Es wirkte so, als wollte Malfoy irgendetwas sagen, aber offensichtlich hatte es ihm die Sprache verschlagen. Er konnte nicht fassen, dass Harry so einfach damit davon kam. Harry liess ihn schliesslich einfach stehen und machte sich auf den Weg hinunter zum Quidditchfeld. Er grübelte den ganzen Weg hinunter vor sich hin. Er hatte überhaupt nicht vorgehabt Malfoy zu schlagen, das war nicht seine Art, aber dass dieser ihn erpressen wollte ging einfach zu weit. Malfoy schaffte es seit Harrys erstem Jahr in Hogwarts immer wieder ihn zum ausrasten zu bringen. Vermutlich war das provozieren von Harry, bereits ein liebgewonnenes Hobby von Malfoy geworden. Harry ärgerte sich über sich selbst, weil er Malfoy immer wieder Macht über sich verlieh, indem er auf dessen Provokationen einging.
Als er angekommen war, waren bereits ein paar Anwärter für die Mannschaft in der Luft und flogen sich ein. „Hey, kommt runter, dann können wir anfangen.“, rief Harry zu ihnen hoch. Keiner traute sich nachzufragen, was genau passiert war und so konnten sie gleich loslegen. Das Auswahlspiel verlief ziemlich gut und wie Harry gehofft hatte, waren sie schnell fertig und er konnte mit gutem Gewissen die alte Mannschaft wieder auf das Feld stellen. Demelza, Ginny und Dean spielten wieder als Jäger, Jimmy Peakes und Richy Cote als Treiber und Ron bekam erneut die Position des Hüters. Dieses Mal wurde seine Auswahl von den nicht aufgenommenen Spielern wesentlich besser akzeptiert, als beim letzten Mal. Harry überlegte, ob sie vielleicht Angst davor hatten, dass er ihnen auch einen Schlag verpassen könnte, wenn sie seine Entscheidung kritisieren würden, da sie vorhin alle einen Blick auf Malfoys blutende Lippe erhascht hatten.
Während die meisten sich sofort auf den Weg zum Schloss machten, trödelten Ron und Ginny, um Harry endlich über den Vorfall ausfragen zu können. Als sie dann alleine waren, fragte Ron sofort, „Was war denn das für eine Aktion vorhin?“, bewundernd setzte er hinzu, „Hast du ihm wirklich eine verpasst?“ Ron strahlte, als wäre Weihnachten vorverschoben worden. Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und sagte, seine Worte vorsichtig abwägend, „Ja, er hat es rausgefordert. Ausserdem war das eigentlich schon längst überfällig, so wie er sich benimmt. Vor allem, wenn man bedenkt wie oft ich ihn irgendwo rausgeboxt habe.“ Rons Grinsen wurde noch breiter. „Klasse Harry! Darauf stossen wir an!“ Ginny warf Harry einen skeptischen Blick zu, da sie vermutete, das mehr dahinter steckte, als Harry hier vor Ron erzählt hatte. Harry schüttelte den Kopf, als Ron vorausging und formte mit den Lippen stumm die Worte: „Nicht jetzt..“Im Gryffindorgemeinschaftsraum angekommen, stürmten Harrys Mitschüler auf ihn zu. Seamus klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Wir haben gehört, dass du‘s dem Frettchen gezeigt hast! Gut gemacht, Harry!“ Ron drückte ihm ein Butterbier in die Hand und Harry liess sich von den Gryffindors feiern, obwohl er sich, wenn er tief in sich hineinhorchte, dafür schämte. Ginny setzte sich zu Hermine, die wie immer an einem Tisch arbeitete und schilderte ihr was passiert war. Hermine schüttelte nur enttäuscht den Kopf. „Was auch immer Malfoy zu ihm gesagt hat, rechtfertigt nicht ihm eine zu verpassen!“ Ginny schürzte die Lippen, da sie sich noch gut daran erinnern konnte, dass Hermine wegen Malfoy vor ein paar Jahren selbst die Beherrschung verlor und auf ihn losgegangen war. Allerdings verkniff sie sich eine Bemerkung dazu.
Als Harry und Ron etwas später hoch in den Schlafsaal gingen, blieb Ron plötzlich vor Harrys Bett stehen und kniff die Augen zusammen. Harry kam näher, doch bevor er erkennen konnte was Ron da entdeckt hatte, streckte dieser eine Hand aus und griff nach dem Etwas auf Harrys Bett. „Was ist das?“, fragte Harry interessiert. Ron drückte ihm einen Fetzten Pergament in die Hand. Darauf stand “Ich weiss ES, Potter!“ Ron starrte Harry verblüfft an. „Wer weiss was?“ Harry überlege fieberhaft, wie Malfoy es geschafft hatte in den Gryffindorgemeinschaftsraum hineinzukommen und ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Ron wiederholte seine Frage und Harry sah ihn verwirrt an. „Ich habe keine Ahnung was du meinst.. Da hat sich wohl jemand einen Scherz erlaubt..“ Harry zerknüllte den Fetzen und stopfte ihn schnell in seinen Koffer. Ron war nicht überzeugt von Harrys Erklärung, da sie sich schon so lange kannten, dass er wusste, wann Harry log. Ausserdem kannte er den Grund noch immer nicht, warum sich Harry und Ginny getrennt hatten. „Hat das was mit eurer Trennung zu tun?“ Ron starrte ihn durchdringend an. „Nein, ich sagte doch, dass das nur ein blöder Scherz ist!“ Harry gab sich alle Mühe, so gelassen wie möglich zu wirken, um sich nicht durch seine innere Anspannung zu verraten. „Warum willst du mir den Grund nicht erzählen?“ In Rons Stimme schwang frustrierte Enttäuschung mit. Harry sah ihn genervt an. „Ron ich bitte dich! Das ist eine Sache zwischen mir und Ginny. Ich KANN nicht darüber reden! Versteh das doch endlich!“ Ron schnaubte beleidigt und legte sich in sein Bett. Wortlos schloss er die Vorhänge und Harry tat es ihm gleich. Er lag noch lange wach in seinem Bett und dachte über die Vorkommnisse des heutigen Tages nach. Was, wenn Malfoy ihm die Sache mit der blutenden Lippe jetzt heimzahlen würde? Harry fragte sich, ober er wirklich so grausam sein könnte und sein Wissen über ihn einfach so herausposaunen würde. Eine beunruhigende Stimme in seinem Kopf flüsterte, „Nachdem du ihn so vorgeführt hast, kannst du damit rechnen..“ Harrys Innerstes verkrampfte sich, bei der Vorstellung davon, wie Malfoy mit seinem Geheimnis hausieren ging. Er versuchte das Bild, das er nun im Kopf hatte loszuwerden. Die Tatsache, dass Malfoy offenbar in seinem Schlafsaal war, bereitete ihm ein unbehagliches Gefühl der Schutzlosigkeit. Irgendwann schlief Harry ein, nachdem er stundenlang über die Sache nachgedacht hatte. Auch in dieser Nacht durchlitt er verwirrende und beängstigende Träume.Am Donnerstagmorgen konnten Harry, Ron und Hermine ausschlafen, da sie alle keinen Wahrsage-Unterricht mehr hatten. Sie gingen ziemlich spät zum Frühstück und Hermine wollte nun Harrys Version der Geschichte hören. Er erzählte auch ihr keine Details darüber, was Malfoy zu ihm gesagt hatte, da er die Sache mit seinem Geheimnis nicht ins Gespräch bringen wollte. Hermine gestikulierte vorwurfsvoll mit ihren Händen und sagte in verzweifelndem Ton, „Aber Harry, du kannst dich doch nicht einfach so von ihm provozieren lassen! Ist dir denn nicht klar, dass er wollte, dass du ausrastest?“ Harry hätte viel dafür gegeben, ihr einfach zu erzählen, womit Malfoy ihn erpresst hatte. Für Harry gab es inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass Malfoy sein Geheimnis kannte, egal wie logisch Ginny und Hermine auch dagegen argumentiert hatten.
Sie betraten die grosse Halle und Harry sagte mit gereizter Stimme, „Ich weiss, dass er das wollte und es gelingt-“ Harry verstummte, da Malfoy am Slytherintisch sass und lauschte. Er drehte ihm den Rücken zu und setzte sich hin. „Können wir das Thema jetzt bitte sein lassen?“ Ron warf Harry einen finsteren Blick zu. „Was weiss er denn über dich? Jetzt spuck‘s endlich aus!“ Ron wurde lauter, da er sich immer mehr in die Sache reinsteigerte. „Warum weiss Malfoy mehr über dich als wir?!“ Ron verschränkte trotzig die Arme vor seiner Brust. Hermine sah ihn tadelnd an. „Wie oft soll ich es denn noch sagen Ronald? Nur weil er und Ginny nicht über ihre Trennung sprechen, heisst das noch lange nicht, dass dir irgendwas verheimlicht wird! Es ist ihre Sache und Harry hat kein Geheimnis! Malfoy tut doch nur so!“ „Ach ja?“, ertönte eine schnarrende Stimme. Malfoy kam soeben zwischen den Haustischen auf sie zustolziert. „Wenn ich nichts weiss, dann wär Potter doch nicht so ausgerastet, nicht wahr?“ Er warf Harry ein fieses Grinsen zu. Harry sah ihn ungewollt flehend an und Malfoy wandte sich an Ron, während er sich mit der rechten Hand auf Harrys Schulter abstützte. „Findest du es nicht auch etwas traurig, dass ich mehr über deinen angeblich, besten Freund weiss, als du?“ Harry fühlte sich wie ein eingesperrtes Tier gefangen. Malfoys Hand wirkte erdrückend auf ihn. Eigentlich wollte er sie abschütteln, aber er befürchtete, dass die kleinste Bewegung seinerseits, Malfoy dazu veranlassen könnte auszupacken. Rons Gesicht färbte sich, wie immer wenn er wütend war rot und er zischte trotzig, „Ich kenn Harry um einiges besser als du!“ Malfoys Griff an Harrys Schulter wurde fester und er beugte sich über Harrys Schulter nach vorne. „Du wärst überrascht, was du alles nicht über Potter weisst..“ Dann zog er seine Hand zurück und ging davon. Harry atmete erleichtert aus, doch Ron und Hermine sahen ihn mit einer Mischung aus Besorgnis und Verwunderung an.
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Der andere Patronus
FanfictionHarry, Ron und Hermine gehen für ihr letztes Jahr, nach dem Krieg, wieder nach Hogwarts. Harry hat sich allerdings von Ginny getrennt und entwickelt Gefühle für jemand anderen. Das ganze ist ihm so unangenehm, dass er versucht sein Geheimnis zu bewa...