Nachdenklich zerdrücke ich die Mandel. Ich hasse Mandeln. Sie schmecken mir nicht, sie hat sie geliebt. Wahrscheinlich liebt sie sie immer noch. Ich zerdrücke die nächste Mandel. Die dritte stecke ich mir in den Mund, spucke sie aber wieder aus. Ich hasse Mandeln! Nachdenklich schaue ich auf das Bild, das in dem pechschwarz glänzenden Bilderrahmen steckt. Es ist von Dezember, genauer gesagt dem Achtundzwanzigsten, der Tag an dem sie endgültig in mein Leben eingetreten ist. Versteht mich nicht falsch, wir kannten uns schon früher, von der Schule her. Wir gingen zusammen in die selbe Klasse, schon seit Jahren. Entnervt schmeiße ich die Tüte mit Mandeln in die Süßigkeiten-Schublade, soll Max sie doch essen. Max ist mein kleiner Bruder und genau wie sie, liebt er Mandeln. Ich zünde mir eine Zigarette an und betrachte wieder das Bild. Es war das erste Mal, dass wir uns trafen. Wir waren seit Jahren in einer Klasse, verstanden uns gut, hatten uns aber nie getroffen, bis zu diesem Achtundzwanzigsten Dezember. Ich passte nachmittags immer auf Max auf, da mein Vater nur selten zuhause war. Diese Ferien war er jedoch da, deshalb konnte ich mich mit ihr verabreden. Auf dem Bild schaue ich ganz verdutzt in die Kamera, ich war überrumpelt worden. Sie und Max biegen sich lachend, auf dem Tisch in der Mitte stehen Mandeln (für Max und sie) und Salzstängelchen (für mich). Die Erinnerung kommt vor meinem inneren Auge hoch.
Aufgeregt öffne ich die Tür. Sie steht davor, in einer dicken Jacke und mit hochroten Wangen. „Hi, schön dich zu sehen, komm rein!" sage ich und trete zur Seite. „Hey, schöne Weinachten dir - also nachträglich." sagt sie lächelnd. Ich zeige ihr wo sie ihre Sachen hinhängen kann, und als wir uns umdrehen, steht da auch schon Max, in einem ihm viel zu großem, Dino T-Shirt da. „Wer bist du?" fragt er, während er an einer Bretzel knabbert. „Das ist Max, mein kleiner Bruder, und das ist Bella, aus meiner Klasse", stelle ich die beiden einander vor. „Cool" sagt Max und mustert sie interessiert, „Hi", sagt sie und lächelt ihn an. „Ach, fast hätte ichs vergessen!" sagt Bella und klatscht sich mit der Hand an die Stirn und dreht sich um und holt eine Tüte aus der Jackentasche, „ich hoffe du magst Mandeln, ich hatte unterwegs gebrannte Mandeln gekauft!" sagt sie und lächelt mich an. Bevor ich antworten kann, antwortet Max mit den Worten: „Sie hasst Mandeln, aber ich liebe Mandeln!" - ich bin mir sicher, dass ich mittlerweile mehr als rot bin. Bella lacht herzlich auf und erklärt lachend, „na dann teile ich die Mandeln eben mit dir." Sie zwinkert mir zu. Max nickt ernsthaft. Verlegen schaue ich sie an. „Sorry", sage ich leise, sie winkt aber lächelnd ab. „Habt ihr eine Schale oder einen Teller für die Mandeln?" fragt sie, worauf Max sie ins Wohnzimmer zieht. Und so kommt es, dass wir wenig später auf den Sofas im Wohnzimmer sitzen, Max sie mit Fragen wie ihre Einstellung zu Fußball und Mathe löchert (Fußball findet sie sehr interessant, Mathe mag sie dagegen gar nicht), ich vor Scham ein paarmal im Boden versinken möchte, ihr das aber nichts auszumachen scheint und wir jede Menge Spaß haben. Und gerade als die beiden sich wegen eines schlechten Bayern-Witz vor Lachen biegen, kommt mein Vater rein und macht das Bild.
Mein Vater hat es danach einrahmen lassen und es aufgehängt. Das nächste Bild in der Reihe ist ebenfalls von uns dreien. Das Datum weiß ich nichtmehr, deswegen drehe ich es um. Fünfzehnter Januar steht drauf. Auf dem Foto ist in der Mitte Max in einem Tyrannosaurus Rex-Kostüm. Behauptet zumindest er, für mich sah und sieht es wie ein stinknormaler Dino aus. Links neben ihm knie ich in einem lustigen Katzenkostüm mit einem Katzenohrenhaarreif auf meinem Kopf, rechts Bella in einem langen, komischerweise dunkelroten, Prinzessinnenkleid und einer Krone auf ihren langen, gewellten braunen Haaren. Wir umarmen beide Max so halber und grinsen alle drei glücklich in die Kamera. Auch wie es dazu kam, weiß ich noch.
Max wollte unbedingt sein Fasnachtskostüm schon jetzt holen - dabei war Fasnacht erst frühestens in einem Monat - aber er wollte und hatte sogar Bella gefragt, weswegen ich jetzt hier stehe und ihn amüsiert betrachte in seinem zu großen Dino-Kostüm. „Na, kleiner Dino-" will ich sagen, da unterbricht er mich auch schon und schreit fast: „Das ist ein Tyrannosaurus Rex, wann kapierst du das mal! Bella, sag ihr, dass das ein Tyrannosaurus Rex ist!", wobei er anklagend auf mich zeigt. Ich verdrehe nur die Augen. Bella, die stark versucht sich ein Lachen zu verkneifen, bemüht sich um ein gespielt ernstes Gesicht und sagt in einer ernsten Stimme: „Also wirklich Jona, das sieht doch ein Blinder, dass das ein Tyrannosaurus Rex und kein stinknormaler Dino ist!" Ihre Stimme wird gegen Ende immer höher, bis sie dann vollkommen in Lachen ausbricht. Auch ich kann mir ein fettes Grinsen nicht verkneifen und sage: „Tut mir leid, Sir! Also, du kleiner knuddeliger Tyrannosaurus Rex - können wir dann gehen?" „Vergiss es!" schnaubt der kleine Tyrannosaurus Rex und deutet anklagend auf mich: „Du brauchst auch noch eins!" Ich verdrehe die Augen. „Probier doch mal die Katze da!" schlägt mir Bella grinsend vor, worauf ich herausfordernd auf ein Prinzessinnenkostüm deute und antworte: „Nur, wenn du das anprobierst!" Sie nickt, steht lachend auf und legt ihre Jacke zu der von Max und geht mit einem herausfordernden Grinsen mit dem Kostüm in die eine Umkleide. Geschlagen seufze ich und ziehe ebenfalls meine Jacke aus und gehe mich umziehen. Das Kostüm passt ziemlich gut, und als ich rauskomme, trifft mich fast der Schlag, neben dem Dino steht eine wirkliche Prinzessin - das Kleid passt Bella wie angegossen und sie sieht wunderschön aus. „Wow", rutscht es mir raus, bevor ich mir es verkneifen kann, was Bella zum Grinsen bringt. „Dir fehlen noch die Ohren", stellt Bella fest, kommt zu mir und setzt sie mir vorsichtig auf. Dann zieht sie mich vor einen Spiegel, worin wir uns betrachten. Sie lächelt mich an und küsst mich auf die Wange, worauf ich ein vorsichtiges Grinsen wage. „Foto! Foto!" quengelt Max, weshalb ich kurzerhand die Verkäuferin bitte mit meinem Handy eins zu machen, was diese auch grinsend tut.
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Bella (girlxgirl)
Teen FictionWeil ich weiß, das Bella kommen wird. Weil Bella Vergangenheit und vielleicht Zukunft ist. Weil das halbe Jahr mit Bella das beste meines Lebens war. Weil ich acht Bilder mit Bella habe. Erstanden aus 10 Wörtern. Verbesserung zu dem Text hier er...