Gespräch mit einem Mörder

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Mit schwitzigen Händen öffnete ich die schwere Metalltür, die ein unangenehmes Quietschen von sich gab und schluckte hart, als ich den Raum betrat. Ich konnte nicht abstreiten, dass ich nervös war, aber ich versuchte es dennoch zu verstecken. Die grauen Betonwände sahen nicht sehr einladend aus, genauso wie die Einrichtung, die eigentlich nur aus einem normalen rechteckigen Tisch bestand und zwei Sesseln, die je an einer der breiteren Seiten des Tisches aufgestellt waren. Der eine war schon besetzt und mein Herzschlag beschleunigte sich noch mehr, verdammt ich wollte doch unauffälliger sein. Ich setzte mich auf den noch freien Sessel und versuchte irgendwie locker zu wirken oder zumindest nicht so angespannt, wie ich es gerade wirklich war.

Doch vergebens, wie sich kurz danach herausstellte, denn kaum hatte mein Gegenüber den Kopf gehoben, sah man ein überlegendes Grinsen auf dessen Gesicht und er sagte mit unerwartet tiefer Stimme, die mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte: „Sie haben Angst." Ich weitete die Augen, war unfähig zu antworten und wüsste auch gar nicht, was ich antworten hätte können, da diese winzige Aussage, die nur aus drei Wörtern bestand, mich derart aus dem Konzept brachten. Stattdessen lief ich rot an und schaute weiterhin sprachlos und mit leicht geöffneten Lippen zu meinem Gegenüber, er hatte mich ertappt.

Das konnte ja noch was werden, ich hatte dem jungen Mann, angeblich ein Mörder, noch keine einzige Frage gestellt und bereute es trotzdem diesen Fall angenommen zu haben. Es war nicht der erste Mörder, dessen Gründe ich herausfinden sollte, doch aus irgendeinem Grund war er anders und anders passte mir in diesem Fall so gar nicht. Aber ändern konnte ich es jetzt auch nicht mehr, ich hatte den Fall angenommen und meinem Chef versprochen, die ausgefüllten Dokumente so bald wie möglich an das Gericht zu schicken. Kneifen konnte ich also nun nicht mehr und so räusperte ich mich schließlich und versuchte jegliches Zittern meiner Stimme zu vermeiden: „Also Taehyung, hier steht, du bist 21 Jahre alt, arbeitest neben dem Studium ehrenamtlich im Pflegeheim und", ich schluckte mehrmals hart und konnte dennoch den Satz nicht zu Ende sprechen. Doch das nahm mir netterweise mein Gegenüber ab: „und habe meine Arbeitskollegin umgebracht", seine Stimme klang ruhig, neutral und emotionslos. Fast so, als würde ihm das alles nicht interessieren oder gar nicht erst betreffen, doch war scheinbar das Gegenteil der Fall. Ich beschloss es erstmal dabei zu belassen und machte weiter, nur konnte ich mit seiner ruhigen Stimme nicht wirklich mithalten, der zittrige Ton war gut herauszuhören: „Du und deine Arbeitskollegin, ihr standet euch laut anderen Kollegen und Patienten ziemlich nahe, habt auch die gleiche Uni besucht."

Ich schaute wieder auf, das waren alle Informationen, die ich schon vor ein paar Tagen zugeschickt bekommen hatte, nicht sehr viel, aber mehr als bei so manchen anderen Tätern: „Sag mal, Taehyung", er unterbrach mich: „Wieso duzen Sie mich eigentlich? So viel älter sind sie doch gar nicht." Er hatte mich erneut aus dem Konzept gebracht und meine Wangen verfärbten sich wieder leicht rosa, aber diesmal gewann ich schneller wieder an Fassung: „Ahm, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass sie Siezen sollte, Taeh-, Herr Kim." Ich wartete darauf, dass er noch irgendwas sagen würde, doch da auch nach einer ganzen Weile nichts von ihm kam, ergriff ich bald wieder das Wort: „Auf jeden Fall, habe zumindest ich das Gefühl, das sich das Ganze ziemlich widerspricht. Sie arbeiten ehrenamtlich in einem Pflegeheim und sollen trotzdem einen Mord an einer Freundin begangen haben?", er zuckte nur mit den Schultern: „Wieso sollten Sie, ein Mann, den sich wahrscheinlich viele Mütter als Schwiegersohn wünschen, der sozial arrangiert ist und gleichzeitig auf seine Ausbildung achtet, plötzlich zum Mörder werden? Dazu noch der Mörder einer Person seines Freundeskreises?", ich schaute ihn fragend an, worauf er wieder mit den Schultern zuckte, diesmal aber auch etwas sagte: „Keine Ahnung." Diese Antwort war nicht viel hilfreicher als das Schulterzucken und so ging ich nicht weiter darauf ein: „Wo soll da ein Sinn sein?"

„Es gibt keinen Sinn, weder da noch dort", nun konnte ich die Antwort nicht ignorieren, sie schien wichtig, nur verstand ich sie halt nicht: „Wie meinen Sie das?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 18, 2017 ⏰

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