Kapitel 1

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02.01.2018

Da saß sie nun, mein kleiner Schatz.

Meine Schwester.

Die kurzen Haare zu zwei Zöpfen geflochten, so wie ich es ihr damals gezeigt hatte.

Gekleidet ganz in Schwarz.

Normalerweise würde sie dieses Trauergewand lieben, allein weil sie sich eingeredet hat schwarz wäre ihre liebste Farbe, nur weil sie als Kind von ihrem Onkel eingeredet bekommen hat es wäre „cool" sich komplett Farblos zu kleiden, nein, schwarz ist nach Definition keine Farbe.

Wie gesagt unter anderen Umständen hätte es ihr wohl gefallen farblosen, düsteren Stoff zu tragen, nur nicht heute.

Oh meine süße, weine nicht, das ist das Letzte was ich wollte.

Du wirst sehen es ist besser so.

„Helene, wir müssen gehen."

Meine Mutter hatte das Zimmer betreten, ihre Stimme klang rau und brüchig und ihre Augen waren nie zuvor so leblos.

Schwarz stand ihr nicht besonders, es machte sie blass und alt.

Meine Schwester hob ihren Blick, ihre blauen Augen trugen einen grünen Stich in sich, immer wenn sie von Tränen durchtränkt waren.

So wie in diesem Moment.

Sachte nickend stand sie auf.

Das war der Zeitpunkt in dem unsere Mutter, Sylvia, meinen kleinen Liebling eigentlich in den Arm nehmen hätte sollen.

Sie hätte sollen.

Aber sie tat es nicht.

Mami drehte sich langsam um und ging wie in Trance zur Tür, während Helene den Reißverschluss ihrer schmutzigen Boots zu zog.

Meine Schwester sah meiner Mutter nicht im geringsten ähnlich.

Die Kleine (ich nenne sie so, obwohl sie schon 14 jahre alt ist und sie diesen Ausdruck vermutlich gehasst hätte) sah aus wie ein Engel.

Gold-blondes, glattes Haar, blaue Augen, lange helle Wimpern und ein lächeln, das nicht unschuldiger hätte sein können.

Der Rest der Familie, bis auf meine beiden Großväter, hatte dunkle Locken und schwarze Augen.

Aber was macht es schon.

Nicht so zu sein wie die anderen?

Gar nichts oder?

Wie ihr bereits erraten haben dürftet, waren die beiden auf dem Weg zu einem Begräbnis.

Ich werde dieser Todesfeier auch beiwohnen.

Darauf hatte ich mich schon lange gefreut.

Ob ihr es glaubt oder nicht.

Nein, ich bin kein herzloser Mensch.

Aber das Begräbnis auf, das sie sich begaben ist meines.

Sehr makaber, findet ihr nicht?

Bei der eigenen Beerdigung dabei zu sein.

Aber es war schließlich meine Entscheidung gewesen, zu sterben.

Also möchte ich den Abschied von meinem wunderschönen Körper gebührend feiern.

Prost!

Und so wanderte ich zwischen den Grabsteinen entlang.

Gemeinsam mit einer schwarzen Schlange.

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