2 | ↠ too in love to think straight

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15. November 2012 | New York

Ungeduldig klopften meine Finger gegen die Fensterscheibe, während ich auf das Handy in meinem Schoß starrte. Doch der Bildschirm blieb schwarz, ganz egal, wie sehr ich ihn auch anflehte, endlich aufzuleuchten.

Wahrscheinlich hatte sie zu tun, das konnte ich verstehen. In unserem Business bekam man nie eine Pause. Aber dennoch wollte ich einfach von ihr hören. Wissen, dass es ihr gut ging. Wissen, dass sie mich ebenso sehr vermisste wie ich sie. Wissen, wann ich sie heute Abend endlich wieder in meine Arme schließen durfte.

Das letzte Mal war viel zu lange her gewesen. Taylor und ich schafften es kaum, uns zu sehen. Immer wieder kam ein Interview oder ein Konzert dazwischen. Außerdem befanden wir uns so gut wie nie in einer Stadt, was in unserem Business Alltag war, unsere Beziehung aber umso mehr erschwerte.

Aber ich nahm all die Einsamkeit und Sehnsucht in Kauf, weil ich sie dafür meine Freundin nennen durfte.

Das Geräusch meiner Finger auf dem Glas machte dem Schnee Konkurrenz, der in ganzen Wellen vom Himmel auf New York herunterrieselte. Er verwandelte die Stadt, die niemals schlief in einen Wintertraum.

Doch ich brauchte all den Schnee nicht, mir reichte alleine Taylor, um mich zu fühlen wie im Wunderland.

„Man Harry, jetzt hör doch auf damit", murrte Louis und streckte eine Hand aus, um meine Finger vom Klopfen abzuhalten. Die andere hielt sein Handy in der Hand, schon seitdem wir losgefahren waren. „Nein, El, alles okay. Ich kann dich wieder hören. Harry ist heute nur total hibbelig."

Gehorsam hörte ich auf, ihn zu nerven und lehnte stattdessen meinen Kopf gegen die Fensterscheibe. Die eisige Kälte ließ mich kurz schaudern, aber sie half mir dabei, mich von meinem Handy abzulenken, das immer noch völlig schwarz blieb.

„Was ist eigentlich heute mit dir los?" Mein bester Freund musterte mich besorgt, doch ich zuckte bloß mit den Achseln. Ich wünschte, ich könnte es ihm sagen. Aber das ging nicht. Taylor und ich hatten uns ein Versprechen gegeben. Keiner sollte vorerst von uns wissen. Es war einfacher so.

„Ist heute einfach nicht mein Tag", murmelte ich also bloß und schloss die Augen.

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre meine Lüge knallhart aufgeflogen, denn Louis kannte mich besser als jeder andere und ich bin noch nie gut darin gewesen, die Wahrheit zu verschweigen. Manchmal war es geradezu gruselig, wie schnell mein bester Freund mich durchschauen konnte. Als wäre ich ein offenes Buch, dass er nicht einmal entschlüsseln müsste.

Aber Eleanor war am anderen Ende der Leitung, was Louis jedes Mal völlig aus der Welt hob. Sobald er ihre Stimme auch nur hörte, was sie alles, worauf er sich konzentrieren konnte. Im Stillen dankte ich der Freundin meines besten Freundes dafür, dass ich nicht schon wieder eine Lüge erzählen musste.

„Harry, hast du Lust, heute Abend mit uns rauszugehen?", fragte Niall von der Rückbank hinter der unseren und beugte sich vor, sodass er mich durch die Lehnen ansehen konnte. „Liam und ich wollen in diesen Club, den Perrie letztes Mal hier in New York gefunden hat."

Die Wangen des Iren hatten einen leichten Rotton, wie es immer der Fall war, wenn er etwas getrunken hatte. Meine Vermutung, dass Liam und er sich nach der Show einen Shot gegönnt hatten, als Paul gerade nicht hingesehen hatte, nahm immer härtere Züge an.

„Habt ihr bereits vorgeglüht?", fragte ich mit einem halben Grinsen.

Hastig hielt Niall mir den Mund zu und blickte sorgenvoll zu Preston, der den Van sicher durch die Straßen New Yorks steuerte. Doch dieser schien sich alleine auf die Straße zu konzentrieren und uns alle vollkommen auszublenden. Am liebsten würde ich seinem Beispiel folgen, denn Louis zehnten ‚Ich liebe dich' fühlte sich an wie ein Schlag in den Magen.

Wonderland || h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt