Abschied

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Zwei Wochen davor:

"Jule, kannst du mir mal helfen?", rief ich in die Küche. Um mich herum standen mindestens fünfzehn Umzugskartons. Ich zog den Deckel des Eddings runter und schrieb auf einen Karton Krimskrams hin und schloss ihn. "Klar, was gibts?" Jule kam ins Zimmer. "Wir müssen die Kartons runter schleppen. Maike ist so nett und fährt sie zum Hafen.", meinte ich und lächelte. Immer wenn ich an Maike dachte wurde es ganz warm in mir. Ich biss mir auf die Lippen. Stuttgart war meilenweit von Husum weg. Ich würde dort anfangen zu Studieren. An der Johannes Gutenberg Schule in Stuttgart. Grafik-Design. Jule lachte: "Na klar helf ich dir. Wann wollte Maike denn kommen?" Ich sah auf die Uhr. "In 20 Minuten, müsste er eigentlich vor der Tür stehen. Aber du weißt ja wie es bei ihm ist." Jule lachte: "Jaja, weiß ich." Er kam eigentlich immer zu spät. Egal zu was. Das fand ich aber irgendwie voll niedlich an ihm. Ich hatte mir die WG im Internet gesucht und war leider nicht gleich fündig geworden, da es ziemlich schwer war eine WG in Stuttgart oder Umgebung zu bekommen! Nach Wochenlangem suchen hatte ich endlich einen Wg die bereit war mich aufzunehmen. Ich hatte zwar Bilder von der WG an sich gesehen, allerdings nicht von den Mitbewohnern. Ich wusste nur das es zwei Jungs und ein Mädchen waren.

Ich hatte meinen letzten Tag in Husum und krabbelte müde aus dem Bett, als es plötzlich an der Haustür klingelte. "Wer ist den das?!", murmelte ich und schlurfte zur Tür. Maike stand vor der Tür und grinste. Maike war mein Freund. Er war groß hatte braune Haare, wunderschöne dunkelbraune Augen und das schönste Lächeln der ganzen Insel. "Na Langschläferin." Ich lächelte. "Na Frühaufsteher." Ich gab ihm einen Kuss und meinte dann: "Komm rein!" Wir liefen durch den schmalen Flur. Links und rechts hingen Bilder an den Wänden. "Willst du n' Kaffee?" Ich lief in die geräumige Küche mit der dunkelbraunen Arbeitsplatte. "Gerne!", sagte er und umarmte mich von hinten. "Oh man, ich werd dich so vermissen, Honey!" Er küsste meinen Hals. "Ich dich doch auch!", meinte ich. Ich schaltete die Kaffeemaschine ein und ließ uns zwei Tassen raus. "Wollen wir nachher noch am Strand spazieren gehen?", fragte Maike. Ich runzelte die Stirn. "Immer wenn ich dich gefragt hab, wolltest du nie! Und jetzt auf einmal?" Maike schien schnell zu überlegen:" Aber heute ist dein letzter Tag und so." Er lächelte lieb. Ich nickte ergeben: "Ist in Ordnung, aber davor muss ich noch Duschen und mich anziehen." Mir fiel auf das ich noch meinen Schlafanzug anhatte. Maike nickte und ich verkrümelte mich ins Bad.

Nach einer guten halben Stunde dass ich angezogen und geduscht am Esszimmertisch neben Maike und versprach ihm hoch und heilig das ich ihn jeden Tag anrufen würde. Er schenkte mir dafür das schönste Lächeln das er drauf hatte. Ich schenkte ihm einen Kuss.

"Wollen wir los?", fragte Maike und ich nickte. Zum Glück war es gerade Sommer, so stiegen wir mit kurzen Sachen in den Kombi von Maike und fuhren zum Strand. Es war herrlich warm. Hand in Hand liefen wir über den Sand und ließen uns die Wellen um die Beine spülen. Da kamen wir an unserer Lieblingsbar vorbei. Ich sah auf das Schild: GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

"Hä? Seit wann gibt es hier ne Geschlossene Gesellschaft?" Maike zuckte mit den Achseln: "Keine Ahnung." Wie selbstverständlich öffnete er die Tür. "Maike wir sollten nicht..." Ich brach ab, da Maike hinein verschwunden war. Kopfschüttelnd lief ich ihm hinterher. Im Gastraum war es dunkel, ja fast finster. "Maike?", rief ich. "Bist du hier irgendwo?" Keine Antwort. Ich kuckte mich um. Niemand war zu sehen. Plötzlich ging das Licht hinter der Theke an. Dort prangte ein Plakat: WIR WERDEN DICH VERMISSEN LOU!!! <3

Ich starrte das Plakat an. Was ging den jetzt ab?! Da gingen auch die anderen Lichter an und all meine Freude und meine ganze Familie standen im Gastraum. Maike an der Spitze und grinste. Ich war total gerührt. "Wow!", flüsterte ich. "Das ist wunderschön!" Musik begann zu Spielen und Carsten, der Wirt lächelte. Die Abschlussparty war voll gelungen! Soviel stand fest.

"Ihr werdet mir so fehlen!!" Mir stiegen Tränen in die Augen. Meine Mutter gab mir einen Kuss auf die Stirn: "Wir dich auch. Und meld dich wenn du angekommen bist, ja?" Ich nickte und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Mein Vater nahm mich ganz feste in den Arm. "Pass auf dich auf kleine." Mein Bruder lächelte: "Lass dich von niemandem unterkriegen Schwesterherz!" Ich fiel ihm um den Hals und heulte hemmungslos. "Hey ist ja gut.", Ole strich mir über den Kopf. Ich wischte mir schnell die Tränen aus den Augen.

"Kannst los fahren!", rief Jule, öffnete die Schiebetür des Transporters und sprang hinein. Maike startete den Motor und setzte den Blinker. Noch einen Blick in den Rückspiegel, dann gab er Gas. Die Umzugskisten waren schon vor ein paar Tagen in Stuttgart angekommen. Ich hatte mit dem Mädchen der WG telefoniert. Die drei waren so nett gewesen und haben die Umzugskartons in mein künftiges Zimmer geschleppt. Echt nett von ihnen. Das Mädchen hieß Vanessa und studierte an der Akademie für Kommunikation. Was wusste ich aber nicht.

Ich sprang aus dem Wagen und winkte. Dann drehte ich mich um und grinste. Die Anzeigetafel zeigte, dass in 6 Minuten die nächste Fähre ablegen würde.

Maike sah mir nach. Dann zog er die Handbremse an und riss die Tür auf. "Warte!!", rief er und lieg zu mir. Dann umarmte mich richtig fest. Ich vergrub mein Gesicht in seine Schulter, sog seinen Geruch ein und wollte ihn nie wieder loslassen. Jule lächelte und machte so wie wir da standen ein Foto von uns. "Ich will nicht das du gehst!", flüsterte er mir ins Ohr. "Ich will dich auch nicht alleine lassen!", flüsterte ich zurück.

"Die Fähre kommt.", meinte Jule. Maike drückte mich noch einmal dann ließ er mich los. Die Fähre würde mich zum Bahnhof bringen, von dort aus würde ich den Zug nach Stuttgart nehmen. Jule umarmte mich, dann raunte sie mir noch ins Ohr: "Sag mir dann ob deine Mitbewohner gut Aussehen!" Ich lachte. "Mach ich." Jule war schon seit knapp einem Jahr von ihrem Freund Matze getrennt. Erst jetzt sah ich mich um. Ein paar reisende standen am Kai und warteten, dass die Fähre anlegte. Ich nahm meinen Koffer und lief los. Jetzt nur nicht heulen, ermahnte ich mich selbst. Und ich schaffte es. Maike hab mir ein Zeichen. Er formte mit seiner Hand einen Telefonhörer und hielt es sich ans Ohr. Ich hatte verstanden und reckte meinen Daumen nach oben. Der Wind pfiff mir um die Ohren und ich zog mir meine Jacke einwenig enger. Eigentlich hätte ich auch nach drinnen gehen können, aber ich wollte meinen Freund und meine beste Freundin noch nicht verschwinden sehen. Erst als sie ganz ganz klein waren ging ich rein. Ich holte mein Handy aus der Tasche und schaute drauf. Zwei Nachrichten. Die eine war von Jule, sie hatte mir das Bild von Maike und mir geschickt und die andere von meiner Mum, dass ich auf mich aufpassen sollte und mich melden wenn ich angekommen wäre. Ich stöpselte meine Kopfhörer in mein IPhone und machte meine Musik an. Ich hatte mir ein Platz am Fenster gesucht.

WG GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt