Der Junge stand an der Klippe und sah mit Tränen in den Augen den Abgrund herunter. Seine blau-grünen Augen, rot durch die Tränen, die seit einiger Zeit seine Wangen herunter liefen, so lange, dass man schon Salzkristalle sich formen sehen konnte. Seine Kopf gesenkt stand der Jung da und rührte sich nicht. Man hätte meinen können er wäre eine Statue, wenn man ihn nicht atmen und blinzeln sehen könnte. Das kühle Gras spielte um seine Füße, deren Fußnägel durch die kälte schon ein wenig blau angelaufen waren. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und der Wind ließ seine langen Haare auf eine einzigartige Art und Weise im Wind fliegen. Ein Haarband hielt die tiefschwarzen, lockigen Haare zusammen, jedoch sah es so aus als würde sich das Band jeden moment loslösen und in die weite Welt fliegen.
Vor dem Jungen erstreckte sich das blaue, wilde, doch zugleich ruhige Meer, dessen Gischt gegen die Felsen weit unter ihm schlug und mit seiner großen Gewalt einen feinen Sprühregen auf ihn los ließ. Hinter ihm erstreckte sich jedoch eine große und weite Ebene, die nur von Gras und kleinen Hügeln bedeckt war, die sich bis kurz vor den Horizont ausdehnte. Dort konnte man hohe Berge, so hoch wie der Himmel selbst, erblicken. Es schien so als würden sie sich bis in die Unendlichkeit fortsetzen. Alles war leer, scheinbar unberührt von Menschenhand, keine Zeichen der Zivilisation, keine Dörfer, keine Straßen, nicht einmal ein Feldweg, dem der Junge hätte folgen können.
Er war ganz alleine.
Die Tränen auf seinen Wangen wurden stets durch den Wind getrocknet, allerdings wurden sie auch stets durch neue von seinen Augen ersetzt. Sie wollten nicht verrinnen und liefen ohne Anzeichen des stoppens weiter. Seine Klamotten waren zerschlissen und voller Löcher, welche ihn aber nicht zu stören schienen. Seine braune Leinenhose ging ihm bis kurz unter die Knie und das beige Wollhemd steckte locker in dieser, beides wurde von einem breiten roten Stoffstreifen, der als Gürtel diente, an seiner Taille festgehalten. In diesem steckte ein kleines verrostetes Messer neben dem ein kleiner Lederbeutel hing, der deutlich durch die Zeit gezeichnet schien. Unter dem groben und schmutzigen Hemd hing eine Kette, dessen Lederband sich sanft um seinen Nacken legte. Das Mittelstück der Kette bestand aus ein paar einfachen Holzperlen aus verschiedenen Holzarten und aus einem Metallstück in Münzform ohne Prägung. Viel Geld war diese Kette nicht wert, jedoch hatte sie einen großen emotionalen Wert für ihn. Seine bronzene Haut reflektierte das Licht des Sonnenuntergangs wie Gold und seine Haare sahen aus wie flüssiges Obsidian mit silbernen Schlieren.
Die Augen des, fast noch, Kindes hatten nach einer gefühlten Ewigkeit aufgehört zu tränen und er setzte sich langsam und steif in das mittelhohe Gras welches sich sofort kühl an ihn schmiegte. Seine Lippen, blau von der Kälte, zitterten, bevor er einen markerschütternden, herzzerreißenden Schrei aus stieß, der bis zu den Bergen und noch weiter vernehmbar war.
Dieser Schmerz in ihm, war nun auf ewig sein Begleiter geworden.
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Phönix
FantasyDie Welt Mylsa steht an ihrem Ende. Es wird gesagt nur einer kann ihren Untergang abwenden und alles wird wie ein Phönix aus der Asche wieder auf erstehen. Trycho, einer der vielen Waisen in dem Land Atonrea, muss seinen weg durch diese verdammte...