,,Da habt ihr beiden ja gerade noch so Glück gehabt! Das hätte schlimm ausgehen können" Die Schulkrankenschwester schüttelte fassungslos ihren Kopf.
Außer einer mittelschweren Schürfwunde am Ellenbogen und ein paar neuen blauen Flecken hatte ich keine weiteren Verletzungen - wenn man von den hartnäckigen Kopfschmerzen absah.
Karma hatte nichts abbekommen. Kein Wunder, sie war ja auch auf mir - einem unfreiwilligem, menschlichem Polster- weich gelandet. Trotzdem hatte der Direktor darauf bestanden, dass sie sich von der Schulschwester untersuchen lassen sollte.
Die Schulschwester Miss Fray war eine nette Dame mittleren Alters, die in einem sehr kleinen Krankenzimmer arbeitete.
Es wurde seit gefühlt 20 Jahren nicht modernisiert und sah dementsprechend auch ramponiert aus. Ich verstand nicht wie Miss Fray es hier jeden Tag aushielt.
Die ältere Dame befestigte ein Pflaster an dem blutigsten Teil der Schürfwunde und lächelte mir zu. ,,Nur um sicher zu gehen"
Mit einem Zwinkern dreht sie sich auf dem Absatz zu ihrem kleinen mit Blätter vollgestopften Schreibtisch um.
Die Krankenliege quietschte unheilvoll als ich runtersprang.
,,Also dann.. das sollte es gewesen sein" Miss Fray klatschte zufrieden in die Hände ,,seid nächstes Mal etwas vorsichtiger und lauft nicht vor einen Bus, dann sollte alles optimal sein"
Der letzte Satz galt dann wohl mir.
Ohne das ich etwas dagegen tun konnte färbten sich meine Wangen leicht rot. Es war auch echt dumm von mir gewesen einfach mitten auf der viel befahrenen Busstraße stehen zu bleiben! Normalerweise passierten mir nie solche Sachen!
Aber wenigstens gab es einen kleinen Lichtblick: nachdem der Tag schon so schlecht gestartet hatte konnte er nicht noch verkorkster werden.
Und verdammt, lag ich damit falsch!
Miss Fray widmete sich ihrem alten Rechner und schüttelte wieder ihren Kopf. ,,Also wirklich Kinder..euren Schutzengel möchte ich auch mal haben!" Sie lachte heiser.
Karma schnaubte nur wütend. Wieso war sie wütend? So ziemlich alle in der Schule würden sie jetzt als Heldin feiern. Als die coole Braut die den armen Trottel vorm Überfahren gerettet hat.
Seufzend stieß sich Karma von der Wand ab, an der sie sich die ganze Zeit angelehnt hatte, und ohne sich von Miss Fray oder mir zu verabschieden, maschierte sie zur Tür und verschwand. Verblüfft schaute die Schulkrankenschwester die ins Schloss gefallene Tür an. Eine unangenehme Stille machte sich breit.
Vorsichtig bewegte ich mich in Richtung Tür und legte meine Hand auf die Klinke.
,,Ähm" ich räusperte mich ,,vielen Dank, Miss Fray! Einen schönen Tag noch"
Mit einem angedeutetem Lächeln drückte ich die Klinke runter und trat in die stickige Stille des Schulflurs. Erleichtert atmete ich auf, als die Tür sich hinter mir schloss.
Viel zu viel Stress für einen Montagmorgen! Das Einzige was mir jetzt noch helfen konnte war einer der besten Schokoriegel im uns bekanntem Universum. Ich kramte in meiner Hosentasche etwas Kleingeld zusammen und machte mich auf den Weg in die Cafeteria.
Es war komisch durch die verlassenen Schulflure zu wandern. Normalerweise war hier alles laut und vollgestopft mit Menschen, aber nun schlug mir undurchdringbare Stille entgegen.
Meine Schritte hallten unnatürlich laut und hohl an den langen Wänden umher und ich war wirklich froh, als ich vor der Eingangstür zur Cafeteria ankam.
In Gedanken schon bei meinem Schokoriegel, drückte ich die Türklinke runter - und lief gegen die verschlossene Metalltür. Perplex glotzte ich auf die Stelle, die erst Sekunden zuvor Bekanntschaft mit meinem Kopf gemacht hatte.
Grüße gehen raus an meine Kopfschmerzen!
Stöhnend massierte ich meine Schläfen.
Das durfte jetzt doch nicht wahr sein!
Wütend und frustriert rüttelte ich an der unnachgiebigen Tür.
Wie erwartet blieb die Tür wie sie war - verschlossen.
Enttäuscht lehnte ich meine Stirn an das kalte Metall.
Ich fühlte mich so unendlich müde. Es war erst kurz vor 9 Uhr morgens und trotzdem kam mir der Tag schon so unendlich lang vor.
Das kalte Metall linderte meine Kopfschmerzen etwas und so blieb ich noch eine Weile in dieser Position stehen.
Wenn mein Lehrer mich vermisste, würde er schon jemanden auf die Suche nach mir schicken.
Höchstwahrscheinlich würde Nick sich dann freiwillig melden und mich zuerst hier suchen.
Der Typ kannte mich einfach zu gut.
In all den Jahren, die wir jetzt schon befreundet waren, war er immer der Einzige auf den ich immer zählen konnte.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Nick viel mehr für mich machte als ich für ihn, auch wenn er das immer leugnete.
Die Tür vibrierte als sie von innen aufgeschlossen wurde. Erstaunt hob ich den Kopf.
"Schokoriegel" schwirrte durch meinen Kopf.
In dem gleichen Moment, in dem ich die Türklinke runter drücken wollte, öffnete sich die Tür.
Mein Gegenüber schaute mich kurz überrascht an, fing sich dann und legte wieder den typisch desinteressierten Blick auf.
Ich lächelte zaghaft, kam mir dann aber dämlich vor und ließ es bleiben.
Karma zog daraufhin nur eine Augenbraue hoch und wollte sich an mir vorbei schieben.
Mehr aus Reflex als aus einer durchdachten Handlung heraus, packte ich schnell ihr Handgelenk.
,,Hey, ähm... ich glaube, ich habe mich noch gar nicht für die Sache heute morgen bedankt. Also.. Danke!" Versuchte ich die richtigen Worte zu finden und bemühte mich um ein dankbares Gesicht.
,,Tut mir leid, aber welche Sache genau meinst du?" Sie lächelte bittersüß mit einer Prise Scheinheilig ,,Heute morgen ist so viel passiert, da musst du schon präziser werden"
Das meinte sie jetzt doch nicht ernst, oder?
Anscheinend schon. Karma verzog keine Miene, selbst als sie meinen verdutzten Gesichtsausdruck sah.
Mit ihrer freien Hand schnippste sie vor meinem Gesicht rum.
,,Du musst schon mit mir reden, ich kann leider keine Gedanken lesen"
Sie grinste frech ,, Obwohl man bei dir da sowieso nicht viel finden würde"
Diesmal hatte ihr Lächeln etwas diabolisches und nun war ich mir zu 100% sicher, dass sie nur mit mir spielte.
Den Beweis bekam ich, als sie anfing los zu lachen. Nicht lange, aber lang genug um mich als Idioten da stehen zu lassen. Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit.
Ich ließ ihr Handgelenk los und trat einen Schritt zurück durch die nun offene Cafeteriatür.
"Lach so viel du willst, aber ich bin dir was schuldig.."
Mit einem Schulterzucken drehte ich mich um und schritt durch die leere Mensa, vorbei an den Tischen und Stühlen.
"Wie viel?"
Ich blieb stehen. Erstaunt drehte ich mich um. "Wie viel was?" fragte ich zurück.
"Wie viel kann ich von dir als Schuldbegleichung verlangen?"
Karmas Stimme hatte einen gefährlich neugierigen Unterton und mir wurde klar, was für einen Fehler ich begangen hatte. Sie hatte mein Leben gerettet und konnte so ziemlich alles von mir als Gegenleistung verlangen.
Das wusste sie genauso gut wie ich und sie würde es ausnutzen. Das war so klar wie das Amen in der Kirche.
Diese Frage diente nur dem Zweck mir eine Zusicherung zu entlocken.
"Nun ja" begann ich zögerlich "rein theoretisch hast du mir das Leben gerettet, also" "- rein theoretisch?" Fiel mir das rothaarige Monster ins Wort. "Ich glaube nicht, dass rein theoretisch die richtige Bezeichnung dafür ist" Skeptisch zog sie eine Augenbraue hoch.
"Okay, okay. Nicht nur rein theoretisch, sondern auch praktisch. Du hast mir sehr real das Leben gerettet. Besser?"
"Ja, schon viel besser." Karma grinste selbstgefällig.
Stand ihr nicht besonders gut.
"Also, was willst du von mir?" knurrte ich und funkelte sie an.
Wehe, sie demütigte mich vor der ganzen Schule oder vor meiner Familie. Da würde ich mich lieber von dem Bus überfahren lassen.
Karma überlegte und schnalzte mit der Zunge, während sie mich von oben bis unten musterte.
Dann machte sich ein fieses Grinsen auf ihrem Gesicht breit und ich war froh über die Tische zwischen uns.
"Ich melde mich bei dir"
Sie drehte auf dem Absatz um und stolzierte davon.
Erst als ihre Schritte im Flur verklungen waren, atmete ich aus.
Was hatte ich getan?
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Teuflische(s) Karma
ParanormalKarma ist zumindest äußerlich ein ganz normales Mädchen, clever, nie um eine Antwort verwegen - und der Teufel höchstpersönlich! Als sie James das Leben rettet und bestimmt, dass er von nun an ihr Diener ist, steht sein Leben auf dem Kopf. Aber er m...