Kiro
Kiro schlief tief und fest. Mit einem Mal traf ihn etwas gegen den Kopf, worauf er sich grummelnd tiefer ihn seinen Polster kuschelte. Doch auch ein zweites und ein drittes etwas trafen ihn, worauf er sich verschlafen aufsetzte. Wenig später flog ein viertes Steinchen gegen das Glas Wasser auf seinem Nachttisch, welches umfiel und seinen Inhalt über das alte, schon etwas mitgenommene Taschenbuch übergoss. Schnell zog er es weg und stellte das Glas wieder auf, doch anstatt das Wasser aufzuwischen, ging Kiro zu dem Fenster, das wegen der schwülen Junihitze offen stand. Draußen lächelte ihn seine beste Freundin Jace Waterlands an, die Schirmmütze warf einen Schatten auf ihre Augen, trotzdem war ein Funkeln in ihnen zu sehen. "Du hast Glück, dass mein Zimmer im Erdgeschoss ist und Kinter einen tiefen Schlaf hat" ,zischte er ihr zu, Kinter war sein Mitbewohner. Ein fauler Genosse, der meistens erst in der allerletzten Sekunde aufstand. "Ich wäre auch gekommen, wenn es auf dem Dach wäre und Kinter würde ich nicht mal wecken, wenn ich mit einem Traktor kommen würde" ,gab sie zurück. "Ich hab eine ganz tolle Idee" ,fuhr sie fort, als er nicht antwortete und Kiro stöhnte bei diesen Worten auf. Durch Jace' tolle Ideen war er schon oft in Schwierigkeiten gelandet. Einmal hatte sie ihn überredet ihr zu helfen aus dem Holz einer nahen Weide ein Floss zu bauen. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass sie es auf dem Sturmfluss zu Wasser lassen wollte, denn dieser Fluss hieß nicht umsonst so. Es hatte damit geendet, dass sie klatschnass und total verfroren aus dem Fluss gezogen werden mussten. Kiro hatte für dieses kleine Abenteuer damit mit zwei Wochen Ausgehverbot und Teller waschen bezahlen müssen.
Das Internat, in dem er wohnte, welches direkt neben Jace' Waisenhaus lag, war sehr streng, (vor allem was Jace anging). Sie war die Einzige, die oft zu dem großen Gebäude ging und auch die Einzige der es verboten war sich dort aufzuhalten. Nach jahrelangem Streichespielen, manchmal mit Kiro, manchmal ohne ihn, war sie bei den Lehrern und Schülern nicht sehr beliebt. Doch anders als die anderen Schüler mochte Kiro Jace, sie war nett und lustig, wenn sie nicht gerade mitten in der Nacht an seinem Fenster stand, um ihm eine ihrer 'tollen' Ideen zu präsentieren. "Wir hauen ganz einfach ab!" ,ihre Augen glänzten abenteuerlustig, "ich weiß das du Alchess nicht magst, du willst ein Abenteuer leben, so wie die Helden aus den Büchern, die du immer liest." Das stimmte, Kiro hasste das Internat, welches nach seinem Gründer Edwert Alchess benannt war und in dem er aufgewachsen war, da seine Eltern frühzeitig verstorben waren. Das war das einzige, in dem sich Jace und Kiro ähnelten; sie waren beide Waisen. Nur war er vom Internat 'adoptiert' worden, bevor er in das grässliche Waisenhaus direkt daneben gesteckt wurde. "Aber wie willst du abhauen?" ,fragte er, er hoffte und fürchtete gleichzeitig, dass Jace auch schon dafür gesorgt hatte. Sie zupfte verlegen an ihrer, viel zu großen Jacke herum. "Na ja", murmelte sie, "es ist nicht ganz ungefährlich, aber ich habe einen Plan." Trotzig streckte sie das Kinn vor. "Und du kommst mit." "Du kannst mich nicht zwingen",entgegnete Kiro, obwohl er wusste, dass Jace ihn gut genug kannte um ihn überzeugen zu können. "Bitte! Ich weiß doch, dass du was erleben willst, du findest das Internat total langweilig, doch anstatt dein eigenes Abenteuer zu erleben, liest du viel lieber die deiner blöden Romanfiguren." Kiro seufzte noch einmal, sie kannte ihn einfach zu gut, schon seit Jahren wollte er sein eigenes Abenteuer erleben. Aber war er wirklich bereit dafür alles aufzugeben? "Jace, ich weiß nicht, es ist eine große Entscheidung. Ich muss noch mal darüber nachdenken." "Ich weiß, aber es wäre besser gleich aufzubrechen, bevor..." "Bevor was Jace?" ,knurrte Kiro, wenn Jace etwas Verbotenes getan hatte, dann musste er handeln. "Nichts, nichts, erzähl ich dir nur wenn du mitkommst" ,ihre Augen sprühten nur so und sie grinste siegessicher. Nur weil er es wissen wollte würde er nicht mitkommen, aber er würde sie nicht allein etwas Gefährliches machen lassen. "Na gut" ,antwortete er nach einem Moment Stille, "ich komm mit." Vor Freude quietschend umarmte Jace ihn stürmisch. "Ich wusste doch das du mitkommst" ,rief sie aufgeregt. Kiro lächelte, ihre Euphorie war ansteckend. "Wer bin ich?" ,fragte er, noch immer mit einem breitem Grinsen im Gesicht. "Du bist der Beste" ,antwortete Jace brav, "morgen Abend geht's los. Pack Essen, Gewand und Geld ein. Wir treffen uns um acht bei der Donnereiche." Mit diesen Worten verschwand sie lautlos im Gebüsch, na ja, lautlos nicht unbedingt, aber die Schatten hatten sie verschluckt und die Nachtgeräusche wurden wieder lauter. Während Kiro noch immer am Fenster stand und überlegte, ob diese Entscheidung klug gewesen war.
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Phönix
FantasyJace und Kiro kennen sich schon seit einer Ewigkeit und sind beste Freunde. Doch an ihren sicheren, wenn auch nicht wirklich spaßigen Leben, ändert sich so einiges, als Jace den Einfall hat abzuhauen. Nach einigem Zögern, Unfällen und mystischen Wei...