Kapitel 2《A》

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Caspar, Lorenz und ihre restlichen Männer kämpften tapfer. Sie versuchten so viele Werwölfe wie möglich von den Mauern der Burg fernzuhalten. Trotz ihrer Unterzahl hielten sie für eine Weile stand. Doch es wurden immer mehr. Die Männer wurden niedergemetzelt und die Brüder schwer verletzt. Sie wurden umkreist wie Beute. Geschwächt durch ihre Verletzungen fiel es ihnen schwer, ihre Schwerter den Feinden entgegen zu halten. Es war beinahe unmöglich. Sie sanken zu Boden, knieten auf dem nassen Grund. Caspar schloss die Augen und spürte den Regen auf seiner Haut. Er wusste, aus dieser Situation würde es keinen Ausweg geben. Niemals würden er und Lorenz es bis zu den Mauern schaffen, wo sie in Sicherheit wären. Sein Gedanke gleitete zu seinem Bruder. Er öffnete die Augen und suchte dessen Blick. Lorenz saß ihm gegenüber und hielt sich seine klaffende Wunde. Einer der Wölfe hatten ihn mit seinen Krallen erwischt und ihm die ganze linke Seite zerfetzt. Selbst wenn sie das hier überleben würden, gäbe es nur wenig Hoffnung, dass Lorenz die Nacht überstehen würde. Es tut mir leid. Ich hätte dich beschützen müssen. Nun wirst du durch meine Unachtsamkeit sterben, murmelte Caspar. Er konnte nicht aufstehen. Er selbst hatte eine tiefe Wunde am Bein davongetragen. So kroch er über den Boden zu seinem Bruder. Dieser war so geschwächt, dass er das Bewusstsein verlor und in die Arme seines Bruders fiel. Caspar drückte Lorenz an sich. Schlaf, kleiner Bruder. Es wird bald vorbei sein. Sein Blick wanderte zu den Werwölfen, die sie immer noch umkreisten. Ihre Zähne fletschend. Ihre Münder blutverschmiert. Ihr Fell durchnässt vom Regen. Ihre Augen glühten in der Dunkelheit. Sie fixierten ihn. Doch griffen sie nicht an.
“Nun macht schon! Bringt es endlich zu Ende!”, brüllte Caspar. Keine Regung der Wölfe. Kein Angriff. Es schien, als wüssten sie, wen sie vor sich hatten.
Caspar spürte, wie er schwächer wurde. Mehr und mehr verlor er das Bewusstsein. Das letzte, was er mitbekam, war das Erscheinen einer Armee, die die Wölfe abschlachtete. Dann verfiel er der Dunkelheit.

Von ihrem Standort auf der Mauer konnte Catarina das Geschehen auf dem Schlachtfeld vor ihr genau sehen. Sie sah, wie die Männer ihrer Brüder abgeschlachtet wurden. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihr entfuhr ein Schrei, als ihre Brüder verletzt wurden. “Nein!” Doch sie wusste, dass keiner sie so weit entfernt hören würde.
Kaya eilte ihrer Freundin zur Seite. “Catarina, sie nicht hin.” Doch ihre Worte stießen auf Granit. Stur schaute sie weiter zu, wie die Männer ihres Rudels starben. Wie ihre Brüder umkreist wurden wie Beute. Ihr Onkel und seine Männer waren noch zu weit entfernt, um ihnen zur Hilfe zu eilen. Catarina wollte nicht tatenlos zusehen, wie ihre Brüder niedergemetzelt wurden. Sie eilte zum Tor, doch zwei Wachen versperrten ihr den Weg.
“Lasst mich durch!”. Doch keine Regung.
Kaya erschien nun ebenfalls am Tor. “Catarina, sei doch vernünftig. Du kannst ihnen nicht helfen. Du würdest niemals rechtzeitig ankommen.” Catarina sah von der Wache zu Kaya, von Kaya zur Wache. Sie wusste, sie hatte keine Chance. Ihr Onkel hatte den Wachen verboten, das Tor nach seinem Verlassen zu öffnen.
In der Ferne war das Blasen eines Horns zu hören. Kaya sah hoch zur Mauer und zurück zu Catarina. “Das ist keines von unseren!”
Besorgnis war in ihrer Stimme zu hören und auch ihre Augen ließen diese erkennen.
Eilig, schon fast rennend, kehrten Catarina und Kaya auf die Mauer zurück. Der Regen erschwerte die Sicht. Nur mit höchster Konzentration konnten sie erkennen, was vor ihnen geschah. Eine ganze Vampirarmee tauchte plötzlich aus den Wäldern auf und metzelte die Werwölfe nieder. Es schien, als würden sie Caspar und Lorenz zur Hilfe eilen. “Was hat das zu bedeuten?”, dachte Catarina laut. Sie sah, wie die Vampire die Werwölfe zurück in die Wälder trieben. Dann umkreisten sie die beiden am Boden liegenden Brüder. Nun erreichte auch Rufus mit seinen Männern das Schlachtfeld. Beide Gruppen hielten sich die Waffen entgegen, doch die Vampire machten deutlich, dass sie nicht gekommen waren, um zu töten. Sie ergaben sich. Rufus ließ sie gefangen nehmen und eilte dann zu seinen Neffen. Bewusstlos lagen beide am Boden. Genau konnte Catarina nicht erkennen, was passierte. Ein Nebel zog herauf. Sie hörte ein weiteres Blasen eines Horns. Dieses Mal war es das Horn ihres Rudels. Es wies zum Rückzug an. In Windeseile galoppierte ihr Rudels mit den gefangen Vampiren zurück zur Burg, denn die Bestien versammelten sich erneut zum Angriff. Ihr Jaulen war in der Ferne zu hören.
Das Tor öffnete sich und die Hufen der Pferde waren auf dem steinigen Innenhof zu hören. Geschwind eilte Catarina, gefolgt von Kaya, hinunter zu ihrem Onkel. Dieser hatte seine beiden Neffen bereits zum Heiler bringen lassen. Caesar und Linus begleiteten sie. Die Vampire wurden ins Verlies geführt.
Catarina fiel ihrem Onkel um den Hals. “Ich hatte Angst, sie würden euch töten.” Sie löste sich aus seiner Umarmung. In seinen Augen erkannte sie Kummer und Sorge. Doch er wandte sich von ihr ab und seinen Männern zu. Er wollte sie nicht noch mehr bekümmern, als sie ohnehin schon war.
“Catarina.” Magnus gesellte sich nun an die Seite seiner Verlobten. Catarina sah in seine braunen Augen und konnte sein Mitleid erkennen. Angst machte sich immer mehr breit. Tränen stiegen ihr in die Augen. “Was ist mit meinen Brüdern? Sind sie tot?”
Magnus nahm ihre Hände in seine und schüttelte den Kopf. “Caspar wurde am Bein verletzt. Er wird wieder gesund. Doch Lorenz…”, er machte eine Pause. “...Wir wissen nicht, ob er die Nacht überstehen wird.”
Kaum waren die Worte ausgesprochen, stieg Panik in Catarina auf. Sie entzog ihre Hände denen von Magnus und ging zwei Schritte rückwärts. Ein Blick auf ihre Hände. Sie zitterten. Ein weiterer Blick zu Rufus. Er erwiderte. Der nächste Blick galt Magnus. Er sprintete auf sie zu. Das war das letzte, was sie sah. Dann fiel sie in Ohnmacht.

Blut und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt