Theodor hatte Leukämie. Er war ein Krebskind. Und das wusste er. Dagegen konnte auch seine Mutter nichts tun, die ihren siebenjährigen Liebling nur beschützen wollte und ihm seine Krankheit als Freiticket in eine kunterbunte Traumwelt verkaufte. Denn sie wusste, dass er sterben würde. Früher oder später. Aber sie wusste nicht, dass Theodor das auch wusste. Und Theodor wusste, dass seine Mutter nicht wusste, dass er es wusste, und deswegen kümmerte er sich um seine Mutter, indem er ihre Angst vor seiner Angst stillte.
Er hasste es, mit gleichaltrigen zusammen zu sein. Er hasste es auch, mit anderen Krebskindern zusammen zu sein. Er hasste es, wenn er mit seiner Mutter zusammen war und er genau wusste, dass sie keinen Kaffee holte, sondern draußen weinte. Er hasste den Krebs dafür, dass er das alles hasste und dass er ihm die Kindheit nahm und ihn zwang, reif und verantwortungsvoll zu handeln.
Und Theodor hasste seinen Vater dafür, dass er ihn verlassen hatte, weil er "mit einem sterbenden Kind nichts anfangen kann".
Dieser ganze Hass verdeckte die Angst ziemlich gut und erst als seine Mutter ihm sagte, dass er nun ihre Hand loslassen konnte und dass sie bald zu ihm in die Traumwelt kommen würde, spürte er ganz kurz Angst vor der "kunterbunten Traumwelt".Theodor
18.10.2006-14.11.2013
viel zu kurzes Leben, mit viel zu viel Hass
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Sternenkinder | 13 Kinder, die Kinder blieben.
Poetry"Als Sternenkinder werden im engeren und ursprünglichen Sinn Kinder bezeichnet, die während oder nach der Geburt versterben. Der poetischen Wortschöpfung liegt die Idee zugrunde, Kinder zu benennen, die „den Himmel" (poetisch: die Sterne) erreicht h...