744 Km

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Die Augen wanderten ruhelos umher. Umher in der Nähe, umher in der fast endlos scheinenden Ferne. Der Blick auf Nichts bestimmtes und doch starr auf einen Punkt gerichtet saß die Person am Boden, mit den Rücken an einem großen Kastanienbraun angelehnt, die Beine herangezogen und die Arme darum geschlungen.
Man sah ihr die langsam, aber doch unerbittlich, aufziehende Kälte des Herbstabends an und trotzdem blieb sie mit trüben Blick dort sitzen. Wäre da nicht das stetige heben und senken ihrer Schultern, das leichte aber stetige zittern würde man denken können die braunhaarige sei Tod. Sie konzentrierte sich auf Geräusche die um sie herum zu hören sind.
Das lachen anderer Kinder oder Erwachsener, das in der Ferne klingt oder die vereinzelten Rufe einsamer noch nicht in den Süden ausgewanderter Vögel.

Ihre Gedanken verfingen sich und wurden immer klarer, je länger sie so dort saß. Sie wollte doch nicht mehr -als jenen Jungen den sie vor einiger Zeit erstaunlich schnell in ihr Herz geschlossen hatte- endlich zu sehen. Ihn umarmen zu können, den Kopf auf seiner Brust zu betten und sich in den Armen des Blonden fallen zu lassen. So oft hatten sie sich zusammen, aber doch alleine vorgestellt, wie es denn wäre den Anderen einmal in echt zu sehen, in die Augen des Anderen zu blicken und zu wissen das man Zuhause angekommen ist. Zu wissen das es eine Person gibt, die immer an einen glaubt und immer für einen da ist.
Diese eine Person für die du alles tun würdest weil du dir sicher sein kannst, dass es anders herum genauso ist. Doch wird es niemals so weit kommen das die Träume der beiden Wahrheit werden. Es galt für beide, die Eltern zu überzeugen von jemanden den man mein zu kennen aber nicht wirklich kennt und es galt, was für beide ein deutlich größeres Problem ist die Entfernung zu überwinden. 744 km die sie erbarmungslos voneinander trennen.

Der Gedanke so schön, endlich ihn zu sehen, doch auch zeitgleich so schmerzhaft zu wissen, dass sie den Kampf, den das Leben für sie bereitgestellt hatte , erst einmal zu kämpfen hatten. Die Angst die Person an eine andere zu verlieren so groß und doch ist da dieses Vertrauen in diese eine Person, das Versprechen, der Freundschaft für immer nicht zu brechen.

Die Braunhaarige hatte sich nicht mehr Gewünscht als den Blonden an ihrem Geburtstag zu sehen. Nichts wäre ihr mehr wert gewesen als eine Umarmung an diesem besonderen Tag für sie. Doch er War nicht hier.

Die Sonne War schon hinter den Baumwipfeln verschwunden und die Kälte zog immer weiter in ihre Knochen ein. Das Zittern ihres Körpers wurde stärker und die Haut War mittlerweile leichenblass. Würde man ihr Gesicht sehen, könnte man die mittlerweile getrockneten Tränenspuren sehen. Sie bemerkte vor lauter Gedanken nicht, dass jemand mit leisen Schritten bedacht darauf sie nicht auf sich aufmerksam zu machen näher an Sie heran tritt und auf sie hinab schaut. Zögerlich stand sie auf, wohl wissend, dass das trauern in einem Wald auch nichts bringt. Es hätte ihr von Anfang an klar sein müssen, dass sie ihm nichts bedeutet, dass er nie zu ihr kommen würde.

Bestärkt von diesem Gedanken ging sie auf die Schlucht zu, die unheimlich, aber für sie vertraut zwischen den Bäumen hervortritt. Leise ging er ihr hinterher. Sie zitterte am ganzen Körper und richtete ihre Augen auf das nicht zu Enden scheinende Schwarz, der tiefe der Schlucht. Sie stand nah am Abgrund, zweifelnd ob es richtig ist.

Er machte dem ganzen ein Ende indem er einen weiteren Schritt auf sie zu machte, seine Arme von hinten um sie Schlang, sie fest an seine Brust drückte, ihr einen Kuss auf den Haaransatz drückte und leise sagte Happy Birthday Süße

"Happy birthday süße"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt