1. Die Ankunft

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Die Kutsche fuhr durch ein Schlagloch und ihre Insassen wurden kräftig durchgeschüttelt. Eine schlanke Hand zog den Vorhang zur Seite und eine junge Frau spähte hinaus. Sie hatte blasse Haut und im Kontrast dazu pechschwarze Haare, die streng zurückgebunden waren, so dass sich nicht eine Strähne lösen konnte. Ihre roten Lippen hatte sie zusammengepresst und sie sah aus grauen Augen missmutig nach draußen. Sie verließen gerade die Hafenstadt, in der sie in den frühen Morgenstunden angekommen waren. Es gab kaum noch Häuser oder Wände, die die Sicht versperrten. Stattdessen machten sich vor ihren Augen weite Wiesen und zwischendurch ein kleines Wäldchen breit. Plötzlich ritt eine der Wachen nach vorn und verdeckte den Ausblick.

„Alles in Ordnung, Madame?", fragte er. Er ritt auf einem Schimmel und hatte sich vorgebeugt, um mit ihr zu reden. Er trug die gewöhnliche, blaue Uniform der Soldaten von Krewen und darüber einen Harnisch aus Metall. Sie stand im völligen Kontrast zu dem rot-goldenem Zaumzeug des Pferdes. Die Frau sah sich um. Bei den anderen Wachen war es dasselbe. Offensichtlich waren die Hengste vom König von Iltamien zur Verfügung gestellt worden.

Die Frau blickt wieder zu dem Mann, der sie gefragt hatte. Er hatte dunkelblonde Haare, buschige Augenbrauen und einen ebenfalls buschigen Schnurrbart. Aus der ganzen Gesichtsbehaarung blitzten zwei braune Augen hervor. Er war ungefähr Ende dreißig.

„Nein, alles bestens", gab sie ihm zur Antwort und schloss den Vorhang wieder. Sie versuchte sich zu entspannen als die Kutsche erneut durch ein Schlagloch fuhr. Steif saß sie auf der mit rotem Samt ausgekleideten Bank. Sie steckte ebenfalls in einem Harnisch, jedoch war dieser aus Leder und weniger auffällig, darunter trug sie ein weißes Hemd aus groben Stoff. Ihre Beine steckten in einer eng anliegenden Lederhose und ihre Stiefel bestanden aus rauem Leder und reichten bis zu den Knien. Trotz allem wirkte ihre Aufmachung elegant.

„Wirklich alles in Ordnung", fragte der Mann ihr gegenüber. Er hatte ebenfalls dunkelblonde Haare, die aber länger und weniger lockig waren. Er hatte seine Mähne hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, dennoch fielen ihm einige Strähnen ins Gesicht. Der junge Mann war Anfang zwanzig und somit genauso alt wie seine Begleiterin. Er hatte ebenfalls sehr helle Haut und graublaue Augen. Im Ganzen hatte er ein sehr ansehnliches Gesicht, so wie man es eben von einem gutaussehenden Prinzen erwartet. Seine Kleidung war, wie die der Soldaten, eine blaue Uniform, nur, dass diese mit goldenen Ornamenten bestickt war. Dazu trug er eine weiße Hose und schwarze Stiefel aus wertvollem, glänzenden Leder. Er lächelte die Frau an und sie lächelte gezwungen zurück.

„Du weißt ich würde lieber selber reiten als in einer unbequemen Kutsche zu sitzen", war ihre Antwort.

„Ich würde auch viel lieber auf dem Rücken eines Pferdes zu meiner Zukünftigen reisen", seufzte er.

Die Frau ihm gegenüber sah ihn an. „Du hast dich sehr verändert, Markus. Weißt du das? Du bist zu einem Prinzen geworden, wie er im Buche steht."

„Wie meinst du das?"

„Na, du bist gebildet, siehst gut aus und du hast den Umgang mit dem Schwert erlernt und kannst dich auch damit verteidigen. Ein richtiger Märchenprinz eben."

„Das beruht auf Gegenseitigkeit. Du hast mir den Schwertkampf beigebracht und ich bringe dir dafür das Lesen bei. Aber du bleibst trotzdem an meiner Seite, auch wenn ich nicht mehr ganz auf deine Hilfe angewiesen bin?"

Er konnte einen Hauch von Unsicherheit nicht verbergen, und wahrscheinlich wäre es niemand anderem außer ihr aufgefallen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, was sie jetzt sagen musste: „Ich bin deine Leibwächterin. Daran wird sich auch durch die Hochzeit mit Rosa nichts ändern. Ich bin überzeugt, dass ihr beide glücklich werdet."

Unter denselben SternenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt