Der Scheinwerfer richtet sich auf ihn.
„Ich ... chrm ... ich soll hier eine Rede halten. I-ich hab lange, wirklich lange, überlegt, was ich sagen soll.
Dass wir alle erfolgreich dieses letzte Jahr hinter uns gebracht haben? Dass ich meinen Freunden, meiner Familie dankbar bin, dass ich hier stehe?
Nun, ich hab mich gegen so eine Rede entschieden. Stattdessen werde ich eine Geschichte von einem Jungen erzählen.
Dieser Junge hat vor einigen Jahren jemanden kennengelernt. Ein normales Mädchen von 16 Jahren, kerngesund, eigen, dickköpfig aber unglaublich talentiert und wunderschön.
Er hat sie auf einer Party, einem Geburtstag von einem Bekannten, kennengelernt. Sie stand dort mit einem Drink in der Hand, und er ebenfalls.
Schon als er sie das erste Mal gesehen hat, war er hin und weggerissen von ihr, er fand sie wunderschön und hat plötzlich nur noch sie im Kopf gehabt.
Er sprach sie an, sie lernten sich kennen. Sie wurden Freunde, bis sie sich ineinander verliebten. Aus den normalen Treffen unter Freunden wurden Dates, aus der Umarmung zur Begrüßung wurde ein Küsschen auf die Wange.
Von der Party bis zu dem Punkt, an dem sie zusammenkamen, vergingen drei Monate, eine Woche und sechs Tage.
Eineinhalb Jahre später waren sie noch immer ein Glückliches Paar. Sie waren gerade frisch zusammengezogen. Sie hatten alles was sie wollten, gute und interessante Jobs, eine wunderbare Beziehung und eine tolle Wohnung.
Doch ihr Glück hielt genau ein Jahr, sieben Monate und fünf Tage.
Dem Mädchen, oder der Frau, ging es schlechter. Immer schlechter, bis sie eines Tages, genau an dem eben genannten Zeitpunkt, in das Krankenhaus musste.
Die Ärzte holten sie wieder zurück ins Leben und sie und der Junge, oder Mann, bekamen ihre Diagnose. Ein Tumor, zusätzlich zu ihrem angeborenen Herzfehler.
Ein bösartiger Tumor, laut den Ärzten unheilbar. Sie weinte und er mit ihr.
Drei Monate, zwei Wochen und ein Tag vergingen.
Sie hatte schon längst ihr Schicksal akzeptiert, hatte innerlich bereits aufgegeben.
Er kämpfte noch immer, half ihr bei jeder Behandlung, obwohl die Situation aussichtslos war.
Er war wie immer auf dem Weg zu ihr in das Krankenhaus, wie immer mit einer ihrer Lieblingsblumen.
Er hat die Straße in Gedanken überquert, in Gedanken an seine Geliebte.
Der Autofahrer war auch in Gedanken bei seiner Geliebten, der er endlich einen Antrag machen konnte.
Beide sind in Gedanken an ihre Liebsten gestorben.
Im selben Moment hörte das Herz des Mädchens auf zu schlagen.
Die Geräte schlugen Alarm.
Sein Blut tränkte die weiße Blume rot.
Die Ärzte holten sie zurück.
Ihn nicht."
Der Junge auf der Bühne stoppte seine Rede und ließ die Tränen aus seinen Augen laufen.
„Was will ich damit sagen?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht wirklich.
Wer am Anfang dachte, ich sei der Junge und meine Freundin sei das Mädchen: Wie ihr gesehen habt, bin ich noch hier, auf dieser Erde. Und meine Geliebte auch.
Dieser Junge war mein Bruder und das Mädchen war seine Freundin.
Er starb, wegen eines Autos.
Sie lebte, trotz des Tumors.
Was ich noch sagen will:
Gebt nicht auf. Egal wie schlecht es euch geht.
Danke für alles, mein Bruder. Pass da oben gut auf uns und auf dich auf. Ich liebe dich."
Der Junge verließ mit schweren Schritten die Bühne.
Seine Schuhe quietschten leise, durch die gesamte Halle war das Geräusch zu hören.
Niemand sagte etwas. Alle schwiegen, in Gedanken an die Geschichte des Jungen.
Viele hatten Tränen in den Augen, bei der Vorstellung, dass sie ihre Liebsten so schnell verlieren könnten.
Der Junge ging durch die Türen der Halle, in seinem teuren Anzug und den Lackschuhen machte er sich auf den Weg zu seinem Bruder.
Unterwegs hielt er bei einer Gärtnerei.
Das Grab, ordentlich umrandet von Hecken, mit einem dunklen Grabstein mit goldener Schrift erwartete ihn.
Als er die weiße und die rote Blume auf die Erde legte, begann der Junge zu weinen.
Erst langsam, dann immer schneller trafen warme Regentropfen auf den blauen Anzugstoff.
Es war, als würde der Himmel mitweinen.
Eine kleine Geschichte, die heute (15.05.) in meinen Gedanken erschienen ist und niedergeschrieben werden wollte.
Ich hoffe, sie hat euch gefallen.
See ya (soon i hope)
658 Wörter
(Ohne A/N)
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Ich werde euch eine Geschichte erzählen.
Short StoryEine kleine Geschichte. In einer Rede. (Ganz spontan entstanden, hoffe sie gefällt euch)