Ich weiß nicht wer überraschter ist, dass das Kapi endlich kommt, ihr oder ich.
Jace
Jace und Relet bildeten mit Steinen einen kleinen Kreis. Sie mochte Relet zwar nicht, hatte aber Respekt vor Allony. Jace war noch nie jemand so netten begegnet. Normalerweise rümpften die Leute bei ihrem Aussehen die Nase und musterten sie mit abschätzigen Blicken. Das beste was ihr passieren konnte war Mitleid. Aber das brauchte Jace nicht, hätten die Leute mal Mitleid mit ihrer Mutter gezeigt. Die war eines Tages einfach umgefallen und nicht wieder aufgestanden und obwohl Jace geschrien und um Hilfe gebettelt hatte, war niemand gekommen. Und wenn man einem sechsjährigen Kind und seiner am Boden liegenden Mutter nicht half, dann brauchte man auch kein Mitleid mit einer vierzehnjährigen Waisin haben.
Relet setzte sich ins Gras und Jace tat es ihm gleich. Sie versuchte sich so hinzusetzen, dass sie weder Relet anschauen, noch direkt neben ihm sitzen musste. Jace mochte ihn einfach nicht. Er war genauso wie die Jungs zuhause, hochnäsig und sich für was besseres haltend. Solche Leute begneten ihr durchgehend, nur weil sie dreckig und umgekämmt war. Und, na gut, auch weil es mit ihrer Grammatik noch haperte.
Sie war mit ihrer übergroßen Jacke und dem schmutzigen Top aber noch immer angenehmer anzuschauen als Relet. Er hatte ein dunkelblaues Hemd mit Rüschen und eine feine Anzughose an. Im verdammtem Wald. Da war Allony mit ihrem Nonnenkostüm noch besser dran.
Relet sah im generellen komisch aus. Als wäre er von einem Künstler gezeichnet und dann von einem Kleinkind ausgemalt worden. Er hatte rabenschwarze Haare (ein wenig kürzer als Kiros), hatte ein spitzes Kinn und war total blass. Er hatte tiefe Augenringe und hohle Wangen, als hätte er wenig geschlafen und gegessen. Am merkwürdigsten waren seine Augen; das rechte war leuchtend blau, das linke in einem hellen grün.
Auch wenn er anders aussah als die Jungen aus der Stadt. Im Inneren war er doch genauso wie die anderen."Und du bist auch ein Abanamandla?" ,fragte Jace ihn nach einer Weile, die Stille ging ihr auf die Nerven. "Und hast einen geheimen Namen, und so."
"Nein" ,antwortete Relet. Er schien kurz zu zögern. "Aber mein Bruder ist einer... und meine Eltern." Er straffte die Schultern. "Aber meine Eltern sind bescheuert" ,er sagte es in einem trotzigen Tonfall, als wollte jemand dies bestreiten.
"Meine Mutter war sehr nett, nur leider verrückt" ,meinte Jace und Relet schnaubte belustigt. "Die Leute haben eine Menge über sie geredet."
"Das kenne ich. Mein Leben besteht praktisch nur aus Vorurteilen."
"Haha ja, meins auch."
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus und Jace war froh, als sie Kiro und Allony aus dem Wald stapfen sah. Beide waren mit Holz beladen und legten es vor dem Steinkreis ab.
"Na dann machen wir mal Feuer und Abendessen" ,sagte Allony fröhlich.Es war gemütlich am Feuer zu sitzen und zu essen. Weniger gemütlich war der dunkle Wald im Rücken, oder die Stille. Jace verspürte einen leichten Stich Schuldgefühle, da es vermutlich zum Teil ihre Schuld war.
"Also Allony" ,unterbrach Jace das Schweigen nach einer Weile. "Was machst du eigentlich mitten im Wald, mit... hmm, deiner Begleitung?"
"Ich bin weg von zuhause und hab Relet im Wald getroffen und dann haben wir uns eben gemeinsam durch die Büsche geschlagen."
"Und warum bist du weg von zuhause? Wegen deinen Geschwistern?"
Allony lächelte, bei dem Gedanken. "Nein, nun ja, ich weiß nicht genau. Ich hab mich ein wenig gefangen gefühlt, ich denke ich wollte raus aus dem Trott." Sie schien über ihre Worte nachzudenken, sah dann aber wieder Jace an.
"Ich war mein ganzes Leben auf einem Bauernhof. Erzähl, wie ist es so in der Stadt zu leben?"
Jace zuckte mit den Schultern. "Vermutlich nicht so toll, wie du dir vorstellst. Aber hey - ich hab Essen, ein Dach überm Kopf und freie Bildung bekommen." Sie stieß Kiro mit dem Ellbogen in die Seite.
"Du hast Jace unterrichtet?" ,fragte Allony Kiro. Der zuckte mit den Schultern. "Nur so Grundwissen, wie schreiben, lesen und rechnen. Nicht viel."
"Ja, ich kann 'Photosynthese' schreiben und ich weiß was es ist" ,meinte Jace stolz.
"Gratuliere Jacie, der erste Erfolg deines Lebens? Und 'Gratuliere' schreibt man übrigens mit langem 'i'." Relet schnaubte abschätzend.
"Hey Relet, sie kann ja nichts dafür lass sie in Ruhe" ,ging Kiro dazwischen. Jace war ein wenig enttäuscht, sie hatte kurz gedacht, dass Relet vielleicht doch nicht so schlecht war und jetzt stellte er sich doch als Mistkerl heraus. War ja klar.
"Ich vergaß, dass eure Majestät so schlau ist" ,fauchte Jace ihn an.
"Wenigstens schaffe ich es mich angemessen zu kleiden und nicht vor Dreck zu starren!"
Jace schlug sich gespielt überrascht die Hand an die Stirn. "Jetzt weiß ichs!" ,rief sie, "Du tust ganz besonders vornehm und passt deine Sprache deinem Kleiderstil an. Jetzt mal ehrlich, wer trägt denn Rüschenhemden??"
Im Feuerschein konnte man es nicht genau sehen, aber Relets Wangen wurden ein wenig rot. "Das ist doch nicht meine Schuld, wenn ich nichts anderes habe!" ,blaffte er.
"Ja, aber es ist meine, wenn ich nur dreckige Sachen hab."
"Ok, ja, tut mir Leid."
"Nachdenken bevor man-"
"Jace, es reicht" ,unterbrach Kiro sie. "Er hat sich entschuldigt, alles ist-"
Er stoppte aprubt und drehte sich zu Allony, die sich auf einmal kerzengerade hingesetzt hatte (naja, noch gerader. Sie hatte davor auch schon sehr gerade gesessen).
"Hört ihr das? Das raschelt etwas" ,flüsterte sie.
"Wahrscheinlich ein Tier, wir sind ja in einem Wald" ,sagte Kiro, doch auch er hatte die Stimme gesenkt.
"Ist da jemand?" ,rief Jace in die Stille und wurde sofort von drei Seiten gleichzeitig angeshht.
Relet nahm langsam das Messer mit dem er das Fleisch geschnitten hatte und erhob sich. Jace wollte dasselbe tun, doch bevor sie aufstehen konnte, rammte etwas gegen sie und sie fiel ins Gras.
Etwas Schweres lag keuchend auf ihr, Jace zog instinktiv die Beine an und streckte mit ihren Armen das stinkende, zitternde Erwas von ihr. Zuerst sah sie nur einen Haufen Haare, doch dann leuchtete ihr ein Augenpaar entgegen und sie schrie verdutzt auf.
"Geh weg von mir!" ,rief sie und wollte den alten Mann wegdrücken. Jace kämpfte sich unter ihm hervor, (es war ihr egal ob sie ihn trat oder schlug) doch bevor sie sich aufrichten und in Sicherheit bringen konnte, packte der Kerl ihr Handgelenk.
"Hör mir zu" ,krächzte der Mann, lauter als sie gedacht hatte. Verzweifelt versuchte Jace sich loszureißen, aber die Hand war wie ein Schraubstock.
"Ich will dir nicht zuhören!" ,kreischte sie und schlug ihm blindlings ins Gesicht. Der Alte zuckte kaum mit der Wimper und starrte sie weiter durchdringend an.
"Bring es zum Schattenberg" ,sagte er schwer keuchend und hielt Jace seine andere Hand vors Gesicht, er schien etwas darin zu halten. Eine graue Kette mit angelaufenem Medaillion baumelte von seinen Finger.
"Nimm es!"
"Nein! Lass mich los!"
"Du musst es nehmen, schnell. Bring das Phönix-Medaillion zum Gipfel des Schattenberges in fünf Tagen, sonst... sonst" ,er schnappte nach Luft und sein stinkender Atem peitschte Jace ins Gesicht. "Es wird so sein, ich kann nicht-" Er kippte auf einmal nach vorne, Jace Handgelenk noch immer fest umklammert.
"Kiro hilf mir" ,jammerte sie, "er lässt mich nicht los!"
"Ist er tot?" ,fragte Allony und kam näher. Sie war sehr blass im Gesicht.
"Keine Ahnung, er soll mich einfach nur loslassen!"
"Er ist sehr wahrscheinlich tot. Ich spüre keinen Puls, wir müssen seine Finger aufbiegen um dich rauszubekommen" ,murmelte Kiro.
"Mach ihn einfach weg!"
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Phönix
FantasiaJace und Kiro kennen sich schon seit einer Ewigkeit und sind beste Freunde. Doch an ihren sicheren, wenn auch nicht wirklich spaßigen Leben, ändert sich so einiges, als Jace den Einfall hat abzuhauen. Nach einigem Zögern, Unfällen und mystischen Wei...