! Er ist dein bester Freund, nicht dein Schwarm.
Ich rückte mein Bikinioberteil und -hose zurecht, denn er beäugte meinen Körper ebenfalls. Mike meinte zwar immer, dass ich den schönsten Körper hätte, den er je bei einer Frau gesehen hatte - man musste bedenken, dass er schon mit vielen rumgemacht hatte, wenn nicht sogar mehr - aber ich stritt das immer ab und hatte immer etwas auszusetzen.

Wir gingen langsam zu der Stelle, wo sich die Wellen überschlugen und einen weißen Schaum bildeten. Schon bei der Berührung zuckte ich zusammen. Obwohl Mike mich ermutigend anschaute, hatte ich eine innerliche Blockade und schüttelte seine Hand ab. »Ich kann nicht.«

»Natürlich kannst du! Du musst einfach nur vergessen, dass das Wasser dein Feind ist.« Dann hob er mich hoch und ich schlang widerwillig meine Arme um seinen Hals. So konnte ich sein Aftershave gemischt mit dem Geruch des Salzwasser riechen. Einfach nur himmlisch, sodass ich einen Moment vergaß, dass ich gleich im offenen Meer schwämme. Als das Wasser ihm bis zur Hüfte reichte, setzte er mich ab. Beim Kontakt gefroren meine Adern und ich verkrampfte vollkommen.

»Sieh mich an«, befiehl er sanft und drehte meinen Kopf in seine Richtung. Ich starrte zuerst auf sein Sixpack, schließlich festigte er meinen Blick mit seinen wunderschönen bernsteinfarbenen Augen. Ich entspannte mich wieder. Als er näherkam, und meinen Arm streifte, kribbelte es an dieser Stelle und meine Angst verflog augenblicklich. Ich konzentrierte mich nur auf seine Anwesenheit.
Um die Stimmung etwas zu lockern erwiderte er: »Also von mir aus könnten die nächsten Wochen genau soweitergehen... Ich werde die Zeit mit dir hier so vermissen.« Dann nahm er mich in den Arm, und ich kann euch sagen, das war der romantischste Moment in meinem Leben. Der Himmel hatte nun einen goldenen Schimmer und das Licht war in ein Rotorange getaucht.

Das schlimmste war, dass er in Australien blieb. Und zwar für ein ganzes verdammtes Jahr! Ich hätte
heulen können, als er mir davon erzählte. Ihm wurde ein einjähriges bezahltes Praktikum als Hotelmanager angeboten, was er natürlich nicht hatte abschlagen können. Mike war zwei Jahre älter als ich und dementsprechend bereits mit der Schule fertig. Unsere gemeinsameReise war ein Geschenk seiner Eltern, denn sie wussten, wie gerne Mike reiste. Aber vor allem waren sie reich und schwammen geradezu im Geld. Beide waren als Staatsanwälte tätig, was natürlich alles sagte.

Ichfragte mich manchmal, wie Mike sich mit mir abgeben konnte. Meine Familie war nicht arm, aber auch nicht gerade die reichste, denn ich hatte noch drei kleinere Geschwister, die auch alle versorgt werden mussten.

Mike war natürlich Einzelkind und hatte immer alles bekommen, was er sich gewünscht hatte, doch komischerweise war ich nie neidisch auf ihn gewesen. Man musste ihn einfach gern haben.

»Ich glaube, wir müssen langsam zurück in unsere Bungalow. Dein Fluggeht in 5 Stunden. Und wenn du den nicht verpassen willst-«, fing er an, doch ich unterbrach ihn.»Glaub mir, ich würde alles tun, um noch länger hier zu blieben.«

Kurz darauf standen wir unter der Gartendusche, um das Salzwasserabzuwaschen, und uns für den Flughafen fertig zu machen. Während er unter der Dusche stand, fing ich an meinen Koffer zu packen, in der Hoffnung, dass er zugehen würde. Ich hatte hier viel zu viel Geld für Klamotten ausgegeben, aber bei dem Angebot hier in Sydney, ByronBay, oder wo wir sonst noch waren, konnte ich einfach nicht nein sagen. Zudem gab es hier viel schönere Sachen als in dem verregneten Deutschland.

Abfahrtbereit stand ich draußen auf der Veranda und beobachtete, wie ein paar Kinder zusammen auf der Straße spielten. Erst spielten sie Fangen, doch dann verletzte sich das eine und sie gingen wieder nach Hause. Kurze Zeit später stand Mike hinter mir, frisch geduscht und topgestylt, mit den Autoschlüsseln in der Hand. »Wir können.« Als Antwort nickte ich nur und stieg schweigend in den VW-Bus.Währenddessen hievte er den wahrscheinlich viel zu schweren Kofferin den Kofferraum und setzte sich kurz darauf auf die Fahrerseite. Er schaute mich kurz an. Zuerst sah es so aus, als wollte er etwas sagen, schloss dann jedoch wieder seinen Mund, und fuhr los Richtung Flughafen.

Eine Stunde später gab ich auch schon meinen Koffer am Gepäckschalterauf und erhielt meine Boardkarte mit allen weiteren Informationen für den Weiterflug. Wir liefen zusammen Richtung Sicherheitskontrolle, wo wir uns allerdings bereits verabschieden mussten. Ich war den Tränen nahe.Ich konnte ihn kaum anschauen, so weh tat der Gedanke so lange von ihm getrennt zu sein. Wie wäre es, wenn er wieder zurückkommt? Odernoch viel schlimmer, wenn er nie wieder zurückkommen würde?

»Du weißt, dass ich immer für dich da bin. Auch wenn uns jetzt mehr als 15.000 Kilometer trennen, wir können immer noch den Kontakt halten. Es ist nur ein Jahr.«

»Ein Jahr«, flüsterte ich gedankenlos. Eine Träne kullerte über meineWange.

»Wir schaffen das, Ann.« Er hob mein Kinn an, sodass ich ihn ansehen musste.

»Du bist die beste Freundin der Welt und das kann niemand ändern.«Daraufhin umarmte er mich wieder und ich musste einen Schluchzerunterdrücken. »Wenn du weinst, macht es das alles noch schlimmer.Bitte, hör auf! Wir schaffen das, verstanden? Und jetzt geh, sonst verpasst du deinen Flug.« Ich schluckte. Dann schulterte ich meine Handtasche, wollte mich gerade umdrehen, doch dann ging ich nocheinmal zu ihm hin und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

»Ich werde dich vermissen, Mike.« Dann verschwand ich hinter einer GruppeChinesen, die aufgeregt miteinander diskutierten. »Guten Flug! Meld' dich!«, rief er mich noch hinterher, doch das hatte ich nicht mehr gehört.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 11, 2017 ⏰

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