„Hallo Süße.", lächelte ich und kniete mich hin um das Mädchen in den Arm zu nehmen und die Schwarzhaarige fest an mich zu drücken. „Papa! Du holst mich ja ab!", rief sie freudig und griff in meine Haare. „Na komm, hol deine Jacke.", mein Blick war kalt, meine Worte zeigten keinerlei Emotionen und die Blicke der anderen Eltern zeigten, wie sehr sie mir misstrauten und wie wenig sie mir und Juliet glaubten. Meine Tochter rannte zu ihrem Kleiderhaken und nahm ihre blaue Jacke, ehe sie sich diese überstreifte und wieder zu mir kam. Ich nahm die Sechsjährige hoch und griff noch nach ihrem Rucksack, ehe ich sie aus dem Gebäude der bunt gestalteten Grundschule trug.
Doch gerade, als ich die Tür verließ und Juliet sich an mich kuschelte hörte ich, wie laut mein Nachname gerufen wurde. „Herr Ackerman, warten Sie bitte kurz!" Ein wenig genervt drehte ich mich zu dem jungen Klassenlehrer meiner Tochter um und sah ihm in die smaragdgrünen Augen. Zwar musste ich meinen Kopf dafür ein wenig heben, doch dies war Nebensache. „Wie kann ich helfen?", fragte ich dann kalt und strich meiner Tochter weiterhin durch die Haare. Sie hasste die Schule und die Klasse.
Jeden Tag aufs Neue wurde sie von ihren Mitschülern geschlagen oder anderweitig fertig gemacht. Die Lehrer hatten bisher wohl nie die Notwendigkeit der Problemlösung gesehen. Juliet weinte jeden Tag, wenn sie nach Hause kam, weshalb ich so oft wie möglich versuchte sie abzuholen, damit sie sich wenigstens auf der Heimfahrt nicht weiter ärgern lassen musste.
„Ich hatte vergessen Juliet einen Elternbrief mitzugeben.", sagte er und reichte mir einen Zettel. „Danke. Ich melde mich bei Ihnen.", erwiderte ich nur kalt und sah ihn dann auffordernd an. Herr Jäger bedankte sich mit geröteten Wangen und schlug den Weg ins Schulhaus ein. Ein weiteres Mal sah ich dem jungen Schönling hinter her und wurde nur durch meine Tochter aus meiner Starre gerissen.
„Papa, ich hab Hunger.", seufzte Juliet und ich lächelte leicht, ehe ich sie zum Auto trug und sie dort runter ließ. „Wirst du mit Herrn Jäger reden?", fragte sie unsicher und ich holte ihren Kindersitz auf den Beifahrerplatz. „Ja. Wenn er mit mir reden möchte, natürlich."
„Oh, okay.", damit stieg sie in das Auto und schnallte sich an, ehe sie begann in ihrem Rucksack zu wühlen. Ich schloss die Tür und stieg selber in den schwarzen BMW, ehe ich zu Juliet sah und leicht lächelte, da sie ihren grünen Elefanten fest umklammerte und die großen Augen geschlossen hatte.
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In der kleinen Wohnung, die ich gekauft hatte, als die Probleme ihren Lauf nahmen, zog sich Juliet ihre Schuluniform aus, legte sie ordentlich auf ihren kleinen Sessel, zog sich eine bunt geblümte Leggins und ein blaues Oberteil an und ich machte ihr schnell den Rest des Mittagessens in der Mikrowelle warm, ehe ich den Elternbrief nahm und diesen aufmerksam durchlas.
Seufzend legte ich das Stück Papier auf den Küchentisch und sah Juliet beim Essen zu. „Hast du Hausaufgaben auf?", fragte ich und sie schüttelte lächelnd mit dem Kopf, ehe sie traurig auf die Nudeln sah. „Du Papa? Werde ich irgendwann wieder eine Mutter haben?"
„Äh-ähm Juliet, wie kommst du darauf?" – „Kyle hat gesagt, dass mich niemand als sein Kind haben will. Bekomme ich nie wieder eine Mama?"
Unsicher sah ich sie an. „Doch, du bekommst bestimmt wieder eine Mama. Sogar eine ganz Besondere." Lächelnd nickte sie und aß weiter, ehe ich mich wieder dem Elternbrief zuwandte und mir ansah welche Zeiten Herr Jäger bereits durchgestrichen hatte und welche noch frei waren. Vermutlich würde ich den letzten Termin nehmen, damit ich noch einen Babysitter für Juliet organisieren kann. Ich griff zu meinem Handy, wählte die unten abgebildete Festnetznummer und hielt mir das schwarze Gerät ans rechte Ohr. Nachdem es viermal bei ihm geklingelt hatte, nahm der brünette Lehrer das Telefon in die Hand und meldete sich mit seinem Vornamen. „Eren?", sagte er nett, dennoch ein bisschen müde. „Hallo Herr Jäger, hier ist Ackerman, der Vater von Juliet. Ich wollte Ihnen bezüglich des Elterngesprächs Bescheid sagen.", ich hasste es so förmlich zu sein. „Ja, perfekt. Wann passt es denn?" – „Der letzte Termin wäre gut."