1. KAPITEL - Der See

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Der Tag neigte sich bereits zu Ende, doch machte es den Anschein als hätte man vergessen der Sonne bescheid zu geben, deren warme Strahlen das junge Mädchen in der Nase kitzelten. Mit ihren 1,61 Meter war sie ein paar Centimeter davon entfernt in die Kategorie klein zu fallen, wurde jedoch von den meisten Leuten überragt. Enganliegende schwarze Kleidung umschmeichelte ihren Körper, verbargen eine schmale jedoch drahtige Statur. Wiesen auch auf die stellenweißen fehlenden Kurven hin, die sie jünger wirken liesen als sie es mit ihren 17 Jahren war. Das oranglich gefärbte Haar wurde nun von einer kleinen Spange gehalten und immer wieder lösten sich einzelne Locken heraus, fielen ihr ins Gesicht. Dunkle geschwungene Wimpern umrahmten ihre strahlend blauen Knopfaugen. „So blau wie das Meer im Winter", hatte ihr Vater sie beschrieben, der Blick wehmütig. Ihre Nase war zierlich und gerade, die Lippen spröde vom Wind.

Der Wald rund um das Mädchen wurde mit jedem Schritt dichter und der Weg schmaler. Bäume so hoch das man die Spitze vom Boden aus nicht sehen konnte, Sträucher die in allen Farben blühten. Manche so rot wie der Sonnenuntergang, andere wiederum schimmerten in einem zarten rosa und in ihnen versteckt so manches Kaninchen, aufgeschreckt von ihren Schritten. Doch nichts davon schätze Ava so sehr wie die Stille die sie umgab, gemischt mit dem vertrauten Geruch von Rinde. Heimat. Der Ort mit den meisten Erinnerungen an dem sie sich schon immer am gebogensten Gefühlt hatte. Mittlerweile hatte der Himmel sich in ein Farbenspiel verwandelt. Orangliche Wolken umgeben von gelben Schimmer. Es dämmerte und mit jedem Schritt wurde der Wald wieder lichter, bis sie vor dem Gewässer stand, dass sie gesucht hatte. Nicht viele wussten von dem See und das obwohl er das Herz des Waldes bildete und ihr Land mit dem der Arashi verband. So erzählte man es sich zumindest

Müde von dem Fußmarsch lies sie sich auf einen Baumstumpf nieder, rümpfte die Nase. Selbst durch den dicken Stoff ihrer Hose hatte sich die Feuchtigkeit, die von dem Stumpf ausging, binnen Sekunden ihren Weg gebahnt. Hastig legte sie ihre Jacke unter, befürchtete jedoch das der Abdruck eine ganze Weile bleiben würde.

Das Wasser war klar, ein perfekter Spiegel der nur hie und da unterbrochen wurde von den herumtreibenden Ästen. Die Sonne war mittlerweile nur noch ein dunkelroter Feuerball am Horizont, bevor sie langsam Stück für Stück verschwand, förmlich verglühte. Abgelöst von den abertausenden funkelnden Sternen. Gerade hell genug um die unmittelbare Umgebung zu erleuchten.

Ava war gerade erst angekommen und doch würde sie sich bald wieder auf den Heimweg machen müssen. Ihr Vater wartete. Marc, so hieß er, war zwar die Gutmütigkeit in Person und einer der geduldigsten Menschen die sie kannte, aber nichts hasste er so sehr wie Unpünktlichkeit.

„Wo warst du?", sie hatte das graue Blockhaus in dem sie wohnte noch nicht einmal betreten, schon drang die Stimme ihres Vaters zu ihr durch. Selbstsicher und brummend, dennoch angenehm. Jetzt war sie aber vor allem eines: Autoritär

Als Leiter der Armee nichts Außergewöhnliches, doch pflegte er es Beruf und Privatleben getrennt zu halten. Er war viel aber keineswegs der typische Militärvater. Er war breit gebaut, das braune Haar kurzgeschnitten. Seine Augen glänzten in dem gleichen wie ihre. Das war aber auch die einzige äußerliche Ähnlichkeit die sie verband. Ava war das Ebenbild ihrer Mutter wurde ihr immer gesagt. Selina war kurz nach ihrer Geburt gestorben, mit einem lächeln auf dem Gesicht und der Tochter in den Armen. Friedlich. Hoffte sie zumindest. Immer wenn sie ihren Vater nach Bilder gefragt hatte, war er ihr ausgewichen und erfand neue ausreden. Einmal hatte er sie sogar angeschrien nur um sich danach mit Tränen in den Augen bei ihr zu entschuldigen. Seitdem mied sie das Thema und lächelte nur dankbar wenn sie mal wieder zu hören bekam wie sehr sie doch ihrer Mutter ähnelte.

„Wo du warst muss ich dich doch gar nicht fragen", seufzend grifft ihr Vater ihr ins Haar, zog ein rötlich gefärbtes Blatt heraus.

„Hab ich dich nicht gebeten dich vom Wald fern zu halten um diese Zeit"

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