3.Brief

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An einem mich zerreißenden Ort am 7. November diesen Jahres

Asami,

Draußen ist es inzwischen dunkel und recht kalt geworden.

Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich nicht, wie lange es her ist, dass ich dir das letzte mal einen dieser Briefe geschrieben habe.

Diese Briefe, die ich schreibe, obwohl ich nicht weiß wohin ich sie schicken soll, diese Briefe, die sich in meinem Notizbuch häufen und einem die Illusion einhauchen, sie hätten dich erreicht.

Ja einen dieser Briefe schreibe ich jetzt und obwohl es mir noch schwer fällt habe ich jetzt etwas neues gelernt:

Vertrauen

Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten;

Vertrauen in die Menschen um mich herum;

Vertrauen in dich

...

Vertrauen darauf, dass wir uns wiedersehen werden

Es ist viel passiert seit damals ... sehr viel ... eigentlich sogar zu viel, um es in diesen paar Zeilen zu erklären.

Mit Einbruch des Winters und der zunehmenden Kälte in den Bergen, habe ich die Hütte und den alten Mann verlassen ... ich gebe zu, er fehlt mir jetzt schon.

Seinen Geschichten zuzuhören hat mir Kraft gegeben und mich von diesem Schicksal abgelenkt. Anfangs habe ich mich über seine Geschichten nur aufgeregt und nie wirklich zugehört, doch mit der Zeit begann ich zu verstehen, was er mir damit eigentlich sagen wollte.

In allen seinen Geschichten befanden sich kleine Lehren und Hinweise, die mich nach und nach beeinflussen zu schienen, ich wurde ruhiger und aufmerksamer und lernte zu vertrauen.

Gerade deswegen fiel mir der Abschied wahrscheinlich auch so schwer, er war für mich zu Jemandem geworden, den man wie einen Mentor betrachten konnte und der immer für einen dar war.

Das ist wird er für mich wohl auch immer bleiben.Es ist schade, dass du ihn nie kennenlernen wirst, denn auch ich werde ihn nie wieder sehen ...

schließlich gehe ich an keinen Ort zweimal.

Und trotzdem macht sich in mir das Gefühl breit, dass mich dieser Aufenthalt verändert hat.

Und trotzdem ...

... es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denken muss.

Inzwischen befinde ich mich wieder in einer Stadt, wo genau diese liegt kann ich dir nicht sagen ... darf ich dir nicht sagen.

Ich versuche unsichtbar zu sein, bin untergetaucht, habe meinen Namen verändert und gebe mich für einen einfachen Oberschüler aus.

Selbst mein Aussehen hat sich so weit verändert, dass ich manchmal denke dass der Typ im Spiegel ein völlig Fremder ist.

Ob du mich noch erkennen würdest?

Ich kann dir nicht sagen, wie lange ich noch an diesem Ort bleiben werde, vermutlich noch ein paar Wochen, vielleicht einen Monat, vielleicht zwei.

Ich habe dir das nie erzählt doch ich selbst habe mein Leben als Schüler gehasst.

Aufgewachsen als Einzelkind mit Eltern, die stets die Bestleistungen von einem verlangten und in ihren Augen mit dem Fehler geboren nur ein Durchschnittsschüler zu sein.

Freunde zu denen ich hätte flüchten können, hatte ich nicht.

Ich weiß auch nicht, warum ich dir das Alles überhaupt erzähle oder vielmehr versuche es dir zu erzählen.

...

...Doch

Eigentlich...

...Weiß

Ich...

...Es

Seit du gegangen bist habe ich es bemerkt.

Es ist als würde ein Teil von mir fehlen, ein Teil der an dem Tag verschwunden ist, als sich unsere Wege trennten.

Dieser Teil hat ein Loch in meinem Inneren hinterlassen, ein Loch das nicht gefüllt werden kann und das stetig größer wird.

Ich erinnere mich momentan an sehr viele Dinge, die ich längst vergessen hatte, sie tauchen immer wieder auf als würden sie sagen wollen,

„ Egal wie stark du es versuchst, du darfst es nicht vergessen! "

und mich in die immer größer werdende schwarze Ecke zu drängen.

Ich halte das nicht mehr lange aus.

Ich habe Angst.

Asami wo steckst du ... zeig dich... ich wäre schon glücklich über einen kurzen Augenblick.

Der dessen Name nich mehr existiert, doch dessen Namen du trotzdem nie vergessen vergessen darfst, weil er sonst gänzlich verschwinden würde.

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Letters to AsamiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt