Leise pirschte ich mich neben meinem stetigen Begleiter Fenrir durch einen Kiefernwald am Fuße einer Bergkette aus Kalkgestein.
Ich wusste nicht, wo ich war.
Alles, was ich wusste war, dass ich mich irgendwo in Silberberge befinden musste.Und dass SIE nach mir gerufen hatte.
Sie hatte einen ihrer schwarz gefiederten Boten zu mir geschickt, als ich in Rotsand war.Rotsand.
Angeekelt dachte ich an die stickig staubige Luft und die enorme Hitze zurück.Dann war er gekommen.
Einer ihrer hässlichen Zauberraben mit einem Gefieder schwärzer als die Nacht.
Wie immer hatte er eine kleine Pergamentrolle in den Klauen getragen, welches sich, nachdem die seltsamen Zeichen sich lispelnd in meine Ohren gewunden hatten, in einem Schwarm giftiger Nachtfalter auseinanderstoben und den Raben von dem Versuch, nach Fenrirs Auge zu hacken, ablenkten.Und wie alle Male davor hoffte ich insgeheim, dass das Mistvieh einen Nachtfalter fressen und daran jämmerlich verrecken würde.
Doch der Rabe stieß nur ein letztes lautes Krächzen aus und schwang sich in die Lüfte, während ich ihm auf Fenrirs Rücken folgte.
Es war eine mühsame Reise gewesen.
Wie ich vertrug Fenrir die Hitze nicht, weswegen ich den Großteil der Strecke, anstatt auf seinem Rücken, zu Fuß zurücklegen musste. Ich hatte mich tagelang am Rande der Wüste auf meinen kurzen Beine entlanggeschleppt und es schien mir, ich hätte mich nicht von der Stelle bewegt.Noch immer kreiste der Rabe über uns und sein heiseres Krächzen hatte nach höhnischem Gelächter geklungen.
Immer wieder dachte ich daran, dass sie durch die pupillenlosen Augen ihrer Tiere alles sehen konnte, was sich davor abspielte.
Ich stellte mir vor, wie sie in ihren unterirdischen Räumen saß und amüsiert zusah, wie wir uns abmühten.Ich wollte einen Stein nach dem Vogel werfen, doch fürchtete ich, dass sie in ihrem Zorn, dass ich einen ihrer treuen Gesellschafter, der ihr bis in alle Ewigkeit dienen sollte, etwas angetan hatte, mir die Hilfe, auf die ich angewiesen war, verwehrte oder noch schlimmer, Fenrir etwas antat.
Wenn sie zornig war, wurde sie unberechenbar.
Also versuchte ich, so gut es ging, unseren gefiederten Begleiter zu ignorieren und zog weiter.
Mittlerweile war ich schon fast an ihrer Behausung.
Ich kletterte über einen Haufen Geröll und stolperte auf die schwärzliche Wand zu, die sich normalerweise durch einen Schutzzauber nicht von dem anderen Kalkgestein abhob.
Suchend ging ich die Wand entlang, nach der Felsspalte, die als Eingang diente, als ich verwundert bemerkte, dass der dunkle, glatte Stein sich wieder in bröckeligen Kalk verwandelte.
Beunruhigt schnupperte ich die Luft ein, die nach Baumharz und Nadelwäldern roch, doch ich nahm nichts anderes wahr.
Verflucht sei die Menschennase, die zu stumpf war, um andere Lebewesen aufzuspüren.Was hätte ich dafür gegeben, gerade jetzt meine vom Mondlicht geschärften Sinne zu haben.
Noch immer nahm ich nichts ungewöhnliches wahr.Als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte.
"Nyrco."
Perplex fuhr ich herum.
Ich kannte diese Stimme.
"NICO" brüllte mir Fynn ins Ohr.
Ich zuckte zusammen."Nico! Wach auf! Dara kommt heute zurück!"
"Spinnst du?!", fauchte ich ihn an, während ich mich hochstemmte und meinem noch besten Freund einen Todesblick schenkte.
Natürlich kümmerte es ihn nur, dass meine Cousine heute zurückgeflogen kam.
"Du bist nicht aufgewacht", versuchte er sich zu verteidigen.
"Arschloch", murrte ich, bevor ich mich ins Badezimmer schleppte.
Meinen seltsamen Traum hatte ich schon wieder vergessen.
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Another Reality
FantasyKennst du das Gefühl, dass dir etwas fehlt, aber du weißt nicht, was es sein könnte? Träumst du manchmal Nachts, du wärst in einer anderen Welt? Eine Welt, so absurd, dass man sie sich nicht vorstellen kann? Und jedes Mal, wenn du deine Augen schlie...