Er rennt

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Er rennt stets. Denn das ist für ihn leichter.

Bis er auf sie trifft. Und bis er bemerkt, dass loslassen viel leichter ist.

Es ist Donnerstag und er hat gerade Sportunterricht - er hätte - doch er ist davongerannt. Und obwohl er Sportkleidung trägt, erkennt sie wie es ihm wirklich geht.

Der Park ist es, in dem sie aufeinander stoßen. Er rennt und sie singt, so als würde es beiden super gehen und sie würden ihren Leidenschaften nachgehen. Doch eigentlich dienen sie nur als Hilfe.

Bis er sie anrempelt, und sich alles ändert.

»Du siehst ja ganz verängstigt aus. Und aus der Puste bist du auch. Geht es dir überhaupt gut? Was für eine Frage... Wovor bist du denn weggelaufen?«, fragt sie aus dem Nichts.

Für einen kurzen Moment hat es seine Sprache verschlagen, denn sie hat als Erste erkannt, was hinter seiner Fassade steckt. »Schule«, antwortet er dann aus der Puste. »Und die Pflichten, die Realität.«

Wie es sich herausstellt geht es ihr genauso.

Sie zeigt ihm nach einem kurzen Gespräch und nach kurzen Überlegen ein Lied, das sie selbst geschrieben hat, und das ihre Stimmung der letzten Zeit gut wiederspiegelt.

Er verliebt sich vom ersten Ton an in die Worte, die Melodie und ihre Stimme. Es gibt ein paar Bands und Lieder, die er ganz gut findet, doch dieses Lied - ihr Lied - übertrifft alle.

Sie verabreden sich für den nächsten Tag zur gleichen Uhrzeit, denn sie hat noch mehr Lieder, die sie ihm zeigen will, und er will sie alle hören.

Dieser Freitag ist der erste, an dem er nicht rennt, um von etwas wegzukommen, sondern um etwas zu erreichen. Und die Anstrengung hat sich gelohnt.

Erst nach mehreren Wochen bemerkt er, dass er sich nicht nur in ihre Musik verliebt hat, sondern auch in sie.

Und er rennt noch immer, aber nur weil er ein Ziel hat, das er erreichen möchte.

Denn er hat jemanden gefunden, der ihm einen Grund zum Ankommen gibt.

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