Kapitel 5

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Der nächste Tag beginnt wie jeder andere auch. Der nervige Ton meines Weckers schmeißt mich unsanft aus dem Schlaf und ich brauche fünf Minuten, um überhaupt die Augen öffnen zu können.

Lustlos stehe ich auf und schiebe die Tür meines Kleiderschranks auf. Die Gedanken und Sorgen machen sich wieder in meinem Kopf breit und ich seufze. Ein Grund, warum ich meinen Schlaf liebe: Keine Gedanken, die mich plagen und drohen, zu Erwürgen.

Und ausgerechnet jetzt muss auch noch dieser Idiot in mein Leben treten, der mich so gefährlich angesehen hat und sich als mein Daddy bezeichnet hat. Auch wenn wir uns nur für ein paar Sekunden begegnet sind, auch wenn unser Augenkontakt nur einen Moment dauerte, hat sich dieses Ereignis in meinen Kopf eingebrannt. Seine braunen Haare, die ihm wild ins Gesicht gefallen sind. Seine dunklen Augen, die mich fixiert haben.

Heute ist Dienstag, das heißt, ich werde wieder von meinem Musiklehrer gezwungen, den Kleinen Klavierunterricht zu geben. In der großen Pause. Ich meine okay... Ich esse in der Pause nicht und Freunde, mit denen ich mich hätte abgeben können habe ich auch nicht. Viele würden das als traurig bezeichnen, aber ich bin dran gewöhnt. Und nach so vielen Jahren habe ich auch keine Probleme mehr damit.

Ich verlasse gerade das Haus und lasse die sanfte Morgenbrise um meine Ohren wehen, als ich die Vibration meines Handys in meiner Hand spüre.

s.h💤
hallo, babyboy.

Ich muss nicht mal auf das Profilbild schauen um herauszufinden, wer mir gerade geschrieben hat. Wieder das Bild seiner dunklen, wunderschönen Augen mit seinen Haaren schlaff davor hängend vor meinem inneren Auge. Ich male mir aus, wie sein Lächeln aussehen könnte, während ich mir meine Kopfhörer in die Ohren stecke und meine Musik starte. Ich antworte ihm gar nicht erst, da mir so eine Aktion echt als ziemlich blöd vorkommt. Wenn ich jemanden mag, falle ich doch nicht mit der Tür direkt ins Haus, oder habe ich da was nicht mitbekommen, in meinem sozial zurückgezogenen Leben?

Abgesehen von der Oberflächlichkeit und entblößten Dummheit dieser einzelnen zwei Worten, bin ich auch kein großer Fan des Schreibens. Jedenfalls nicht über mein Handy. Das Internet kann so viel kaputt machen. Außerdem frage ich mich, warum es noch Social Media heißen darf, wo doch jeder Bürger hier ganz genau weiß, was dort eigentlich abgeht.

Den ganzen Weg zur Schule verbringe ich damit, zwischen den Bäumen die Lichtstrahlen der einfallenden Sonne zu betrachten, während ich weiterhin versuche, mir sein Lachen auszumalen. Oder wie es aussieht, wenn er schläft. Er glücklich ist. Er sich freut. Er traurig ist. Er wütend ist. Wie sich seine dezent nachgezeichneten Augenbrauen zusammenziehen und seine so sanft wirkenden Augen gefährlich funkeln.

Ich bemerke nicht, dass das, was ich hier tue in die Kategorie schwärmen fällt.

Ich muss seufzen, als ich die blauen Dächer der Schule erblicke. Mal sehen, was der Tag so bringt.







don't tell your mum // wonkyunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt