Kapitel 2

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Überall Menschen mit ihren viel zu großen Koffern und teuren Fahrkarten in den Händen, die sich in die Züge drängten. Ich saß auf einer Bank zwischen den Gleisen, wartete auf die S-Bahn mit einem heißen Cappuccino zwischen den Händen, die sich wieder mal zu kalt anfühlten; versuchte zwischen all den Stimmen und den Durchsagen ein wenig Ruhe von diesem Tag zu bekommen. Wenigstens regnete es heute nicht. Es war der 30 Oktober, es war nun 2 Tage her, dass ich Marc in diesem Supermarkt getroffen hatte. Nach unserem Treffen hatte er mich nach meiner Nummer gefragt. Bis jetzt keine Nachricht von ihm, kein Anruf. Ich wartete nicht darauf, ich erwartete keine Reaktion von ihm. Ich nahm an, ich hätte mir diese Magie zwischen uns nur eingebildet. Wahrscheinlich hatte ich mir nur zu sehr gewünscht, dass eine Person Interesse an mir zeigen könnte und mehr in die Situation interpretiert als wirklich gewesen war. Das war mir schon einmal passiert, damals während der Schulzeit. Ein paar Mädchen aus der Klasse wollten sich einen Scherz erlauben und schrieben mir einen geheimen Liebesbrief mit Treffpunkt, an dem ich einen der beliebten Jungen treffen sollte. Ich habe es geglaubt. Habe mich hübsch gemacht, habe dann 2 Stunden in einem Eiscafe auf mein Date gewartet und bin dann nach Hause gefahren. Das fand natürlich die ganze Klasse super witzig. Die kleine Emelie dachte tatsächlich, ein Junge würde sich mit ihr treffen wollen.

Endlich kam die Bahn an und ich konnte ein wenig Wärme tanken. Natürlich war kein Sitzplatz mehr frei und ich stand die nächsten vier Haltestellen neben einer Gruppe Studentinnen die sich ausgelassen über ihr interessantes Wochenende unterhielten. Als ich endlich zu Hause ankam war es draußen schon dunkel. Im Treppenhaus roch es nach Essen und ich ahnte, dass Jan sich mal wieder seiner zeitweise anhaltenden Kochleidenschaft gewidmet hatte. Es gab seinen berühmten Nudelauflauf a la Student, der eigentlich nur aus Fertigsoße und zu viel billigem Käse bestand.

„Hast du Lust heute Abend mit in die Bar zu kommen? Wir wollen nur ein bisschen was trinken und Billiard spielen." Er schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Seine schwarzen Locken hatte er sich nach hinten gekämmt und zusammen mit der großen Brille, sah er viel älter aus. Erinnerte mich an einen Lehrer, das war schon mal eine gute Berufsvorraussetzung. „Ich weiß nicht, ich muss noch einiges für die Seminararbeit vorbereiten und bin ganz schön kaputt von den Vorlesungen." Jan verdrehte die Augen, nahm meinen leeren Teller und brachte ihn in die Küche.

Als er endlich die Wohnung später verließ machte ich es mir im Wohnzimmer bequem und schaute mir zusammenhangslose Serien an bis ich eingeschlafen war.

Plötzlich riss mich ein lautes Geräusch aus dem Schlaf und ich schreckte hoch. Es war nur mein Handy; als ich drauf schaute sah ich 2 unbeantwortete Anruf von einer unbekannten Nummer. Es war schon nach 2 Uhr morgens. Ich war müde, konnte meine Augen kaum auflassen und mein Kopf fühlte sich an als würde er gleich explodieren. Ich drehte mich noch einmal rum, zog die Decke nach oben, die ich letztes Jahr zu Weihnachten von Jan geschenkt bekommen hatte und schloss meine Augen. Kurz darauf spürte ich das vibrieren meines Handys in meinem Rücken. Ich war genervt. „Ja,Emelie.. wer ist da?". „Hier ist Marc; Hey habe ich dich geweckt?" Mein Herz blieb für einen Augenblick stehen, damit hatte ich nicht gerechnet. Wieso ruft er mich mitten in der Nacht an und warum meldet er sich erst jetzt? Ich fragte mich ob er nur aus Langeweile anrief oder ob neben ihm noch seine Kumpels saßen und lachten. „Nein ist schon in Ordnung, ich wollte gerade ins Bett gehen" log ich ihn an. Er fragte ob ich morgen vorbeikommen wolle, er würde eine kleine Halloween-Party veranstalten. Eigentlich hasste ich Partys aber ich wollte nicht langweilig für ihn sein und auch wenn ich es mir selbst nicht ganz eingestand, freute ich mich über diese Einladung mehr als es gut für mich war. Wir verabredeten und also für den nächsten Abend in seiner WG. Er legte auf. Ich legte auch auf und bemerkte erst dann, wie heiß sich meine Wangen anfühlten. Meine Hände zitterten als ich das Handy auf den Tisch legte. Ich spürte meinen Herzschlag am ganzen Körper pulsieren. Was war nur los mit mir. Langsam stieg Panik in mir auf. Ich lief schnell in mein Zimmer, knipste das Licht an, es dauerte eine Weile bis meine Augen sich an das Helle gewöhnt hatten. Ich blickte in meinen großen Ikea- Spiegel der an der Wand gegenüber vom Bett hing und betrachtete mich kritisch darin. Meine braunen langen Haare hingen einfach nur gerade herunter und meine Haut war für die Farbe viel zu bleich. Meine Augen sahen eingefallen aus und ich wusste nicht ob ich immer so aussah oder nur jetzt gerade. Ich musste etwas ändern und das so schnell wie möglich. So schnell, dass ich bis morgen Abend vorzeigbar war. Ich atmete ein paar Mal tief durch und packte dann meinen Laptop aus. Stundenlang sah ich mir verschiedene Frisuren und Outfits an die in Frage kommen würden. Im Endeffekt machte es mich nur trauriger, die anderen perfekten glücklichen Frauen auf den Bildern zu sehen und ich legte mich wieder ohne Plan schlafen.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte wollte ich Marc eine Nachricht schicken und absagen. Etwas hielt mich aber doch davon ab und ich beschloss die Sache durchzuziehen.

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⏰ Last updated: Oct 26, 2017 ⏰

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