Stumm blickte sie aus dem Fenster.
Hinunter zur stark befahrenen Straße, genau um die Mittagszeit.
Eigentlich hat sie keine Zeit vorbeifahrende Autos zu beobachten.
Die hat sie nie.
Aber das wiederkehrende Schauspiel fasziniert sie.
In ihrer Wohnung war es kalt. So kalt das sie im dicken Pullover und einer frisch gebrühten Tasse Tee vor dem Fenster stand.
Wieder ein Auto.
Noch eins.
Zwei.
Vier.
Die Ampel vor der Kreuzung ist wohl gerade erst Grün geworden.
Am Ende des Raumes ertönte ein klopfen.
Sie antwortete nicht.
Dies wollte sie auch nicht, schliesslich würde ihre Pflegerin wieder im Dreieck hüpfen.
Ja das würde sie.
Im Dreieck hüpfen.
Auf und ab.
Doch regen würde sie sich deswegen nicht.
"Joanna? Bist du wach?"
Nein, dachte sie und nippte an ihrem Tee.
Ich träume.
Sie weiß es schon längst und gefühlt hat sie es allemal.
Sie wirken nicht mehr.
Ihre Medikamente.
Aber sagen tut sie dies nicht. Das tut sie sonst auch nie.
Still beobachtete sie die vorbeiziehenden Autos.
Allein und verletzt.
Aufgefressen von ihrem eigenen Kummer.
Ein Fels in der Brandung besaß sie nun nicht mehr.
So lohnte es sich nicht gegen die Flut anzukämpfen.
Loslassen hatte sie widerwillig gelernt.
Und wieder folgten vier Autos und ein Bus die Straßenrichtung.
Nicht mehr lange und das nervige warten hatte ein Ende.
Freiheit, dachte sie.
Wie gerne würde sie etwas davon kosten.
Aber alles hat seinen Preis.
Und akzeptabel war dieser nicht.
Wieder brausten Autos an dem großen Gebäude vorbei.
Sie verglich sie mit ihrer ständig dahin fließenden Zeit.
Et würde sie auch holen kommen, also warum warten?
Tränen liefen ihr über die geröteten Wangen.
"Joanna! Mach die Tür auf!"
Plötzlich glitt ihr die Tasse aus der Hand.
Sie bemerkte es nicht und griff ohne auf Verluste zu achten in die Scherben hinein.
Als suche sie nach Antworten, wühlte sie in den Scherbenhaufen rum.
"Joanna! Was ist passiert und was machst du?"
Es beenden.
Sie nahm eine Scherbe.
Legte sie senkrecht an ihren Arm.
Sanft drückte sie auf.
Plötzlich schaltete es auf grün.
Unzählige Autos schwirrten an dem Krankenhaus vorbei.
Ihre Geschwindigkeit war atemberaubend.
Langsam zog sie den scharfen Gegenstand ihrem Arm hoch.
Blut trat aus der gezeichneten Wunde, die ihr die Erlösung bringen sollte.
Aufeinmal kollidierten die Autos miteinander.