Neuer Tag, neues Glück, so sagt man doch so schön. Heute soll auch mein Leben neu anfangen. Ich bin mit meiner Familie umgezogen, weit weg von unserem alten Wohnort. Niemand soll uns, besser gesagt mich, hier erkennen. Ich habe einige Sachen getan von denen Niemand hier erfahren soll.
Jetzt ist es soweit, es ist Montag und der erste Tag an meiner neuen Schule. Ich bin gerade erst eingeschlafen, da kommt meine Mutter ins Zimmer: „aufstehen mein Liebling, heute fängt dein neues Leben an.“ Neues Leben sagt sie, ja klar, bis wieder alles rauskommt und wir wieder umziehen müssen. Sie setzt sich auf meine Bettkante und rüttelt leicht an mir. Mir entweicht ein leises Seufzen und ich drehe mich von ihr weg. „Ich weiß du hast Angst, aber hier kennt dich doch garantiert Keiner.“ Mit Mühe stütze ich meine Arme auf die Matratze, drücke mich hoch und setze mich hin. „Und was wenn doch?“, frage ich sie, kaum verständlich, da ich zeitgleich gähne. „Das glaub ich nicht und wenn doch, dann packen wir unsere Sachen und sind morgen weg. Jetzt steh auf und zieh dich an, in einer halben Stunde musst du in der Schule sein, ich fahre dich doch auch.“ Sie streicht mir durch die Haare, lächelt mich an und verlässt dann schließlich wieder mein Zimmer.
Ich rappel mich auf und gehe ins Bad. Als ich meine Zähne putze merke ich, wie mir ein paar Tränen das Gesicht runter laufen. Jetzt bloß nicht weinen Nala, du bist groß, du bist stark! Oder zumindest versuche ich es mir einzureden. Ich wasche mich und gehe zurück in mein Zimmer. Was soll ich nur anziehen? Der Wetterbericht sagt 34 Grad voraus. Ich öffne meinen Schrank und nehme mir meine Schwarze Lieblingsjeans und ein weißes Sweatshirt. Da höre ich meine Mutter rufen, ich soll mich doch beeilen. Schnell schlüpfe ich in meine Kleidung und setze mich an meinen Schminktisch. Erneut entweicht mir ein seufzen, jeden Tag das Gleiche. Aber ich habe keine Zeit mir jetzt Gedanken zu machen, also beginne ich die Narben an meinem Hals zu überschminken und kämme meine Haare vorsichtshalber noch über sie. Heute fängt mein Leben neu an!, versuche ich mich zu motivieren. Ich gehe die Treppe hinab, an dessen Ende meine Mutter schon ungeduldig wartet. „Jetzt beeil dich doch, in zehn Minuten müssen wir beim Direktor sein“, sagte sie, beinahe schon vorwurfsvoll. Wir steigen ins Auto ein und fahren los. Eigentlich hätten wir auch zu Fuß gehen können, da die Schule nicht weit weg ist, aber da wir sowieso schon spät dran sind und ich sowieso nicht gerne draußen bin, ist das Auto die bessere Wahl. Erneut breitet sich Angst in mir aus – was wenn ich doch jemand erkennt? Nach fünf Minuten Fahrt erreichen wir den Parkplatz der Schule, er ist ziemlich voll und es dauert etwas, bis wir einen Platz finden. Kaum eingeparkt springen wir aus dem Auto, rennen zur Schule und erreichen gerade noch pünktlich das Zimmer des Direktors. Zaghaft klopfe ich, nichts passiert, meine Mutter klopft ebenfalls, nur fester. Ein dumpfes „herein“ ertönt, ich öffne die Tür und wir betreten das Zimmer. „Setzen sie sich doch bitte“, bat uns Herr Weber, der Direktor mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Wir setzen uns und nach einem kurzen Gespräch bringt er mich zu meiner neuen Klasse. Als ich das Klassenzimmer betrete blicke ich in die Gesichter zahlreicher Zehntklässler. Eine Frau mittleren alters mit kurzen, dunkelroten Haaren kommt auf mich zu und stellt sich als Frau Haagen vor und bittet, mich der Klasse doch vorzustellen. „Hey, also ich bin Nala, ich bin 16 Jahre alt und bin erst vor kurzem hier her gezogen“, erzähle ich mit leiser, schüchterner Stimme. „Danke Nala, such dir doch bitte einen Platz aus“, bittet mich Frau Haagen. Ich setze mich auf den der zwei freien Plätze, er befindet sich in der letzten Reihe im Eck und von dort aus habe ich alle Mitschüler im Blick. Dann läutet die Glocke und der Unterricht beginnt. „Hi, ich bin Lars“, stellt sich mein Sitznachbar vor. „Psst, ich will dem Unterricht folgen“, antworte ich ihm, um einem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Bloß nicht auffallen, nur das Nötigste sagen, keine Aufmerksamkeit erregen, rede ich auf mich ein. Ich muss vorsichtig sein wem ich was erzähle.
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Tigermädchen
Teen FictionTigermädchen-so nennen sie mich, denn meinen Körper zieren unzählige Narben. Ich habe gekämpft, sehr oft sogar. Gegen wen? Gegen die Dämonen. Seit dem hat sich mein Alltag stark verändert, ein Umzug und eine neue Schule sollen einen Neuanfang für mi...