Kapitel 3

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Aleas Sicht:

Als ich Ravens angstvollen Blick gen Wand wahrnehme, dämmert mir, dass da ein Zusammenhang mit dem unbequemen Gesellen, der sich mit seiner Truppe im Restaurant eingefunden hat, bestehen muss. Mein Blick wandert von ihrem zu seinem, und er sieht aus, als würde er überlegen. Ich kann förmlich das Rattern der Laufwerke seines kleinen Gehirns wahrnehmen. Der Mann, den seine Freunde als 'Markus' bezeichnen, steht von seinem Barhocker auf und deutet seinen Kumpels, stehen zu bleiben und das Essen mitzunehmen. Dann läuft er zielsicher auf Raven zu. Ich sehe nochmal zu ihr hinüber, bevor ich den Anderen zuflüstere: "Hey Leute, ich glaube, sie-", meine Augen landen auf ihr wie Dartpfeile, bevor sie wieder zurück in die Runde schweifen, "- ist in Schwierigkeiten. Wir sollten etwas tun."

Inzwischen steigt die Angst in Ravens Körpersprache sichtlich. Sie blickt panisch umher und ihr Körper spannt sich unter der plötzlichen Adrenalinzufuhr an. Sie zittert. Jean dreht sich in ihre Richtung und ihre Augen finden seine. Auf ihren Lippen ist das Wort "Hilfe" erkennbar. Keiner von uns zögert. Geschlossen stehen wir auf - Till kramt noch schnell drei Zwanziger aus seinem Geldbeutel und platziert sie auf dem Tisch - und laufen in ihre Richtung.

Luzi streckt eine Hand nach ihr aus. "Komm, schnell! Wir helfen dir." Als sie zögerlich seine Hand nimmt, lege ich einen Arm um sie. Prompt bereue ich dies ein wenig, da ich merke, wie sie unter der Berührung zusammenzuckt. "Keine Angst, dir passiert nichts, versprochen.", sage ich, meine Stimmlage so sanft wie möglich. Mit zielsicheren Schritten laufen wir auf den Parkplatz.

Ravens Sicht:

Ob es eine gute Idee ist, mit wildfremden Männern mitzugehen, um mich vor meinem gewalttätigen Ex zu verstecken? Vermutlich nicht. Auch wenn besagte wildfremde Männer verdammt gute Musik machen. Aber in diesem Moment ist mir das egal. Jedes Mittel, um von Markus wegzukommen, ist mir recht. Ich versuche, mein Zittern unter Kontrolle zu bekommen, allerdings erfolglos. Ich reagiere auf Aleas Arm, welcher sich plötzlich auf meiner Schulter befindet, mit einem heftigen Zucken. "Keine Angst, dir passiert nichts, versprochen.", höre ich seine beruhigende Stimme neben mir und blicke auf. 

Mir wird warm, als ich das Strahlen in seinen Augen sehe. Mir ist bewusst, dass meine eigenen in diesem Moment vermutlich jeden Glanz verloren haben. Seine Augen entfachen ein Feuer in mir, von welchem ich die vage Vermutung habe, dass es eine lange Zeit brennen wird.

Zügig laufen wir über den Parkplatz auf den Tourbus zu. Hinter dem Bus und aus dem Sichtfeld des American Burgers bilden die Jungs einen Kreis um mich. Ihre Blicke sind besorgt. Ich merke erst jetzt, dass ich immer noch hyperventiliere und schließe meine Augen, um mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Als ich mich etwas entspannt habe, öffne ich meine Augen wieder. 

Luzis Sicht:

Ravens Züge entspannen sich ein wenig und ihre Atmung beruhigt sich. Ich überlege, zu fragen, was zur Hölle da los war, doch in diesem Moment brüllt der Arsch, vor dem wir sie gerade gerettet hatten: "SO EINE SCHEIßE, WO IST DIE HIN?!"

In dieser Sekunde verfällt Raven wieder zurück in ihren Panikzustand. Ich luge hinter dem Bus hervor und sehe, wie der Mann, der Raven so verängstigt hat, die Tür eines schwarzen Trucks zuknallt. Einer seiner Freunde fragt ihn ähnlich laut: "Markus, was ist denn los?". Ein Motor springt an. Ich gehe wieder hinter dem Bus in Deckung und wir hören, wie das Auto immer näher auf unsere kleine Truppe zusteuert. Ich bekomme nur ein "Fuck" heraus, als der schwarze Truck an uns vorbeifährt. Ich warte nur darauf, dass er anhält, das Fenster oder die Tür öffnet und uns entdeckt, aber das geschieht nicht. Das Auto verlässt den Parkplatz. Ich atme erleichtert aus und realisiere erst jetzt, dass ich für einen Moment lang die Luft angehalten hatte.

Die Farbe kehrt langsam in Ravens Gesicht zurück, als auch sie registriert, dass die Gefahr vorbei ist. Till wendet sich besorgt an sie: "Hey, geht es dir gut?" Raven bringt keinen Ton heraus und ich könnte schwören, dass Alea und sie einen Blick ausgetauscht haben, bevor sie schließlich umkippt.

Aleas Sicht:

Ich danke den Göttern für meine Reflexe, denn ich schaffe es noch, sie abzufangen. Wir versuchen, sie wieder wach zu bekommen, aber sie reagiert nicht auf unsere Rufe ihres Namens. "Till, schnell, kannst du einen Arzt anrufen?", bitte ich ihn drängend. Als Till in den Bus rennt, um sein Handy zu suchen, kommt Herb überrascht heraus und fragt, was los sei. Luzi hilft mir, ihm die Lage zu schildern, während wir auf den Krankenwagen warten. Als der Krankenwagen auf den Parkplatz einbiegt, haben wir es hinbekommen, Raven aufzurichten. Die Sanitäter diagnostizieren einen Nervenzusammenbruch und ordnen an, dass wir sie in den Bus bringen sollen, wo sie sich ausruhen kann. Wir leisten dem natürlich sofort folge und ich hebe sie im Brautstil hoch. Nachdem ich sie in meine Koje gelegt habe, beobachte ich sie noch kurz und kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, weil es so aussieht, als würde sie friedlich schlafen. In dem Moment höre ich, wie Luzi meinen Namen ruft und sehe, dass ich herüber gewunken werde. 

Neugierig verlasse ich den Bus. Der Arzt wendet sich an uns: "Ihr habt gut reagiert. Es geht ihr soweit gut, sie braucht Ruhe. Sie kann sich glücklich schätzen, so gute Freunde wie euch zu haben." Bevor ich ihn korrigieren kann steigen Arzt und Sanitäter wieder in den Krankenwagen und fahren davon. Nach und nach beschließen auch die Jungs, wieder in den Tourbus zu steigen. Luzi steigt als letzter in den Bus, schließt die Zwischentür zu den Kojen und setzt sich mit auf die gemütlichen Sitze. "So, Jungs, wie geht es jetzt weiter?", frage ich. "Wir können sie schließlich nicht einfach hier lassen."

Nach kurzem Schweigen kommt Herb von hinten vor. "Tja, Jungs, ich bin stolz auf euch. Diese junge Frau hatte Glück, euch getroffen zu haben..." Luzi sieht ihn fragend an. "Wie meinst du das?". Herb kratzt sich am Kopf: "Wenn sie Todesangst vor diesem Mann hatte, wie ihr es erzählt habt, will ich nicht wissen, was er ihr angetan hat und wahrscheinlich noch getan hätte, wenn ihr sie nicht da rausgeholt hättet. Es liegt an euch, wie es weitergeht."

Timo, der bislang geschwiegen hat, meldet sich zu Wort: "Also, Jungs, ich finde, wir können sie bis zum MPS mitnehmen. Sie will doch sowieso dorthin." Frank sieht ihn zustimmend an: "Er hat recht." - "Ich bin auch dafür", Till hebt seine Hand. Der Tambour meint: "Zja, wir können sie ja wohl schlecht ohnmächtig in ihr Auto legen und einfach davon fahren, oder?" Daraufhin hebt er ebenfalls seine Hand. Lasterbalk, Bruder Frank, Elsi und Falk tun es ihm gleich. 

"Apropos Auto. Wo ist ihr Auto? Wir können es nicht einfach stehen lassen.", merkt Luzi überzeugt an. Jetzt hebt auch er seine Hand und alle sehen zu mir. "Nun, ich denke ihr Schlüssel wird in ihrem Rucksack sein. Wir holen uns den Schlüssel und zwei fahren uns in ihrem Auto hinterher.", schlage ich vor. Herb schaltet sich wieder ein: "Gut, dann ist es beschlossen. Sucht ihr Auto. Ich mache währenddessen den Bus startklar."

"Okay, ich hole den Schlüssel", Jean steht auf und geht nach hinten, der Rest geht nach draußen. "So, dann lasst und mal suchen. Soweit ich weiß dürfte es ein Ford gewesen sein."

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Markus' Sicht:

>>Sieh an, kann die Frau da hinten wirklich die kleine Raven sein? Hm, und wenn nicht, sie sieht hübsch aus.<<

Markus steht vom bar hocker auf und deutet sein kumpels stehn zu bleiben und das essen mit zu nehm,  er geht nach hinten mit nur einen ziel.

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Saltatio mortis Tanz mit dem TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt