Definitionserklärung „Skoliose"

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Eine Skoliose ist eine Seitabweichung der Wirbelsäule von der Längsachse mit Rotation (Verdrehung) der Wirbel um die Längsachse und Torsion der Wirbelkörper - begleitet von strukturellen Verformungen der Wirbelkörper. Dies kann nicht mehr durch Einsatz der Muskulatur aufgerichtet werden. Die Wirbelsäule bildet dabei in der Regel mehrere, einander gegenläufige Bögen, die sich kompensieren, um das Körpergleichgewicht aufrechtzuerhalten (S-Form). Skoliosen werden klassifiziert nach ihrer Ursache und dem Entstehungszeitpunkt, nach der Lage ihrer Krümmung und dem Krümmungsmuster, nach ihrem Ausmaß (Krümmungswinkeln und Rotationsgraden) und der Ausrichtung der Krümmungen (links, rechts). Skoliosen, deren Ursache unbekannt ist, werden als idiopathische Skoliosen bezeichnet. Ist die Ursache geklärt, handelt es sich um eine symptomatische oder sekundäre Skoliose. Die Skoliose zählt zu den Wachstumsdeformitäten. Sie entsteht und verschlechtert sich während der Jugend in Zeiten verstärkten Körperwachstums, wie zum Beispiel pubertären Wachstumsschüben. Je schneller das Körperwachstum ist, desto schneller nehmen die Krümmungen zu. Während des pubertären Wachstumsschubes kommt es sehr häufig zu unerwarteten und schnellen Progressionen. Innerhalb weniger Monate erreichen Skoliosen dann nicht selten ein Ausmaß, welches eine Operation erforderlich macht. Nach Abschluss des 10. Lebensjahres nehmen während des pubertären Wachsttumsschubes um 5^ bis 10^ Cobb pro Jahr zu. Innerhalb eines halben Jahres können sie jedoch auch um bis zu über 40^ Cobb zunehmen. Bei Skoliosen mit Ausgangsgradzahlen zwischen 60^ und 80^ Cobb ist dagegen damit zu rechnen, dass diese auch nach Wachstumsabschluss weiter fortschreiten werden, wenn sie unbehandelt bleiben.
Der Skoliosebeginn ist schleichend und verursacht nur selten Schmerzen, wegen derer Betroffene einen Arzt aufsuchen würden. Aus diesem Grund ist für die Skoliosefrüherkennung eine jährlich durchgeführte schulärztliche Vorsorgeuntersuchung im typischen Entstehungsalter der idiopathischen Adoleszentenskoliose zwischen 11 und 13 Jahren bei Mädchen und 12 und 14 Jahren bei Jungen notwendig. Da Vorsorgeuntersuchungen dieser Art in Deutschland nicht zur Routine gehören, ist die Früherkennungsrate der Skoliose hierzulande sehr gering. Hier käme vor allem den Sportlehrern die Aufgabe zu, regelmäßige Skoliose-Screenings durchzuführen und evtl. Fehlformen weiterzumelden. Je nach Schwere der Skoliose kommen hierfür Physiotherapie (Krankengymnastik), Korsettbehandlung und versteifende Wirbelsäulenoperation zum Einsatz. Die verschiedenen Behandlungsmethoden greifen dabei regelhaft ineinander, über 90% aller Skoliosen können konservativ (mit Physiotherapie und gegebenenfalls Korsetten) behandelt werden und bedürfen keiner Operation.

Die Zielsetzung der physiotherapeutischen Übungen in der Skoliosebehandlung ist die aktive Aufrichtung der Wirbelsäule mit anschließender muskulärer Stabilisation.

Progediente Skoliosen im Wachstumsalter von über 20^ Cobb sollten zusätzlich zu der skoliosespezifischen Physiotherapie mit einem Korsett versorgt werden, welches der Wachstumslenkung dient. Ziel der Behandlung ist eine weitere Verschlechterung bis zum Wachstumsende aufzuhalten, bestehende Krümmungen zu korrigieren und die erreichten Korrekturen zu erhalten.

Eine Operation ist erst dann indiziert, wenn alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und keinen ausreichenden Therapieerfolg gebracht haben bzw. versprechen. Die Korrekturerfolge der operativen Therapie nehmen bei Cobb-Winkeln über 60^ mit gleichzeitig steigendem Operationsrisiko rasch ab.
Es erfolgt die Schnittführung in der Mittellinie über den Dornfortsätzen der Wirbelsäule. Bei dieser Operation kommen verschiedene Stabsysteme zum Einsatz, welche durch Haken an den Wirbelbögen und/oder transpedikuläre Schrauben befestigt werden. Zur besseren Stabilisierung werden diese Stäbe mit Querverbindungen versehen. Direkt nach der Operation ist keine Beweglichkeit in dem überbrückten Wirbelsäulenbereich mehr möglich. Dies fördert die spätere knöcherne Festigkeit. Entscheidend für den dauerhaften Therapieerfolg ist die Durchbauung der „Spanstaße". Die dafür nötigen kortikospongiösen Brösel werden den hinteren Beckenkämmen entnommen.

Skolioseoperationen werden im deutschsprachigen Raum heute nahezu ausschließlich in speziell ausgewiesenen Skoliosezentren durchgeführt. Das Komplikationsrisiko wird infolge des hohen Spezialisierungsgrades als eher gering beschrieben und liegt unter 5%.
Spezielle Komplikationen der Skolioseoperationen sind:
•Metallbrüche mit Korrekturverlust
•Pseudarthrosen, also Ausbleiben der angestrebten Einsteifung
•Infekte mit der Notwendigkeit der Implantatentfernung
•Sehr seltene Verletzungen des Rückenmarks (Querschnittslehmung)
•erneute Beschwerden infolge geänderter Wirbelsäulenbeweglichkeit

Krummes Leben - Mein Leben mit SkolioseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt