3. Januar ♡ Engelsküsse III

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Der eisige Wind fuhr mir in meinen Strickpullover den Rücken hinunter und blies mir das Haar in die Stirn. Ich bereute es ein weiteres Mal, im Auto meinen rosa Plüschmantel - ein Erbstück von Silva - ausgezogen zu haben. Der Frost rötete mein zartes Stadtwohnungs-Näschen und lies meine selbst manikürten Finger erstarren, die ich panisch in Marians Seite gekrallt hatte.

Ich hing ziemlich unsportlich auf seinem Rücken und versuchte die weißen Flügel, die rechts und links von mir wild im Wind flatterten, zu ignorieren.

Es ist eine Sache einen Weihnachtsengel aus der Ferne zu betrachten. Das letzte Mal, das ich Marians Flügel gesehen hatte, war ich auf Schloss Sternstein gewesen, als Silva und ich Manfred und Marian von Sternstein dem geplanten Mord an allen Weihnachtsliebhabern verdächtigt hatten. Damals hatte ich seine Flügel aus der Ferne bewundert (nur insgeheim natürlich) und ihn unheimlich schön, geheimnisvoll und magisch gefunden.

Jetzt verschlug es mir tatsächlich den Atem. Nicht nur, weil ich gerade beide meiner sonst eher zurückhaltenden Hände in seine Brust und Bauchmuskeln krallte (die sich wirklich gut anfühlten), sondern, weil seine Flügel einen merkwürdigen Duft versprühten. Es war ein frischer leichter Duft, der beim einatmen erst in der Nase und dann überall sonst in meinem Körper kribbelte. So ungefähr stellte ich es mir vor, fühlte es sich an, wenn man sich in eine Badewanne voll mit Champagner legte. Nicht dass ich so etwas jemals getrunken hatte.

Schau, da unten ist Sternstein!, brüllte Marian gerade als wir haarscharf über ein paar besonders spitze Tannen sausten

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Schau, da unten ist Sternstein!, brüllte Marian gerade als wir haarscharf über ein paar besonders spitze Tannen sausten. Kannst du es sehen das Ding mit den kleinen Zinnen und Kuppeln?

Hmmm..?, antwortete ich wenig begeistert, und versuchte nicht nach unten zu sehen. Dann heißt das, dass wir da sind?, nuschelte ich hoffnungsvoll und meine Stimme bebte.

Nee, rief Marian, der die Stimme heben musste, damit ich ihn durch den Fahrtwind hindurch hören konnte. Wir fliegen noch weiter.

Wie weiter? , kreischte ich nun genauso hysterisch wie ich mich auch fühlte.

Wir müssen in die Crystalzentrale. Wir stiegen nun zu meinem tiefen Bedauern wieder etwas auf und die Kälte wurde noch unerträglicher, als zuvor.

In die was???, kreischte ich.

Der Grund, warum ich mich am 25. und 26. nicht bei dir melden konnte, war, dass der Weihnachtsmann zum Teil unverrichteter Dinge zurückgekehrt war. Ein Teil der Weihnachtsgeschenke konnte am 24. Dezember nicht ausgeliefert werden, weil sie einfach verschwunden waren. Wir sind uns nicht sicher, ob es sich um eine "undichte Stelle" in unserem System handelt, oder eine Form des Terrorismus.

Um eine Form des ...?, ich verstummte verwirrt.

Ich musste zusammen mit meinem Vater die anderen Christmas-Zentralen abreisen um zu prüfen, ob dort die Geschenke feststeckten.
Nur die Crystalzentrale - das ist die Hauptzentrale - konnten wir nicht erreichen, weil dort ein Schneesturm tobte, der uns wieder umkehren ließ, erklärte Marian mir während er sich immer weiter aufrichtete und wir nun fast senkrecht in die Höhe schossen. Mein Magen rebellierte furchtbar und ich kniff nun verzweifelt die Augen zusammen sicher meinem viel zu frühen Tod nahe zu sein.

Und ich dachte du hättest die ganze Zeit geschlafen!, presste ich durch den linken Mundwinkel hervor und vergrub mein Gesicht in seinem Nacken, während meine Finger sich noch mehr in seine Brust krallten. Jegliches Schamgefühl hatte sich bei mir inzwischen in Luft aufgelöst. Wenn man stirbt, sind solche antrainierten Gefühle wohl unwichtig.

Das hab ich auch. Mein Vater hat mich erst am 26. Dezember geweckt und mir von dem Schlamassel erzählt. Maximilian war wie üblich am frühen morgen des 25. Dezembers zurückgekehrt, hatte aber das Geschenke-Dilemma wohl weißlich erst einmal verschwiegen. Er befürchtete wahrscheinlich, dass wir ihn noch ein weiteres Mal losgeschickt hätten, wenn wir gleich von den verschwundenen Geschenken erfahren hätten.

Ich verdrehte die Augen und staunte innerlich, darüber, dass das auch ging, wenn man beide Augen panisch zugekniffen hat.
Er hatte bestimmt Sorge, dass sein Urlaub mit Carola sonst aufgeschoben wird, erriet ich schnell.

Ja, das ist es wohl gewesen, nickte Marian und ich konnte hören wie er grinste.

Ich weiß auch nicht, was auf einmal in ihn gefahren ist, dass es ihn gar nicht stört, dass ganz Skandinavien kein einziges Geschenk bekommen und kein einziger Wunsch erfüllt worden ist! Wir sind übrigens gleich in der aklimatischen-Welt-Fugbahn.

In der waaaaaaaaaa....?, wollte ich ein weiteres Mal fragen, da erfasste uns ein markerschütternder Sog. Ich hatte beinahe das Gefühl, als würde mir die Haut von den Knochen gesaugt werden. Doch dann machte es plötzlich erstaunlich leise und erstaunlich unspektakulär: PLOPP.

Wir schwebten immer noch in Schwindelerregender Höhe im Himmel, unter uns eine mit großer Geschwindigkeit vorbeiziehende Erde. Aber statt des Sturms und der Eiseskälte, die mich bis eben noch kaum hatte atmen lassen, war es auf einmal wunderbar still.

Das Dröhnen in meinen Ohren ließ nach und ich hörte auf zu zittern.

Das Dröhnen in meinen Ohren ließ nach und ich hörte auf zu zittern

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Weihnachtsengel küssen besserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt