„Das ist wahrscheinlich der letzte Winter mit Schnee in Hamburg." hörte ich eine Stimme zu mir sagen. Ich antwortete etwas traurig: „Kann sein, kann sein. Wenn man mal bedenkt: Wann lag das letzte mal seit Wochen mal Schnee in Hamburg liegen, geschweige denn, dass die Alster zum Schlittschuhlaufen freigegeben wurde?" „Ich weiß es nicht. Das was ich aber weiß, ist dass ich da wahrscheinlich noch Grundschüler war."Es ist der 1.03.2018, es liegt seit dem 25.02. Schnee in Hamburg und es herrschen Temperaturen von realen -10 Grad Celsius, begleitet von einem 21 Stundenkilometer schnellen Wind aus Nordost. Es schneite so viel in den ersten zwei Tagen, dass er auch heute noch liegt. Ein wirklich schöner Anblick.
Das ist wohl einer der typischen Nächten, wo sich kein Passant auf meinem Nachhauseweg befindet und ich in Ruhe meine Gedanken schweifen lassen kann.
Nach jeder Bandprobe.
Immer nach 20- oder 21 Uhr. Normalerweise am Freitag.
Ich gehe wie gewohnt zur nächsten Bushaltestelle, steige dort in den Bus, logge mich in das öffentliche Netzwerk ein um dann noch ein bisschen mit meinen Freunden zu schreiben, aber sobald ich den Bus verlasse, bin ich dann wieder offline. Und da sich um diese Zeit allgemein wenig Leute auf dem Weg zum oben gelegenen, ohnehin etwas spärlich genutzten U-Bahnhof machen, bin ich alleine und frei. In dieser schneebedeckten Landschaft.
Aus der U-Bahn ausgestiegen sind es auch nur noch 500 Meter bis nach Hause, jedoch ist es dort noch leerer und ich brauche dort um die 10 Minuten.
„Der letzte Winter mit Schnee in Hamburg, was...?"
„Und dein drittletzter Winter als Schüler."
Und es wird mir schwer ums Herz.
Ich weiß nicht, wieso ich diese Monologe führe. Vielleicht der Anblick der schneeweißen Landschaft, die Dunkelheit, die Brise, die alles kalte kälter anfühlen lässt, die Jacke, die mich warmhaltet, oder mein Körper, der sich zusammenzieht, um weniger Angriffsfläche für die kalte Brise zu bieten und dass sich niemand sonst sich auf diesem fünfhundert-Meter langem Weg befindet, lassen die bei mir einfach die Gedanken schweifen. Oder vielleicht liegt es daran, dass man sich in diesem Alter allgemein mehr Gedanken macht...
Ich bin immerhin jetzt in der 10. Klasse und das Leben nach der Schule klopft schon. Die Oberstufen-Profilwahlergebnisse sind ausgewertet worden und es wird langsam richtig ernst. Übrigens war heute der letzte Schultag vor den März-/ Frühjahrsferien...
„Was mich in Zukunft wohl erwarten wird?"
Schritt für Schritt arbeiten sich meine Füße mit den schweren Boots durch den Schnee, knirschend den Schnee zerdrückend. Ich sehe, wie der Weg geradeaus weitergeht und die Lampen, die weißes Licht auf den Weg bringen. Immer im selben Abstand. Auch der Lichtkegel ist gleichgroß. Im regelmäßig Abstand verkleinert sich der Weg, bis ich dann nicht mehr weiter sehen kann...
„Deine Zukunft wird nicht in so regelmäßig Etappen verlaufen."
„Du hast absolut Recht." Antwortete ich.
Ich bin Mittlerweile an der Haustür angekommen und drücke die Klingel.
„Hallo?" fragte eine Kinderstimme aus dem Lautsprecher. „Ich bin es." Die Tür öffnete sich und ich kam in die Wohnung rein. Alles war wieder warm, meine Geschwister begrüßten mich, meine Brille bekam eine Ladung Wasserdampf ab, oder beschlug sich und ich konnte mich endlich auf mein Bett legen. Ich bin eigentlich zufrieden mit meinem momentanen Leben.
„Nicht mehr lange und du SELBST musst große und wichtige Entscheidungen treffen." Sagte die Stimme noch einmal bevor sie verschwand.
„Dessen bin ich mir bewusst."
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Gedanken während des Winters
Historia CortaEs ist eine kleine Erzählung aus dem Alltag, die euch vielleicht zum Nachdenken anregt. Viel Spaß beim lesen!