~Finn~
Ich hörte mit meinen Kopfhörern Musik, während Mum und Dad sich vorne stritten. Dad konzentrierte sich immer weniger auf die Fahrbahn, was mich nervös machte, aber ich sagte nichts, weil ich meine ohnehin schon gereizten Eltern nicht noch mehr aufregen wollte.
Hinter uns hörte ich markante Motorengeräusche, die lauter als die Übrigen an mein Ohr drangen. Ich sah im Rückspiegel rechts einen roten Sportwagen mit extrem hoher Geschwindigkeit auf uns zu rasen, als ich nach dem Geräusch sah.
Im selben Moment, wo er uns rechts überholen wollte, fuhr Dad ebenfalls nach rechts, um einen LKW links neben uns zu überholen.
„NEEEEIIN!", brüllte ich und Dad riss das Steuer instinktiv nach links, sodass er in den Lastwagen reinfuhr. Meine jüngere Schwester Leaf, die bis eben geschlafen hatte, wachte mit einem schrillen Schrei auf. Mum kreischte irgendetwas und ich zog Leaf reflexartig an mich, um sie vor dem LKW zu schützen.
Der Hänger des schweren Fahrzeugs krachte über unserem Wagen zusammen. Ich riss unsere Tür auf, löste schnell die Sicherheitsgurte von meiner Schwester und mir und stürzte mit ihr aus dem Auto.
Neben uns hatten viele Fahrer gehalten und fragen überflüssige Sachen wie Geht es euch gut? oder Können wir euch helfen? Ich war zu perplex um antworten zu können und wagte es schon recht nicht, zu unserem Auto zu schauen. Ich hatte zu viel Angst davor, was ich dort erblicken würde.
Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit brachte ich den Satz heraus: „Holt alle Menschen aus dem Wagen." Meine Stimme war zittrig und leise, aber die Menschen verstanden mich und kamen nach einer Weile mit unserer weinenden Mum wieder. Ohne Dad.
Leaf flüsterte „Nein nein nein nein nein nein nein". Ihre Stimme wurde immer lauter bis sie fast schrie. Aber ich konnte nicht schreien, nicht reden und auch nicht flüstern.
Meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich bekam kaum noch Luft und mir wurde vor Verzweiflung schlecht, sodass ich mich hinsetzen musste. Tränen rollten meine Wangen herunter und sammelten sich auf dem Asphalt der Autobahn.
Meine Mum setzte sich neben mich und zog Leaf mit sich runter. Sie umarmte uns beide und ich weinte gegen ihre Schulter.
„Lass mich endlich aus diesem grausamen Alptraum aufwachen.", schluchzte Leaf. Sie hatte recht. Ich wollte auch endlich im Auto aufwachen, mit meinem Dad und meine Mum vor und meine Schwester neben mir im Auto im monotonen Tempo über die Autobahn fahren und irgendwann zu Hause ankommen.
Aber das grausame Schicksal hatte mir meinen Dad genommen. Ich glaubte an keinen Gott; für mich gab es nur das Schicksal und im Moment hasste ich es.
Mein bester Freund Neville sagte immer, dass man an allem etwas Positives sehen konnte, aber ich konnte dieser Situation beim besten Willen nichts Positives abgewinnen.
Irgendjemand hatte den Krankenwagen gerufen und ich hörte die Sirene aus der Ferne. Das laute Geräusch kam näher, bis der Krankenwagen endlich bei uns war.
Schnell eilten Ärzte in die Richtung unseres Autos und versuchten vorsichtig, Dad zu bergen. Als sie ihn aus den Trümmern befreit hatten, untersuchten sie seinen Puls und andere Zeichen auf Leben, aber an ihren ernsten Gesichtern konnte ich fast mit Sicherheit sagen, dass er tot war.
Erneut liefen die Tränen unaufhaltsam über meine Wangen und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Mussten all diese Leute hier rumstehen?! Sie sollten verschwinden! Ich wusste, dass sie uns nur helfen wollten und auch schon geholfen hatten, aber wenn man seine Eltern verliert, will man nicht unbedingt von tausend Menschen umringt sein, sondern allein sein. Zumindest ich wollte das.
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Burning Heart ×abgebrochen×
RomanceNachdem June Finn bei dem Geburtstag ihrer Freundin kennenlernt, haben sie ein halbes Jahr keinen Kontakt mehr zueinander, bis sein Vater bei einem Autounfall stirbt und Finn, seine Schwester Leaf und seine Mutter in das Nachbarhaus von June und ihr...