Der Todesengel

~ Kapitel 1 ~

„Der Angeklagte wird für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt."

Ein Raunen ging durch den Saal, alle Blicke lagen auf mir, doch ich zeigte keine Reaktion. Mein Inneres tobte, lachte mich aus und weinte, doch Äußerlich ließ ich mir nichts anmerken.

Ich hörte Menschen in der Masse weinen vor Glück, hörte die unverständliche Kommentare meines Verteidigers , der sowieso nur hier war , da er die Aufmerksamkeit der Presse wollte. Ich hörte ihm nicht mal mehr zu, ich hörte nichts mehr - ich fühle mich taub und war froh drüber. Auch blind war ich geworden, ich sah alles in einem Ton übergehen - grau in grau schien die Welt für mich zu sein.

Ich wusste ja, dass die Zeit einen kaputt macht aber ,dass ein paar Minuten für immer dein Leben zerstören, hätte ich nur in meinen dunkelsten Träumen erwartet. Ich wünschte ich würde träumen, doch ich wusste, dass dies nicht der Fall war. Und trotzdem fühlte sich alles so irreal an, nicht echt. Alles was passierte  passierte langsamer und eher im Hintergrund. Ich bekam kaum etwas mit, es war als würde ich in einem viel zu dichtem Nebel stehen und versuchen ihm zu entfliehen.

Alles in mir schrie nach Hilfe, die Stimme in mir fragte mich schreiend , wann uns endlich jemand aus diesem Nebel helfen würde, in dem wir jetzt schon fast ein Jahr herumirren.

Ich konnte diese Frage nicht beantworten, ich dachte niemand könnte das. Ich war alleine, unter fast 8 Milliarden Menschen stand ich alleine da. Niemand ,der mir helfen wollte oder konnte. Die Stimme in mir schrie mich an machte mir Vorwürfe.

Du bist doch selber schuld ,du hättest doch alles ändern können, stattdessen hast du uns beide in diese Situation gebracht und uns hier raus bringen kannst du natürlich auch nicht, du Möchtegern. Das Einzige ,was du kannst ,ist versagen.

Du bist ich ,also bist du doch mit schuld an unserer Situation.

Ich bin nur ein Teil deines Verstandes. Eigentlich nicht mal das, ich bin nur eine Erfindung deiner Phantasie, da du es leid warst allein zu sein .

Selbst die Einsamkeit ist ein Geschenk im Gegensatz zu dir.

Aua. Aber wir wissen beide, dass du mich brauchst, um nicht durchzudrehen. Du hast mich kurz verdrängt und das führt zu deiner jetzigen Situation.

Also bist doch du schul-

Die Diskussion mit "meinem zweiten ich" ,wie ich es nenne, würde von dem Polizisten unterbrochen der mir meine Handschellen anlegte. Durch das kalte Metal bekam ich eine leichte Gänsehaut, die aber schnell durch Schmerzen ausgewechselt wurde, da er die Handschellen viel zu festgestellt hatte. Ich wollte ihn darauf hinweisen, doch hätte ich dies getan hätte er sie wahrscheinlich noch enger gestellt und meine Hand wäre durch Blutverlust abgestorben. Und mein Verstand ist schon kaputt genug, da muss wenigstens mein Körper gesund bleiben.

Was heißt hier kaputt ich bin kerngesund.

Hab ich mal erwähnt wie sehr ich dich hasse. Du bist verrückt und nervig noch dazu.

Ich bin verrückt? Wer redet den mit einer aus seiner Phantasie entsprungener Stimmen?

Touché.

Ein Ruck , der von meinen Armen ausging , ließ mich aufschrecken. Der Polizist hatte sich in Bewegung gesetzt und mich an meiner "Leine" mitgeschleift. Am liebsten hätte ich gebellt aber wie gesagt ich wollte meine Hände behalten und meine Nase soll auch nicht gebrochen werden.

Wir gingen aus dem Saal hinaus, die Tür öffnete sich und hinter ihr hörte ich schon die ganzen Kameras Bilder machen. Ich hörte Reporter die ihr Mikrofon in unsere Richtung streckten und mir irgendwelche "überlebenswichtige" Fragen stellten. Ich hörte sie jedoch stumpf, verstand sie kaum. Die einzigen Stimmen , die ich klar und deutlich höre sind die in meinem Verstand oder wie meine penetranteste immer sagt „die aus meiner Phantasie".

Auch dem Polizist schienen die Fragen egal zu sein, er drängelte sich durch die Menschenmasse , ohne Rücksicht auf mich zu nehmen. Warum sollte er auch in seinen Augen war ich ein Monster, was ich ja auch war...

Dank dir.

Ich bin unschuldig. Du wolltest mich loswerden, ich bin gegangen, du bist durchgedreht, da du mich brauchst und letztendlich bin ich wieder da nur, dass du
nun das Monster von uns beiden bist.

Ich brauch dich...? wohl eher brauchst du mich oder wir uns beide...

Würg , wirst du jetzt zum Poeten oder was ?

Ich hör ja schon auf. Hab eh grad wichtigere Dinge zu tun , als mich mit dir zu unterhalten, wir haben ja bald lebenslang dafür Zeit.

Der Polizist und ich hatten uns durch die Menschenmasse gekämpft. Er schob mich weiter auf seinen Wagen zu , weg vom Gericht und der Menschenmasse. Er quetschte mich in sein Auto , mal wieder ohne Rücksicht.

Das bringt blaue Flecken mit sich. Und ich wollte wenigstens meinem Körper heil behalten.

Tja Karma mein Lieber~

Karma wofür? Dafür dass ich dich verrückt genannt habe ? Lächerlich!

Die erste Autotür wurde zugeschlagen. Eine ging auf , ein Rucken ging durch den Wagen, eine weitere Tür knallte zu. Der Motor wurde gestartet. Wir fuhren los.

Dies alles vernahm ich mit geschlossenen Augen - ich wollte die Welt nicht sehen, zumindest nicht ohne ihre Farbe. Früher möchte ich die Farbe grau, heute verabscheue ich sie.

~ Und ich hatte Angst nie wieder bunt sehen zu können ~