Astrid nickte und sah sich im Hauptraum um. »Wahrscheinlich besser so. Vergiss das Leben früher. Das war nur Lug und Trug. Wir müssen uns endlich daran gewöhnen. So wie es jetzt ist, wird es bleiben. Wir stehen ohne Nachwuchs sowieso auf der Liste der aussterbenden Arten.«
Es gab nicht viel, in dem sich die zwei Frauen einig waren, aber in der Sicht auf die aktuelle Situation sprachen sie eine Sprache. Meta wollte ihr zustimmen, aber sie kam nicht zu Wort.
»Es bleibt nicht so!« Silas tauchte hinter ihnen auf. Meta fluchte über diese Lautlosigkeit, in der sich die Männer anzuschleichen pflegten. »Elias wird eine Lösung finden.« Er verschränkte die Arme und sah von oben herab auf die Frauen.
»Und welche Lösung? Was bleibt denn noch, außer zu akzeptieren?« Astrid erhob sich und baute sich angriffslustig vor Silas auf. Obwohl er einen Kopf größer war, wich er ein Stück zurück.
»Lilith ist...«
»Sprich es nicht aus!« Meta sprang auf und unterbrach ihn. Sie konnte dieses Gefasel über Lilith und die kommende Rettung kaum noch ertragen. »Das sind Märchen. Sagen, Legenden. Davon ist nichts wahr! Elias weiß nicht, was er tut, sonst könnte er uns endlich mal Fortschritte zeigen, oder?«
Silas räusperte sich uns betrachtete seine Schuhspitzen, sagte aber nichts mehr.
Meta seufzte. »Elias. Du bist wieder da und stehst genau hinter mir, stimmt's?«
Plötzlich waren Astrid und Silas verschwunden, Meta sah noch, wie sie den Hauptraum durchquerten und in einem anderen Gang verschwanden. Die Frauen im Hauptraum zogen sich auf die andere Seite zurück. Elias und Meta waren mehr oder minder alleine.
»Dir auch einen schönen Tag Meta. Was hast du denn heute so getrieben?« Er lächelte freudlos. »Ohne meine Männer gegen mich aufzubringen, versteht sich.«
Sie drehte sich um und zog scharf die Luft ein. »Was ist passiert?« Seine Jacke hing zerfetzt um die Schultern, durch ein Loch im Pullover sah Meta getrocknetes Blut. Schmutz und Blut klebten Elias im Gesicht und in den Haaren. Er winkte ab.
»Ein Zusammenstoß mit einem der Drecksviecher.« Plötzlich sackte er zusammen. Meta setzt sich neben ihn auf den Boden. »Soll ich Astrid holen?«
»Halb so schlimm.« Er stockte. »Nick und Lukas hat es erwischt. Das war eine Falle, wir hatten von Anfang an keine Chance, alle lebend zurück zu kommen.«
»Scheiße.« Meta nahm seine Hand und drückte sie. Elias erwiderte den Druck, sah aber nicht auf.
»Ich hätte es wissen müssen. Es war offensichtlich.«
Meta schüttelte den Kopf. »Woher hättest du das wissen sollen? Seit Tagen beobachtet ihr diesen Laden. Wahrscheinlich haben die euch genauso beobachtet.«
Elias starrte die Wand an, aber es war offensichtlich, dass er gedanklich woanders war. Meta ahnte, was in ihm vorging. Wieder zwei Männer verloren, die die Frauen beschützen konnte. Nun waren es nur noch neun. Die Chancen die sie hatten, konnte man nun an einer Hand abzählen. Die Gruppe musste noch vorsichtiger sein, wenn das überhaupt möglich war. Meta atmete tief ein und ließ die Luft langsam wieder aus. Die Hilflosigkeit war zum Kotzen, sie waren auf die Männer angewiesen.
»Ich könnte euch...«
Sofort fiel Elias ihr ins Wort, als hätte er nur darauf gewartet, dass Meta dieses Thema ansprach. »Nein! Das ist keine Option und das weißt du. Ich bin es leid, dir jeden Tag aufs Neue erklären zu müssen, dass ihr Frauen nichts da draußen zu suchen habt!« Wütend stand er auf und sah auf sie runter. »Erwische ich dich einmal außerhalb des Kellers, bringe ich dich eigenhändig um, Meta!«
Meta starrte Elias hinter her, als er den Hauptraum durchquerte. Er bog auf der anderen Seite in einen dunklen Gang ein, den sie erst vor ein paar Jahren aufgebrochen hatten. Er führte zu den Kellerräumen der Sechsgeschosser, die überall in diesem ehemaligen Wohnviertel standen. Verbittert schnaufte Meta. Gestanden waren. Die Häuser existierten schon Jahre nicht mehr. Alles, was hoch war, fiel als erstes dem wütenden treiben der Dämonen zum Opfer.
Wie sollte das Leben in dieser Welt aussehen, wenn die Frauen unter der Erde Leben mussten, während die Männer täglich draußen ihr Leben riskierten? Im Prinzip glich diese Existenz momentan nur einem Tod auf Zeit. Dahinvegetieren und hoffen, dass irgendwo eine unentdeckte Dose lag, die den Tode eine Stunde aufschob. Meta lehnte den Kopf an die Wand, kleine Steinchen bröckelten ab und Schmutz fiel auf ihre Schultern. Inwieweit hatte es noch einen Sinn, ums Überleben zu kämpfen? Im Grunde waren sie doch alle schon Tod, aber außer den Dämonen wusste das nur niemand.
»Sie sind zurück!« Silas lief rufend durch den Raum. Er lachte leise und klopfte ein paar anderen Männern auf die Schulter, die gerade mit Säcken und Kanistern eingetroffen waren. Meta zählte automatisch, aber es schienen alle vier zurückgekehrt zu sein. Elias gesellte sich zu ihnen und sie begutachteten die Beute. Er nickte und deutete auf die Kanister. Neugierig geworden ging Meta näher ran.
»Wir waren auf dem Tausch-Markt, aber niemand hatte Wasser«, begann Moritz zu erzählen. Eine der Frauen brachte ihnen etwas zu Essen und die Männer setzen sich auf Baumstümpfe um ein Feuer. »Die Zustände dort werden immer schlimmer. Man riecht die Dämonen förmlich, aber sie zeigen sich einfach nicht.«
»Die schicken lieber ihre Lakaien«, warf Dominik ein. Er zog sein Tuch vom Kopf und spuckte angewidert auf den Boden.
Moritz nickte. »Sie haben diesen ganzen Scheißverrätern bessere Waffen gegeben. Elias, das hättest du sehen müssen. Richtige Waffen! Schusswaffen! Und sie zögern nicht, die auch zu benutzen.«
»Und wie seit ihr nun an das Wasser gekommen?«
Dominik grinste Meta an. »Abgezapft.«
Alle vier Männer grinsten sich an. Der Stolz war ihnen ins Gesicht geschrieben. Elias sah genauso verwirrt aus, wie Meta sich fühlte. Moritz ließ sich schließlich zu einer Erklärung herab.
»Nun ja. Auf dem TM waren ja alle Lakaien, also sind wir in deren Zone und haben die Tanks angezapft und die Kanister aufgefüllt.«
»Seid ihr Wahnsinnig!« - »Darauf hätten wir schon eher kommen können!«
Meta warf Elias einen fassungslosen Blick zu. „Schon eher? Bist du auch durchgeknallt? Sind euch allen die Dämpfe ins Gehirn gestiegen? Wir sterben. Alle! Wir sind doch nur noch ein Fliegenschieß auf der dämonischen Welt und ihr,« sie verpasste Dominik eine Kopfnuss, »ihr serviert euch denen auf dem Silbertablett!« Meta drehte sich zu Elias um, der aufgestanden war und die anderen mit einem Kopfnicken wegschickte. »Und du unterstützt ihren Schwachsinn noch! Reichen dir zwei Tote an einem Tag nicht?«
Elias ballte die Hände zu Fäusten und rang offensichtlich um Fassung. »Natürlich reicht das. Zwei sind schon zwei zu viel. Aber ohne Wasser sterben auch alle anderen. Unsere Möglichkeiten da draußen sind begrenzt, was die Wasserbeschaffung angeht. Wie oft soll ich dir das noch sagen, Meta?«
»Lass! Mich! Helfen!«
Er packte ihre Oberarme und schüttelte sie leicht. »Niemals! Nicht so lange die Dämonen noch da sind. Wenn die weg sind, trage ich dich sogar raus, wenn du willst.«
Meta starrte ihn mit Tränen in den Augen an. »Die verschwinden aber nicht, Elias!«
»Doch. Mit Lilith Hilfe!«
Meta lachte bitter und wand sich aus seinem Griff. »Du bist verrückt, Elias, wenn du noch immer an die Legende von Lilith glaubst. Meinst du nicht, Adam hätte irgendwas in den Büchern gefunden? Seit Jahren wühlst du im Dreck und das einzige, was dabei herauskommt, ist noch mehr Dreck!«
Sie fuhr herum und rannte in den Gang, der auf die Trümmer des Schulgebäudes führte.
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Dämonentanz
Science FictionFür ein Leben ohne Dämonen würde Elias alles tun. Zusammen mit einer kleinen Gruppe Überlebender schützt er die Frauen und jagt einer Legende hinterher. Die Zeiten sind hart und Elias weiß, wenn er nicht gewinnt, verliert er mehr als nur sein Leben...