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,,Hey Seph! Kommst du heute mit ins Pub?"
Angus Stimme hallt über die Schulflure. Ich kenne niemanden der eine tiefere, bassigere Stimme besitzt. Ich will doch nur in mein Bett. Ich drehe mich zu ihm um. Er steht soweit weg, dass ich sein Gesicht kaum erkennen kann und ihn erstmal zwischen den ganzen Schülern suchen muss. Er winkt und lacht.
,,Klar Angus!" rufe ich zurück. Ich lächel kurz und gehe weiter.
Ich drücke die Tür zur Toilette auf und bleibe vor dem Spiegel stehen. Meine blonden, langen Haare fallen seicht über meine Schultern. Mein Oversize - Pulli ist von meiner rechten Schulter gerutscht. Nur damit ich nicht aussehe wie ein Kartoffelsack. Ich starre meinem Spiegelbild in die tiefblauen Augen. Was ein zierliches, kleines Mädchen.
Die Tür schlägt auf und Liss kommt außer Atem reingestürmt.
,,Seph! Ich muss dir was erzählen!" ihre Augen sind weit aufgerissen, ihr lächeln geht bis über beide Ohren. Ich weiß doch. Er hat dich gefragt ob ihr was miteinander haben wollt und du hast ja gesagt.
,,Waaaas denn?" entgegne ich ihr mit gespielter Freundlichkeit.
Es traf genau das ein was ich mir auch schon gedacht hatte und sie erzählte mir gefühlte 20 Minuten davon. Das wir zu spät zum Unterricht kommen scheint wohl egal zu sein. Liss ist ein naives, liebes Mädchen. Doch ich bewunder sie irgendwie für die Art und Weise wie sie ihr Leben lebt und sie selbst ist. So leichtfüßig und anders. Wie eine Fee flattert sie durch das Leben. Ich höre ihr schon seit ungefähr der Hälfte nicht mehr zu, da es sich andauernd um ihren neuen Lover dreht und ich es einfach nicht mehr hören kann.

Ich treffe Angus in der Pause. Angus und ich teilen uns mittlerweile den selben Status. Wir sind Schülersprecher und beide 18 Jahre alt und... beliebt.
Keine Ahnung warum ich es bin, aber Angus ist gut aussehend, groß, braunhaarig, witzig und charmant. Ich denke es spricht für sich, dass alle immer eine Schockstarre bekommen, wenn ich sage das ich nichts von Angus will und wir einfach gute Freunde sind.
,,Was hast du heute Abend vor?"
,,Nichts weiter. Ich will mit dir mal wieder Zeit verbringen und Quatschen." er grinst mich an. So wie er es immer macht, wenn wir reden.
Ich lache kurz auf.
,,Natürlich Angus. Sei halb 8 bei mir."

Zuhause angekommen steht wie immer warmes Essen auf dem Tisch. Mum und Dad sind arbeiten. Jedesmal bevor meine Mutter zur Arbeit fährt, kocht sie für mich. Eine Geste und Bemühung die ich heute noch an ihr schätze. Unser kleines Haus in der Amberly Street ist der Ort wo ich mich am wohlsten fühle. Hier bin ich in meinen sicheren vier Wänden. Keiner der mich nervt. Keiner der mir was über seine Probleme erzählt. Alles ist gut hier.
Es ist 17 Uhr. Ich setze mich an den Esstisch, checke mein Handy und esse dabei ein Stück von der Pizza. Bobby kommt zum Tisch. Ich knuddel ihn einmal und werfe ihm etwas von der Pizza hin, ehe ich ihn in den Garten raus lasse. Ein Leben ohne Hund kenne ich nicht. Zum Glück.
Nachdem ich duschen war und mich fertig gemacht habe bleibt mir noch ein bisschen Zeit. Ich lege mich auf unser Sofa und starre einfach an die Decke. Das 'Sonnenuntergangsgelb' beruhigt mich jedes mal. Warum bin ich so aufgewühlt. Alles läuft doch perfekt. Ich habe Freunde. Familie. Bin gut in der Schule. Also was will ich mehr? Was macht mich so unglücklich und beschwerlich? Gefühlte Stunden liege ich da und denke mich scheinbar in den Schlaf, denn als Angus klingelt schrecke ich auf. Gott sei Dank habe ich mich bereits fertig gemacht. Es ist Punkt 19:30 Uhr. Pünktlich wie immer.
Ich gehe zur Tür und empfange ihn mit einem Lächeln. Doch er sieht lange nicht so glücklich aus als sonst. Was ist los mit ihm? Er ist doch sonst so glücklich. Und so perfekt.

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