Dear no one, this is your love song

No°9 - Dear No One

Jeongguk

Ich spürte die Aufregung mittlerweile in jeder Zelle meines Körpers. Unsicher spielte ich mit der Wasserflasche in meinen Händen und seufzte tief. Ich liess meinen Blick durch den Raum wandern, den ich als Garderobe zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Ausser mir befand sich niemand weiteres hier drinnen und in diesem Moment war ich froh darum. Das letzte mal, als ich so nervös gewesen war, war wohl zu Beginn meiner Karriere gewesen. Mit der Zeit hatte sich diese Nervosität etwas gelegt, zwar nicht vollständig - ich schätzte, das würde niemals der Fall sein - aber eben doch ein wenig.

Doch jetzt gerade hatte ich das Gefühl, zum ersten Mal auf eine Bühne hinauszutreten. So viele Menschen würden mich sehen und mir zuhören, doch um diese ging es mir nicht einmal. Es war bloss eine einzige Person. Ich wollte alles perfekt machen, es sollte fehler- und makellos sein, dieser Auftritt.

Ich wollte, dass Taehyung den Auftritt toll finden würde, immerhin war er direkt an ihn gerichtet. Ich wollte, dass er ihn nicht vergessen würde und dass es nichts gab, was man besser machen könnte. Seufzend nahm ich den IEM, der mir locker über die Schulter lag in die Finger und steckte ihn mir dann konzentriert ins Ohr, bevor ich mich wieder an meiner Wasserflasche zu schaffen machte.

Hastig schraubte ich sie auf und trank ein paar Schlucke der klaren, kühlen Flüssigkeit darin. Meine Kehle fühlte sich staubtrocken an und ich schloss erleichtert die Augen, als ich das Wasser spürte.

Kaum hatte ich den Deckel wieder auf die PET-Flasche geschraubt, zupfte ich an den weiten Ärmeln des weissen Hemdes herum, welches ich für den Auftritt trug.

Was, wenn es ihm nicht gefallen würde?

Der Gedanke schoss mir in den Kopf und ich merkte, wie mein Herz sich schmerzhaft zusammenzog, bevor es schneller weiter schlug. Das würde wehtun. Leer schluckend liess ich meinen Blick durch die Garderobe wandern und befeuchtete aufgeregt meine Lippen. Gott, ich hoffte sehr, dass es ihm gefallen würde.

Ich holte tief Luft und atmete dann tief durch. Den Vorgang wiederholte ich einige Male, bevor ich schliesslich losging und die Garderobe verliess. Ich wurde auf dem Flur wieder mit der Hektik, die hier herrschte, konfrontiert, kümmerte mich jedoch nicht darum, sondern lief mit grossen Schritten in Richtung Bühne.

Man überreichte mir ein Mikrofon und ich umklammerte es fest mit einer Hand, bevor ich unter der riesigen Bühne durch ging, zu der kleinen Plattform, die mich in wenigen Sekunden nach oben befördern würde. Mit jeder dieser verstreichenden Sekunde, wurde ich aufgeregter, mein Herzschlag schneller und meine Angst stieg.

Mein Auftritt musste Taehyung einfach gefallen. Ich hatte so hart dafür gearbeitet und würde mein Bestes geben.

Ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich erst merkte, wie viel ich gegrübelt hatte, als die Plattform sich mit einem kleinen Ruck in Bewegung setzte und ihn die Höhe stieg. Ein letztes Mal schloss ich die Augen und atmete tief durch, bevor ich mich auf das leiser gewordene Gekreische der tausenden Fans da draussen in der Halle konzentrierte und sich dabei wie von selbst ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen bildete. Sie waren hergekommen, um eine grossartige Award-Show mit tollen Auftritten zu sehen und ich würde mein Bestes geben, einen Teil dazu beizusteuern.

Das Licht der vielen Scheinwerfer blendete den ersten Moment etwas in meinen Augen, doch ich nahm es kaum wahr, als ich meinen Blick über die sichtbar werdende, riesige Menge aus blinkenden, sich bewegenden Lichtern schweifen liess. Mein Lächeln wurde nur noch einen Deut breiter und als die Plattform endlich zum Stillstand kam, machte ich ein paar Schritte vorwärts. Das Kreischen war inzwischen lauter geworden, doch auch darauf konzentrierte ich mich im Moment nicht, als ich die Reihen der Sitzbänke, auf welchen die Idole Platz genommen hatten, absuchte, nach jemand ganz bestimmten.

Schliesslich fand ich Taehyung, der meinen Blickkontakt mit dem Ansatz eines sanften Lächeln im Gesicht erwiderte und den Kopf ein wenig neigte. Ich sah zurück zu den vielen Fans, die sich in der Halle befanden und hielt das Mikrofon dicht an meinen Mund, bevor ich leise verkündete: "Dear no one... this is your love song."

Zusammen mit der Musik, die nur eine Sekunde später einsetzte, stieg auch der Lautstärkepegel des Gekreisches in der Halle.

Ich vermied es, Taehyung anzusehen, als ich die erste Strophe des Liedes zu singen begann. Es war das erste Mal, dass es die Fans zu hören bekamen, eigentlich war es für das nächste Album, aber es war mein Wunsch gewesen, es hier zu singen.

Mich auf die Schritte der Choreographie konzentrierend sang ich weiter und musterte die Menschen, die vor der Bühne in der ersten Reihe waren und dabei aufgeregt ihre Lightsticks schwangen. Der Anblick löste eine Welle von Freude in mir aus und ich blieb einen Moment lang stehen, fixierte wieder Taehyung unter all den Menschen, dessen Lächeln bereits grösser geworden war, und sang dann, während ich ihn stetig anschaute: "You are the cause of my euphoria~"

Das Gefühl sanfter Fingerspitzen auf meiner Haut, weckte mich. Erst blieb ich regungslos liegen und konzentrierte mich auf die feinen Berührungen, die auf meinem Oberarm hinterlassen wurden. Ich wusste, wer das war und der Gedanke an ihn, liess ein Lächeln auf meinen Lippen erscheinen. Weiterhin hielt ich meine Augen geschlossen, seufzte jedoch zufrieden auf, als ich spürte, wie sie sich ihren Weg weiter meinen Arm entlang bis zu meinem Handrücken suchten, bevor er schliesslich seine Finger zwischen meine schob und mich festhielt.

"Guk", flüsterte Taes tiefe Stimme, vom Schlaf noch rau, hinter mir und ich erschauderte, als ich seinen heissen Atem an meinem Nacken spüren konnte. "Hm?", machte ich verschlafen und grinste eine ganze Spur breiter, als ich spürte, wie er näher an mich heranrutschte, sodass ich seine Brust an meinem Rücken spüren konnte.

"Hast du gut geschlafen?", wollte er leise wissen und ich nickte vage, bevor ich langsam meine Augen aufschlug und direkt mit der Sonne und dem Ausblick über Seoul begrüsst wurde, den mir die riesige Fensterfront meines Schlafzimmers bot. Ich hatte toll geschlafen, vielleicht, weil ich mich so geborgen und geliebt gefühlt hatte, als ich eingeschlafen war. Jetzt, wo ich wach war, waren die Empfindungen noch immer spürbar und ich wusste, dass es wegen Taehyung war, der schon die ganze Zeit hinter mir lag.

"Was ist mit dir?", wollte ich mit heiserer Stimme wissen und sah etwas nach hinten, um ihn ansehen zu können. Taehyung schenkte mir ein sanftes, glückliches Lächeln und ich spürte, wie er meine Hand fester hielt. "Ich hab nie besser geschlafen", erwiderte er und lehnte sich dann vor, um einen Kuss auf meiner Wange zu hinterlassen.

Mit einem kleinen Lachen drehte ich meinen Kopf und schloss mit einem glücklichen Seufzen wieder meine Augen, ehe ich mich tiefer in die Kissen kuschelte und näher an Tae heranrückte.

Ich war mir sicher, mich in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich gefühlt zu haben. Und der Grund für diese Glücksgefühle war nur Taehyung.