Wie lange muss man einen Menschen kennen, um ihn wirklich zu kennen? Reicht es, wenn man ihn zwei Mal gesehen hat, zwei bis drei Stunden über pauschale Ereignisse und Gedanken geredet hat? Oder muss man sich Mühe geben, um einen Menschen kennen zu lernen? Reicht der erste Eindruck, den ich nach dem ersten Treffen habe, um zu entscheiden, ob ich etwas mit der Person zu tun haben will? Oder muss ich immer eine zweite Chance geben, egal wie komisch das erste Treffen war?
Will ich jemanden überhaupt wirklich kennenlernen? Oder ist es am Ende doch nur eine weitere Möglichkeit meine überaus spannende Persönlichkeit zur Schau zu stellen und mich in Komplimenten über meine Ausdrucksweise zu sonnen?
Ich denke immer noch so viel nach. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht einfach nur da sitze, Musik hörend oder auch nicht, und einfach nichts mache. Meine Gedanken wandern durch Raum und Zeit, ohne, dass ich es merke. Erst, wenn jemand mich aus dieser Traumwelt aufschreckt, wird mir bewusst, dass ich nicht weiß, worüber ich zwei Stunden lang nachgedacht habe. Ich kann nicht in Worte fassen, ob ich überhaupt gedacht habe. Weil manchmal kommt in mir der Zweifel auf, ob ich überhaupt weiß, was es heißt zu denken.
Denken ist in meinem Kopf immer ein Gespräch. Mit wem spielt keine Rolle. Aber mein Gegenüber stellt mir eine Frage oder sagt etwas. Und daraufhin stelle ich mir vor was ich darauf antworten würde. Und dann seine Antwort und wieder meine. Ich kann stundenlang ein sehr interessantes Gespräch führen, ohne ein einziges Wort zu sagen. Doch wenn mich jemand fragt, woran ich gedacht habe, sage ich -alles-. Weil das das einzige ist, was ich antworten kann. Ich kann ja schlecht sagen -ich habe in meinem Kopf ein Gespräch über Musik geführt- Oder doch?
Wie denken andere Leute? Konzentrieren sie sich auf ein Thema und stellen eine Pro-/Contra-Liste auf? Oder erinnern sie sich an berühmte Zitate von Philosophen und beantworten jede Frage in ihrem Inneren damit?
Wie denken andere Leute? Wieso sagen Leute mir, ich würde zu viel denken, wenn mein Kopf eigentlich immer leer ist? Wenn ich drüber nachdenke, denke ich gar nicht. Ich tue nichts. Für andere sieht es offensichtlich aus, als würde ich denken, wenn ich mit leeren Augen die Decke anstarre. Aber eigentlich ist der einzige Gedanke in meinem Kopf während ich so da liege, was antworte ich, wenn jemand mich fragt, was ich gerade denke? Sage ich, dass ich mir vorgestellt habe, was ich auf diese Frage antworten kann? Oder sage ich lieber -alles-. Meistens sage ich alles. Und sie antworten mit -und nichts-. Dann lache ich und ziehe mich wieder in das imaginäre Gespräch zurück.
Wie gut muss mich jemand anderes kennen, um zu merken, dass ich anders bin? Fällt es auf den ersten Blick auf? Oder sehe ich normal aus, bis ich den Mund aufmache und erzähle, was in mir vorgeht? Bin ich einfach nicht für das soziale Leben geschaffen, oder passe ich einfach nicht zu den Menschen um mich herum? Ist es normal, dass selbst Grammatik und Ausdruck in meinem Kopf stimmen müssen und ich daher fünf Minuten darüber nachdenke, wie ich etwas am besten ausdrücke, obwohl ich mir sowieso selber antworten werde und daher genau weiß, was ich sagen will?
Und obwohl ich das Gefühl habe nicht zu denken, sind die Gedanken überall. Abends, wenn ich alleine bin sind es so viele, dass ich nicht mehr alleine davon loskomme. Ich kann nichts gegen die scheinbare Gedankenflut tun, die sich nach kurzem Überlegen als nicht vorhanden herausstellt. Und doch trifft es mich immer wieder. Dass nicht vorhandene Gedanken so eine Wirkung auf mich haben können, hätte ich mir nie vorstellen können. Als würden sie mich fest halten und nicht zurück in die Realität lassen wollen. Ich verstehe nicht, wie ich so in meinem eigenen Kopf gefangen sein kann.
Es gibt nur zwei Sachen, die dagegen helfen. entweder ich trinke, bis die Welt rosarot erscheint und die Gedanken keinen Weg mehr in mein benebeltes Inneres finden, oder füge mir selbst Schmerzen zu. Beide Optionen sind weiß Gott nicht optimal. Aber es sind die einzigen, die helfen. Nur momentan aber immerhin.
Egal, wie sehr und wie oft ich mir den Kopf zerbreche, es kommt nichts dabei raus. Ich verstehe mein Gehirn nicht. Ich verstehe nicht, wie es weiß, was es weiß, wie es die Schlüsse zieht, die es zieht. Woher weiß mein Gehirn so viel? Und wieso fühlt es sich nicht an, als wäre mein Gehirn ein Teil von mir? Klingt verwirrend aber pass auf. Ich erkläre es dir. Ganz einfach. Ich bin ich. Ein Mensch, der gerne in einer Ecke sitzt und in seinem Inneren ein Paradies hat. Nur meins. Aber mein Gehirn ist nur teilweise ein Teil von mir. Mein Gehirn weiß Sachen, die ich nicht mal wissen wollte. Natürlich lachst du jetzt und sagst -was soll das hier? Natürlich ist mein Gehirn ein Teil von mir. Sonst könnte ich ja nicht denken. Nicht mal leben um ehrlich zu sein.- Aber denk bitte nächstes Mal, wenn du nichts zu tun hast darüber nach, ob du weißt, wieso dein Gehirn Dinge weiß. Ich fühle mich immer unwissend im Gegensatz zu ihm. Ich bin es ja auch, ohne Frage. Denn alle Dinge, die ich glaube zu wissen, weiß eigentlich mein Gehirn und nicht ich. Und dagegen kann man nichts machen.
Und nun zurück zum Ausgangspunkt: Wie gut muss ich jemanden kennen, um ihn wirklich zu kennen?
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Paradies in mir
RandomDas wird keine wirkliche Geschichte. Soll es jedenfalls nicht werden. Vielleicht wird es aber doch eine. Es ist eher ein innerer Monolog. Und Achtung. Deep-Shit-Gefahr.