All my life

excitement

Der Abend der Abende war also gekommen. Merle klingelte bei mir und ich machte meiner besten Freundin grinsend die Tür auf. Ich begrüßte sie mit einer schnellen Umarmung und gemeinsam gingen wir weiter in mein Schlafzimmer. Routiniert nahm Merle auf meinem Bett Platz und breitete ihre Kulturtasche aus, während ich vor meinem Spiegel Platz nahm. "Und?... Bist du aufgeregt wegen heute?" Merle sah mich fragend an und ich zuckte kurz mit den Schultern. Ich traute mich aber nicht ihr in die Augen zu schauen. Sie würde mich sofort durchschauen. "Ich weiß nicht" log ich also und wusste nicht mal wieso ich überhaupt log. Vermutlich versuchte ich nur mich selbst zu schützen. Mir selbst einzureden, dass dieser Abend gar nicht so besonders war wie ich dachte. Als ich vor zwei Wochen gesehen habe dass Leon auf Zusage geklickt hatte, wusste ich nicht wohin mit all diesen Gefühlen. Zwischen Freude und Angst war alles dabei. Es war der Moment in dem ich realisierte, dass ich ihn nach drei Jahren das erste Mal sehen würde. Das schlimmste daran war, dass ich nicht wusste was in seinem Leben momentan passierte. Ich konnte mich auf nichts einstellen. Ich musste für alles bereit seien. Vielleicht würde er in Begleitung kommen, vielleicht würde er immer noch nicht mit mir reden. In meinem Kopf spielten sich in den letzten zwei Wochen also um die tausend Szenarios ab und davon konnte ich kein einziges mit Anton oder Merle besprechen. Beziehungsweise hätte ich es bestimmt gekonnt, aber ich wollte es nicht. Sie wussten zwar sowieso, dass es für mich eine besondere Situation werden würde und trotzdem wollte ich nicht, dass sie wussten wieviel ich tatsächlich darüber nachdachte. "Du musst aufgeregt sein. Ich an deiner Stelle würde sterben." Merle riss mich aus meinen Gedanken und ich biss mir auf die Unterlippe. "Ja vielleicht hast du Recht" lächelte ich nervös und Merle zwinkerte mir zu. "Du wirst ihn heute Abend umhauen" sprach sie ruhig und ich wüsste wirklich gerne wo sie diesen Optimismus hernahm. "Du warst schon immer bildschön Ida. Und von Tag zu Tag wirst du hübscher. Ich weiß nicht was du in deinem vorherigen Leben getan hast aber ich vermute du warst Mutter Theresa, denn dein Karmakonto scheint bis obenhin gefüllt." Ich musste über Merles Bemerkung laut lachen. Ich musste in meinem vorherigen Leben tatsächlich etwas richtig gemacht haben, denn ich hatte mit Abstand die beste Freundin auf der Welt.

Wir machten uns in Ruhe fertig und ich zog mir eine schwarze, skinny Jeans an, ein schwarzes enganliegendes Top und drüber zog ich einen weiten, dunkelroten Cardigan. Dazu trug ich ein paar Ketten und Ringe. Merle klatschte begeistert in die Hände als wir beide nebeneinander standen und uns im Spiegel betrachtete. "Dann lass uns mal los."

Merle stellte vor der Location den Wagen ab und nervös strich ich mir nochmal durchs Haar. "Ich habe auf einmal das Gefühl dass das gar keine so gute Idee ist da rein zu gehen" lachte ich nervös. Ich sah in den Spiegel vor mir und immer wieder veränderte ich die Position einzelner Haarsträhnen. Merle stieg in mein Lachen ein. "Was soll schon großartig passieren. Es wird vor allem der erste Augenblick sein, wenn ihr euch nach der langen Zeit das erste mal wieder gegenübersteht. Danach plaudert ihr vielleicht ein bisschen und wir haben einen guten Abend." Ich nickte zustimmend. "Du hast ja Recht. Also los." Wir stiegen gemeinsam aus dem Auto und gingen zur Eingangstür. Die Hütte war schon gut voll. Die meisten Leute standen an den beiden Theken, die sich sowohl links als auch rechts der Eingangstür entlangzogen. Weiter hinten war eine große Tanzfläche und in den restlichen freien Ecken standen gemütliche Sitzmöglichkeiten. Wir standen keine Minute im Raum um uns zu orientieren als ein breit grinsender Moritz vor uns stand und uns beide zur Begrüßung umarmte. "Schön euch zu sehen." Er ging wieder einen Schritt zurück und nickte uns zu. "Ja auch schön dich zu sehen" grinste Merle ihm ebenso entgegen und ich nickte auch. Gleichzeitig fing ich automatisch an den Raum abzuscannen. Ich musste wissen ob er schon da war. Doch ich konnte noch keinen braunhaarigen Lockenkopf ausfindig machen. Allerdings konnte ich auch nicht Anton ausmachen. Während ich meine Jacke auszog und an den Jackenhaken hing sah ich Moritz an, der mich von oben bis unten ansah. "Du siehst.. wow du siehst einfach umwerfend aus Ida." Natürlich schmeichelte mir das Kompliment doch irgendwo war es mir auch unangenehm und so bedankte ich mich kurz und bündig und entschuldigte mich ebenso schnell. Ich nahm Merles Hand die ihr Lachen verkniff. "Du sagst jetzt gar nichts" warnte ich sie doch sie zuckte unschuldig mit den Schultern. "Ich weiß gar nicht ob er mir mittlerweile leid tun soll oder ob er nicht einfach nur doof ist. Tut mir leid aber jeder Blinde sieht, dass du nicht auf ihn stehst während er sich jedes Mal Hoffnung macht." Ich rollte mit den Augen. "Lass uns das Thema vergessen." Merle nickte und hielt sich daran, da sie offensichtlich merkte wie genervt ich davon war. Ungern verletzte ich Menschen doch in dieser Angelegenheit ging es irgendwie nicht anders.

Endlich erblickte ich meinen besten Freund, der mit zwei weiteren Typen an der Theke lehnte und schon üseinen ersten Drink genoss. Ich wollte gerade zu ihm gehen und ihn begrüßen, als ich den jungen Herrn zu seiner linken, der mit dem Rücken zu mir stand, an seiner Statur und seiner Frisur erkannte. Ich biss mir auf die Unterlippe und drückte Merles Hand, die ich immer noch hielt. Lässig zwinkerte sie mir zu und steuerte auf meinen besten Freund und Leon zu.